Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Gruners Ernennung zum Wirkl. Geh. Rathe.
der Oeffentlichkeit nicht zu schützen und bleibt immer ein partieller
Sieg der Reichsglocken-Intrige über die gegenwärtige Regirung.
Bekanntmachungen des Hausministeriums gehören an und für sich
nicht in den ,Reichs- und Staats-Anzeiger'; soll letztrer außerdem
ein ,Königlicher Haus-Anzeiger' sein, so können doch meiner An¬
sicht nach in seinem amtlichen Theile immer keine Anordnungen
des Hausministers Platz greifen, der keine Verantwortlichkeit für
den Inhalt des amtlichen Blattes trägt; dieselben müßten immer
in der einen oder andern Gestalt das von dem Hausminister nach¬
zusuchende Placet des verantwortlichen Staatsministeriums erhalten,
bevor sie abgedruckt werden. Dieses Placet ist im vorliegenden
Falle nicht nachgesucht; der Hausminister hat ein Verfügungsrecht
über den Staats-Anzeiger in Anspruch genommen, und wäre deshalb
sein Verlangen angebrachtermaßen schon unter Anführung dieses for¬
mellen Grundes abzulehnen. Geht ein Befehl zur Aufnahme einer
Angelegenheit des Königlichen Hauses von Sr. Majestät dem Könige
selbst aus, so wird seine Ausführung in den Fällen, welche die Regel
bilden, ja kein Bedenken haben; nur wird es sich auch selbst in unver¬
fänglichen Fällen empfehlen, die amtlichen Bekanntmachungen des
Königlichen Hauses durch ihren Platz von denen des Staates gesondert
erscheinen zu lassen. Diese Sonderung wäre meines Erachtens in
der Art vorzunehmen, daß die das Königliche Haus angehenden
Allerhöchsten Anordnungen nicht promiscue mit denen des Staats¬
ministeriums erscheinen, sondern es würde neben den beiden großen
amtlichen Rubriken des Staatsanzeigers ,Deutsches Reich' und
,Königreich Preußen', am höflichsten zwischen beiden, eventuell
auch nach ,Königreich Preußen' eine dritte mit der Bezeichnung
,Königliches Haus' einzuschalten sein, von den andern beiden Rubriken
ebenso mittelst durchgehender Striche geschieden, wie jetzt ,Preußen'
und das ,Reich'. Damit ließe sich die formale Frage für die
Zukunft erledigen, und in einer, wie mir scheint, nach keiner Seite
hin verletzenden Form.

Etwas andres ist es aber, wenn eine Allerhöchste Entschließung

Gruners Ernennung zum Wirkl. Geh. Rathe.
der Oeffentlichkeit nicht zu ſchützen und bleibt immer ein partieller
Sieg der Reichsglocken-Intrige über die gegenwärtige Regirung.
Bekanntmachungen des Hausminiſteriums gehören an und für ſich
nicht in den ‚Reichs- und Staats-Anzeiger‘; ſoll letztrer außerdem
ein ‚Königlicher Haus-Anzeiger‘ ſein, ſo können doch meiner An¬
ſicht nach in ſeinem amtlichen Theile immer keine Anordnungen
des Hausminiſters Platz greifen, der keine Verantwortlichkeit für
den Inhalt des amtlichen Blattes trägt; dieſelben müßten immer
in der einen oder andern Geſtalt das von dem Hausminiſter nach¬
zuſuchende Placet des verantwortlichen Staatsminiſteriums erhalten,
bevor ſie abgedruckt werden. Dieſes Placet iſt im vorliegenden
Falle nicht nachgeſucht; der Hausminiſter hat ein Verfügungsrecht
über den Staats-Anzeiger in Anſpruch genommen, und wäre deshalb
ſein Verlangen angebrachtermaßen ſchon unter Anführung dieſes for¬
mellen Grundes abzulehnen. Geht ein Befehl zur Aufnahme einer
Angelegenheit des Königlichen Hauſes von Sr. Majeſtät dem Könige
ſelbſt aus, ſo wird ſeine Ausführung in den Fällen, welche die Regel
bilden, ja kein Bedenken haben; nur wird es ſich auch ſelbſt in unver¬
fänglichen Fällen empfehlen, die amtlichen Bekanntmachungen des
Königlichen Hauſes durch ihren Platz von denen des Staates geſondert
erſcheinen zu laſſen. Dieſe Sonderung wäre meines Erachtens in
der Art vorzunehmen, daß die das Königliche Haus angehenden
Allerhöchſten Anordnungen nicht promiscue mit denen des Staats¬
miniſteriums erſcheinen, ſondern es würde neben den beiden großen
amtlichen Rubriken des Staatsanzeigers ‚Deutſches Reich‘ und
‚Königreich Preußen‘, am höflichſten zwiſchen beiden, eventuell
auch nach ‚Königreich Preußen‘ eine dritte mit der Bezeichnung
‚Königliches Haus‘ einzuſchalten ſein, von den andern beiden Rubriken
ebenſo mittelſt durchgehender Striche geſchieden, wie jetzt ‚Preußen‘
und das ‚Reich‘. Damit ließe ſich die formale Frage für die
Zukunft erledigen, und in einer, wie mir ſcheint, nach keiner Seite
hin verletzenden Form.

