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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

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Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen.
sachliche Schwierigkeiten und anstrengende Arbeiten erwachsen aus
dem Bruche mit der Freihandelspolitik, den mein Brief an den
Freiherrn von Thüngen1) über Schutzzoll symptomatisch kennzeichnet,
dann aus der Secession und dem Uebergange der Secessionisten zu
dem Centrum. Ich verfiel in einen Gesundheitsbankrott, der
mich lähmte, bis Dr. Schweninger meine Krankheit richtig erkannte,
richtig behandelte und mir ein relatives Gesundheitsgefühl ver¬
schaffte, das ich seit vielen Jahren nicht mehr gekannt hatte.

V.

Herr von Gruner, während der Neuen Aera Unterstaats¬
sekretär in dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten,
wurde bald nach meiner Uebernahme des Ministeriums des Aus¬
wärtigen zur Disposition gestellt und durch Herrn von Thile ersetzt.
Er gehörte schon seit meiner Ernennung zum Bundesgesandten zu
meinen Gegnern, da er diese Stellung als ein Erbtheil von seinem
Vater Justus Gruner angesehn hatte; er blieb mir Feind und war
geschäftlich unfähig. Im November 1863 richtete er an Se. Ma¬
jestät ein Schreiben über den Budgetstreit in demselben Sinne,
in dem der Oberstlieutenant von Vincke auf Olbendorf (vergl.
Bd. I S. 303) und Roggenbach denselben Schritt zu thun für gut
befunden hatten. Indem diese Herrn ihre Vorschläge an den König
richteten, gingen sie von der Voraussetzung aus, daß derselbe,
wenn er ihrem Rathe folgend, dem Abgeordnetenhause nachgäbe,
ein andres Ministerium, wenigstens einen andern Ministerpräsidenten
und Minister des Auswärtigen berufen werde, ein Ergebniß, für
das außerhalb des öffentlichen Lebens Einflüsse in Thätigkeit waren,
denen der Hausminister von Schleinitz mit andern dem Hofe nahe¬
stehenden Personen seine Dienste widmete. Auch später lebte Herr

1) Vom 16. April 1879, Politische Reden VIII 54 f.

Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.
ſachliche Schwierigkeiten und anſtrengende Arbeiten erwachſen aus
dem Bruche mit der Freihandelspolitik, den mein Brief an den
Freiherrn von Thüngen1) über Schutzzoll ſymptomatiſch kennzeichnet,
dann aus der Seceſſion und dem Uebergange der Seceſſioniſten zu
dem Centrum. Ich verfiel in einen Geſundheitsbankrott, der
mich lähmte, bis Dr. Schweninger meine Krankheit richtig erkannte,
richtig behandelte und mir ein relatives Geſundheitsgefühl ver¬
ſchaffte, das ich ſeit vielen Jahren nicht mehr gekannt hatte.

V.

Herr von Gruner, während der Neuen Aera Unterſtaats¬
ſekretär in dem Miniſterium der Auswärtigen Angelegenheiten,
wurde bald nach meiner Uebernahme des Miniſteriums des Aus¬
wärtigen zur Diſpoſition geſtellt und durch Herrn von Thile erſetzt.
Er gehörte ſchon ſeit meiner Ernennung zum Bundesgeſandten zu
meinen Gegnern, da er dieſe Stellung als ein Erbtheil von ſeinem
Vater Juſtus Gruner angeſehn hatte; er blieb mir Feind und war
geſchäftlich unfähig. Im November 1863 richtete er an Se. Ma¬
jeſtät ein Schreiben über den Budgetſtreit in demſelben Sinne,
in dem der Oberſtlieutenant von Vincke auf Olbendorf (vergl.
Bd. I S. 303) und Roggenbach denſelben Schritt zu thun für gut
befunden hatten. Indem dieſe Herrn ihre Vorſchläge an den König
richteten, gingen ſie von der Vorausſetzung aus, daß derſelbe,
wenn er ihrem Rathe folgend, dem Abgeordnetenhauſe nachgäbe,
ein andres Miniſterium, wenigſtens einen andern Miniſterpräſidenten
und Miniſter des Auswärtigen berufen werde, ein Ergebniß, für
das außerhalb des öffentlichen Lebens Einflüſſe in Thätigkeit waren,
denen der Hausminiſter von Schleinitz mit andern dem Hofe nahe¬
ſtehenden Perſonen ſeine Dienſte widmete. Auch ſpäter lebte Herr

1) Vom 16. April 1879, Politiſche Reden VIII 54 f.
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[198/0222] Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen. ſachliche Schwierigkeiten und anſtrengende Arbeiten erwachſen aus dem Bruche mit der Freihandelspolitik, den mein Brief an den Freiherrn von Thüngen 1) über Schutzzoll ſymptomatiſch kennzeichnet, dann aus der Seceſſion und dem Uebergange der Seceſſioniſten zu dem Centrum. Ich verfiel in einen Geſundheitsbankrott, der mich lähmte, bis Dr. Schweninger meine Krankheit richtig erkannte, richtig behandelte und mir ein relatives Geſundheitsgefühl ver¬ ſchaffte, das ich ſeit vielen Jahren nicht mehr gekannt hatte. V. Herr von Gruner, während der Neuen Aera Unterſtaats¬ ſekretär in dem Miniſterium der Auswärtigen Angelegenheiten, wurde bald nach meiner Uebernahme des Miniſteriums des Aus¬ wärtigen zur Diſpoſition geſtellt und durch Herrn von Thile erſetzt. Er gehörte ſchon ſeit meiner Ernennung zum Bundesgeſandten zu meinen Gegnern, da er dieſe Stellung als ein Erbtheil von ſeinem Vater Juſtus Gruner angeſehn hatte; er blieb mir Feind und war geſchäftlich unfähig. Im November 1863 richtete er an Se. Ma¬ jeſtät ein Schreiben über den Budgetſtreit in demſelben Sinne, in dem der Oberſtlieutenant von Vincke auf Olbendorf (vergl. Bd. I S. 303) und Roggenbach denſelben Schritt zu thun für gut befunden hatten. Indem dieſe Herrn ihre Vorſchläge an den König richteten, gingen ſie von der Vorausſetzung aus, daß derſelbe, wenn er ihrem Rathe folgend, dem Abgeordnetenhauſe nachgäbe, ein andres Miniſterium, wenigſtens einen andern Miniſterpräſidenten und Miniſter des Auswärtigen berufen werde, ein Ergebniß, für das außerhalb des öffentlichen Lebens Einflüſſe in Thätigkeit waren, denen der Hausminiſter von Schleinitz mit andern dem Hofe nahe¬ ſtehenden Perſonen ſeine Dienſte widmete. Auch ſpäter lebte Herr 1) Vom 16. April 1879, Politiſche Reden VIII 54 f.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/222>, abgerufen am 22.11.2024.