Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Nicht viel, mein Herr! Ich kann es
ihnen wohl sagen: Ich bin in einer Stadt
Rektor gewesen, die es für einen Schimpf
halten würde, wenn man sie unter die klei-
nen zählen wollte. Ich muß nicht zu
wichtigern Geschäfften taugen. Man war
nicht lange mit mir zufrieden; man legte
es mir so nahe, dass ich gehen mußte und
keiner war, der mich nur einen Augen-
blick lang aufgehalten hätte. --

Das muß auf eine eigne Weise zuge-
gangen seyn. Ich muß ihnen sagen, dass
ich das nicht begreiffe und dass ich neugie-
rig genug bin, den wahren Verlauf der Sa-
che zu hören. --

Ich rede nicht gern davon, weil ich
selten ohne Affekt davon reden kann. --

Reden sie meinetwegen mit Affekt!
Ich verzeih' es einem jeden wenn er sich
nicht enthalten kann, einer ihm, oder an-

Nicht viel, mein Herr! Ich kann es
ihnen wohl ſagen: Ich bin in einer Stadt
Rektor geweſen, die es für einen Schimpf
halten würde, wenn man ſie unter die klei-
nen zählen wollte. Ich muß nicht zu
wichtigern Geſchäfften taugen. Man war
nicht lange mit mir zufrieden; man legte
es mir ſo nahe, daſs ich gehen mußte und
keiner war, der mich nur einen Augen-
blick lang aufgehalten hätte. —

Das muß auf eine eigne Weiſe zuge-
gangen ſeyn. Ich muß ihnen ſagen, daſs
ich das nicht begreiffe und daſs ich neugie-
rig genug bin, den wahren Verlauf der Sa-
che zu hören. —

Ich rede nicht gern davon, weil ich
ſelten ohne Affekt davon reden kann. —

Reden ſie meinetwegen mit Affekt!
Ich verzeih’ es einem jeden wenn er ſich
nicht enthalten kann, einer ihm, oder an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0209" n="203"/>
          <p>Nicht viel, mein Herr! Ich kann es<lb/>
ihnen wohl &#x017F;agen: Ich bin in einer Stadt<lb/>
Rektor gewe&#x017F;en, die es für einen Schimpf<lb/>
halten würde, wenn man &#x017F;ie unter die klei-<lb/>
nen zählen wollte. Ich muß nicht zu<lb/>
wichtigern Ge&#x017F;chäfften taugen. Man war<lb/>
nicht lange mit mir zufrieden; man legte<lb/>
es mir &#x017F;o nahe, da&#x017F;s ich gehen mußte und<lb/>
keiner war, der mich nur einen Augen-<lb/>
blick lang aufgehalten hätte. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Das muß auf eine eigne Wei&#x017F;e zuge-<lb/>
gangen &#x017F;eyn. Ich muß ihnen &#x017F;agen, da&#x017F;s<lb/>
ich das nicht begreiffe und da&#x017F;s ich neugie-<lb/>
rig genug bin, den wahren Verlauf der Sa-<lb/>
che zu hören. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich rede nicht gern davon, weil ich<lb/>
&#x017F;elten ohne Affekt davon reden kann. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Reden &#x017F;ie meinetwegen mit Affekt!<lb/>
Ich verzeih&#x2019; es einem jeden wenn er &#x017F;ich<lb/>
nicht enthalten kann, einer ihm, oder an-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0209] Nicht viel, mein Herr! Ich kann es ihnen wohl ſagen: Ich bin in einer Stadt Rektor geweſen, die es für einen Schimpf halten würde, wenn man ſie unter die klei- nen zählen wollte. Ich muß nicht zu wichtigern Geſchäfften taugen. Man war nicht lange mit mir zufrieden; man legte es mir ſo nahe, daſs ich gehen mußte und keiner war, der mich nur einen Augen- blick lang aufgehalten hätte. — Das muß auf eine eigne Weiſe zuge- gangen ſeyn. Ich muß ihnen ſagen, daſs ich das nicht begreiffe und daſs ich neugie- rig genug bin, den wahren Verlauf der Sa- che zu hören. — Ich rede nicht gern davon, weil ich ſelten ohne Affekt davon reden kann. — Reden ſie meinetwegen mit Affekt! Ich verzeih’ es einem jeden wenn er ſich nicht enthalten kann, einer ihm, oder an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/209
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/209>, abgerufen am 02.05.2024.