Etwas andres iſt es aber, wenn eine Allerhöchſte Entſchließung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0225" n="201"/><fw place="top" type="header">Gruners Ernennung zum Wirkl. Geh. Rathe.<lb/></fw> der Oeffentlichkeit nicht zu &#x017F;chützen und bleibt immer ein partieller<lb/>
Sieg der Reichsglocken-Intrige über die gegenwärtige Regirung.<lb/>
Bekanntmachungen des Hausmini&#x017F;teriums gehören an und für &#x017F;ich<lb/>
nicht in den &#x201A;Reichs- und Staats-Anzeiger&#x2018;; &#x017F;oll letztrer außerdem<lb/>
ein &#x201A;Königlicher Haus-Anzeiger&#x2018; &#x017F;ein, &#x017F;o können doch meiner An¬<lb/>
&#x017F;icht nach in &#x017F;einem <hi rendition="#g">amtlichen</hi> Theile immer keine Anordnungen<lb/>
des Hausmini&#x017F;ters Platz greifen, der keine Verantwortlichkeit für<lb/>
den Inhalt des amtlichen Blattes trägt; die&#x017F;elben müßten immer<lb/>
in der einen oder andern Ge&#x017F;talt das von dem Hausmini&#x017F;ter nach¬<lb/>
zu&#x017F;uchende Placet des verantwortlichen Staatsmini&#x017F;teriums erhalten,<lb/>
bevor &#x017F;ie abgedruckt werden. Die&#x017F;es Placet i&#x017F;t im vorliegenden<lb/>
Falle nicht nachge&#x017F;ucht; der Hausmini&#x017F;ter hat ein Verfügungsrecht<lb/>
über den Staats-Anzeiger in An&#x017F;pruch genommen, und wäre deshalb<lb/>
&#x017F;ein Verlangen angebrachtermaßen &#x017F;chon unter Anführung die&#x017F;es for¬<lb/>
mellen Grundes abzulehnen. Geht ein Befehl zur Aufnahme einer<lb/>
Angelegenheit des Königlichen Hau&#x017F;es von Sr. Maje&#x017F;tät dem Könige<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t aus, &#x017F;o wird &#x017F;eine Ausführung in den Fällen, welche die Regel<lb/>
bilden, ja kein Bedenken haben; nur wird es &#x017F;ich auch &#x017F;elb&#x017F;t in unver¬<lb/>
fänglichen Fällen empfehlen, die amtlichen Bekanntmachungen des<lb/>
Königlichen Hau&#x017F;es durch ihren Platz von denen des Staates ge&#x017F;ondert<lb/>
er&#x017F;cheinen zu la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e Sonderung wäre meines Erachtens in<lb/>
der Art vorzunehmen, daß die das Königliche Haus angehenden<lb/>
Allerhöch&#x017F;ten Anordnungen nicht <hi rendition="#aq">promiscue</hi> mit denen des Staats¬<lb/>
mini&#x017F;teriums er&#x017F;cheinen, &#x017F;ondern es würde neben den beiden großen<lb/>
amtlichen Rubriken des Staatsanzeigers &#x201A;Deut&#x017F;ches Reich&#x2018; und<lb/>
&#x201A;Königreich Preußen&#x2018;, am höflich&#x017F;ten zwi&#x017F;chen beiden, eventuell<lb/>
auch nach &#x201A;Königreich Preußen&#x2018; eine dritte mit der Bezeichnung<lb/>
&#x201A;Königliches Haus&#x2018; einzu&#x017F;chalten &#x017F;ein, von den andern beiden Rubriken<lb/>
