Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

so reichen Aussaat sollte kein Körnchen
entrinnen? Es mag seyn, dass mich nach
einer Thätigkeit von solcher Dauer und
Größe ein verhältnißmäßiger Schlummer
überfällt! Aber sollt' er ewig auf mich lie-
gen? ewig die Federn meiner Seele läh-
men? Das ist unwahrscheinlich zum Er-
staunen! -- Man kann, ohne schädliche
Folgen villeicht, eine geraume Zeit lang,
in einem Pulverhause mit brennender Lun-
te herumlaufen; aber es ist der Natur der
Sache gemäß, dass doch endlich ein Fünk-
chen sich losreißen und die schrecklichste
Entzündung veranlaßen werde. Ich kann
es nicht gewiß machen, wie ich die ewi-
gen Wahrheiten der Meßkunst gewiß zu
machen im Stande bin: dass ich zu jener
meiner nur unterbrochnen Geisteskraft,
von neuem gelangen, dass ich dann wie-
der zusammenhängend denken, dass ich,

ſo reichen Ausſaat ſollte kein Körnchen
entrinnen? Es mag ſeyn, daſs mich nach
einer Thätigkeit von ſolcher Dauer und
Größe ein verhältnißmäßiger Schlummer
überfällt! Aber ſollt’ er ewig auf mich lie-
gen? ewig die Federn meiner Seele läh-
men? Das iſt unwahrſcheinlich zum Er-
ſtaunen! — Man kann, ohne ſchädliche
Folgen villeicht, eine geraume Zeit lang,
in einem Pulverhauſe mit brennender Lun-
te herumlaufen; aber es iſt der Natur der
Sache gemäß, daſs doch endlich ein Fünk-
chen ſich losreißen und die ſchrecklichſte
Entzündung veranlaßen werde. Ich kann
es nicht gewiß machen, wie ich die ewi-
gen Wahrheiten der Meßkunſt gewiß zu
machen im Stande bin: daſs ich zu jener
meiner nur unterbrochnen Geiſteskraft,
von neuem gelangen, daſs ich dann wie-
der zuſammenhängend denken, daſs ich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="103"/>
&#x017F;o reichen Aus&#x017F;aat &#x017F;ollte kein Körnchen<lb/>
entrinnen? Es mag &#x017F;eyn, da&#x017F;s mich nach<lb/>
einer Thätigkeit von &#x017F;olcher Dauer und<lb/>
Größe ein verhältnißmäßiger Schlummer<lb/>
überfällt! Aber &#x017F;ollt&#x2019; er ewig auf mich lie-<lb/>
gen? ewig die Federn meiner Seele läh-<lb/>
men? Das i&#x017F;t unwahr&#x017F;cheinlich zum Er-<lb/>
&#x017F;taunen! &#x2014; Man kann, ohne &#x017F;chädliche<lb/>
Folgen villeicht, eine geraume Zeit lang,<lb/>
in einem Pulverhau&#x017F;e mit brennender Lun-<lb/>
te herumlaufen; aber es i&#x017F;t der Natur der<lb/>
Sache gemäß, da&#x017F;s doch endlich ein Fünk-<lb/>
chen &#x017F;ich losreißen und die &#x017F;chrecklich&#x017F;te<lb/>
Entzündung veranlaßen werde. Ich kann<lb/>
es nicht gewiß machen, wie ich die ewi-<lb/>
gen Wahrheiten der Meßkun&#x017F;t gewiß zu<lb/>
machen im Stande bin: da&#x017F;s ich zu jener<lb/>
meiner nur unterbrochnen Gei&#x017F;teskraft,<lb/>
von neuem gelangen, da&#x017F;s ich dann wie-<lb/>
der zu&#x017F;ammenhängend denken, da&#x017F;s ich,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0109] ſo reichen Ausſaat ſollte kein Körnchen entrinnen? Es mag ſeyn, daſs mich nach einer Thätigkeit von ſolcher Dauer und Größe ein verhältnißmäßiger Schlummer überfällt! Aber ſollt’ er ewig auf mich lie- gen? ewig die Federn meiner Seele läh- men? Das iſt unwahrſcheinlich zum Er- ſtaunen! — Man kann, ohne ſchädliche Folgen villeicht, eine geraume Zeit lang, in einem Pulverhauſe mit brennender Lun- te herumlaufen; aber es iſt der Natur der Sache gemäß, daſs doch endlich ein Fünk- chen ſich losreißen und die ſchrecklichſte Entzündung veranlaßen werde. Ich kann es nicht gewiß machen, wie ich die ewi- gen Wahrheiten der Meßkunſt gewiß zu machen im Stande bin: daſs ich zu jener meiner nur unterbrochnen Geiſteskraft, von neuem gelangen, daſs ich dann wie- der zuſammenhängend denken, daſs ich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/109
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/109>, abgerufen am 24.11.2024.