Sie hängen nicht von den Sinnen allein ab; sie vertragen sich mit dem Ernste der Weis- heit, oder vielmehr, sie bestehen durch ihn. Sie mögen sich putzen Chloe! sie mögen in dem Schimmer und mit dem Anstande ei- ner Göttin in den Versammlungen ihrer Gespielen erscheinen; vergessen sie darüber nur nicht ihren unsterblichen Geist zu schmücken; vergessen sie nicht, sich durch Sittsamkeit, Herablassung und jede andre gesellschaftliche Tugend zu empfehlen. Sie mögen sich zu den lustigen Reihen der Tänzer gesellen; wenn sie nur bedenken, dass auch diesem Vergnügen seine Schran- ken gesetzt sind, über die es ohne Verschul- dung nicht hinausgehn darf. Einen gewis- sen ernsten Blick, eine unzufriedne Grimas- se, mit der sie oft das bescheidne Verdienst zurückschrecken, sparen sie für den Kreis von Anbetern auf, der sich ihnen dadurch
Sie hängen nicht von den Sinnen allein ab; ſie vertragen ſich mit dem Ernſte der Weis- heit, oder vielmehr, ſie beſtehen durch ihn. Sie mögen ſich putzen Chloe! ſie mögen in dem Schimmer und mit dem Anſtande ei- ner Göttin in den Verſammlungen ihrer Geſpielen erſcheinen; vergeſsen ſie darüber nur nicht ihren unſterblichen Geiſt zu ſchmücken; vergeſsen ſie nicht, ſich durch Sittſamkeit, Herablaſsung und jede andre geſellſchaftliche Tugend zu empfehlen. Sie mögen ſich zu den luſtigen Reihen der Tänzer geſellen; wenn ſie nur bedenken, daſs auch dieſem Vergnügen ſeine Schran- ken geſetzt ſind, über die es ohne Verſchul- dung nicht hinausgehn darf. Einen gewiſ- ſen ernſten Blick, eine unzufriedne Grimaſ- ſe, mit der ſie oft das beſcheidne Verdienſt zurückſchrecken, ſparen ſie für den Kreis von Anbetern auf, der ſich ihnen dadurch
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Sie hängen nicht von den Sinnen allein ab;
ſie vertragen ſich mit dem Ernſte der Weis-
heit, oder vielmehr, ſie beſtehen durch ihn.
Sie mögen ſich putzen Chloe! ſie mögen in
dem Schimmer und mit dem Anſtande ei-
ner Göttin in den Verſammlungen ihrer
Geſpielen erſcheinen; vergeſsen ſie darüber
nur nicht ihren unſterblichen Geiſt zu
ſchmücken; vergeſsen ſie nicht, ſich durch
Sittſamkeit, Herablaſsung und jede andre
geſellſchaftliche Tugend zu empfehlen. Sie
mögen ſich zu den luſtigen Reihen der
Tänzer geſellen; wenn ſie nur bedenken,
daſs auch dieſem Vergnügen ſeine Schran-
ken geſetzt ſind, über die es ohne Verſchul-
dung nicht hinausgehn darf. Einen gewiſ-
ſen ernſten Blick, eine unzufriedne Grimaſ-
ſe, mit der ſie oft das beſcheidne Verdienſt
zurückſchrecken, ſparen ſie für den Kreis
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/188>, abgerufen am 08.05.2024.
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