eben&#x017F;o mittel&#x017F;t durchgehender Striche ge&#x017F;chieden, wie jetzt &#x201A;Preußen&#x2018;<lb/>
und das &#x201A;Reich&#x2018;. Damit ließe &#x017F;ich die formale Frage für die<lb/>
Zukunft erledigen, und in einer, wie mir &#x017F;cheint, nach keiner Seite<lb/>
hin verletzenden Form.</p><lb/>
          <p>Etwas andres i&#x017F;t es aber, wenn eine Allerhöch&#x017F;te Ent&#x017F;chließung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0225] Gruners Ernennung zum Wirkl. Geh. Rathe. der Oeffentlichkeit nicht zu ſchützen und bleibt immer ein partieller Sieg der Reichsglocken-Intrige über die gegenwärtige Regirung. Bekanntmachungen des Hausminiſteriums gehören an und für ſich nicht in den ‚Reichs- und Staats-Anzeiger‘; ſoll letztrer außerdem ein ‚Königlicher Haus-Anzeiger‘ ſein, ſo können doch meiner An¬ ſicht nach in ſeinem amtlichen Theile immer keine Anordnungen des Hausminiſters Platz greifen, der keine Verantwortlichkeit für den Inhalt des amtlichen Blattes trägt; dieſelben müßten immer in der einen oder andern Geſtalt das von dem Hausminiſter nach¬ zuſuchende Placet des verantwortlichen Staatsminiſteriums erhalten, bevor ſie abgedruckt werden. Dieſes Placet iſt im vorliegenden Falle nicht nachgeſucht; der Hausminiſter hat ein Verfügungsrecht über den Staats-Anzeiger in Anſpruch genommen, und wäre deshalb ſein Verlangen angebrachtermaßen ſchon unter Anführung dieſes for¬ mellen Grundes abzulehnen. Geht ein Befehl zur Aufnahme einer Angelegenheit des Königlichen Hauſes von Sr. Majeſtät dem Könige ſelbſt aus, ſo wird ſeine Ausführung in den Fällen, welche die Regel bilden, ja kein Bedenken haben; nur wird es ſich auch ſelbſt in unver¬ fänglichen Fällen empfehlen, die amtlichen Bekanntmachungen des Königlichen Hauſes durch ihren Platz von denen des Staates geſondert erſcheinen zu laſſen. Dieſe Sonderung wäre meines Erachtens in der Art vorzunehmen, daß die das Königliche Haus angehenden Allerhöchſten Anordnungen nicht promiscue mit denen des Staats¬ miniſteriums erſcheinen, ſondern es würde neben den beiden großen amtlichen Rubriken des Staatsanzeigers ‚Deutſches Reich‘ und ‚Königreich Preußen‘, am höflichſten zwiſchen beiden, eventuell auch nach ‚Königreich Preußen‘ eine dritte mit der Bezeichnung ‚Königliches Haus‘ einzuſchalten ſein, von den andern beiden Rubriken ebenſo mittelſt durchgehender Striche geſchieden, wie jetzt ‚Preußen‘ und das ‚Reich‘. Damit ließe ſich die formale Frage für die Zukunft erledigen, und in einer, wie mir ſcheint, nach keiner Seite hin verletzenden Form. Etwas andres iſt es aber, wenn eine Allerhöchſte Entſchließung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/225
Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/225>, abgerufen am 09.05.2024.