Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag. namentlich nicht in Wien den Eindruck machten, als ob Oestreichgegen seinen Willen von uns fortgerissen würde. Meine guten Beziehungen zu Rechberg und Karolyi ermöglichten es mir, das Einverständnis über den Einmarsch in Jütland herzustellen. Trotz dieser Erfolge fand der Versuch des Dualismus seinen "Zu einer politischen Gemeinschaft geschichtlich berufen, machen Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag. namentlich nicht in Wien den Eindruck machten, als ob Oeſtreichgegen ſeinen Willen von uns fortgeriſſen würde. Meine guten Beziehungen zu Rechberg und Karolyi ermöglichten es mir, das Einverſtändnis über den Einmarſch in Jütland herzuſtellen. Trotz dieſer Erfolge fand der Verſuch des Dualismus ſeinen „Zu einer politiſchen Gemeinſchaft geſchichtlich berufen, machen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0371" n="344"/><fw place="top" type="header">Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag.<lb/></fw> namentlich nicht in Wien den Eindruck machten, als ob Oeſtreich<lb/> gegen ſeinen Willen von uns fortgeriſſen würde. Meine guten<lb/> Beziehungen zu Rechberg und Karolyi ermöglichten es mir, das<lb/> Einverſtändnis über den Einmarſch in Jütland herzuſtellen.</p><lb/> <p>Trotz dieſer Erfolge fand der Verſuch des Dualismus ſeinen<lb/> Culminations- und Wendepunkt in einer Beſprechung, welche beide<lb/> Monarchen unter Zuziehung ihrer Miniſter, Rechbergs und meiner,<lb/> am 22. Auguſt 1864 in Schönbrunn hatten. Im Laufe derſelben<lb/> ſagte ich dem Kaiſer von Oeſtreich:</p><lb/> <p>„Zu einer politiſchen Gemeinſchaft geſchichtlich berufen, machen<lb/> wir dynaſtiſch und politiſch beiderſeits beſſere Geſchäfte, wenn wir<lb/> zuſammenhalten und diejenige Führung Deutſchlands übernehmen,<lb/> welche uns nicht entgehn wird, ſobald wir einig ſind. Wenn<lb/> Preußen und Oeſtreich ſich die Aufgabe ſtellen, nicht blos ihre<lb/> gemeinſamen Intereſſen, ſondern auch beiderſeits jedes die Intereſſen<lb/> des andern zu fördern, ſo kann das Bündniß der beiden deutſchen<lb/> Großſtaaten von einer weittragenden deutſchen und europäiſchen<lb/> Wirkſamkeit werden. Der Staat Oeſtreich hat kein Intereſſe an<lb/> der Geſtaltung der däniſchen Herzogthümer, dagegen ein erheb¬<lb/> liches an ſeinen Beziehungen zu Preußen. Sollte aus dieſer zweifel¬<lb/> loſen Thatſache nicht die Zweckmäßigkeit einer für Preußen wohl¬<lb/> wollenden Politik hervorgehn, die das beſtehende Bündnis der<lb/> beiden deutſchen Großmächte conſolidirt und in Preußen Dankbar¬<lb/> keit für Oeſtreich erweckt? Wenn die gemeinſame Erwerbung<lb/> ſtatt in Holſtein, in Italien läge, wenn der Krieg, den wir geführt<lb/> haben, ſtatt Schleswig-Holſtein die Lombardei zur Verfügung der<lb/> beiden Mächte geſtellt hätte, ſo würde es mir nicht eingefallen ſein,<lb/> bei meinem Könige dahin zu wirken, daß Wünſchen unſres Ver¬<lb/> bündeten ein Widerſtand entgegengeſetzt oder die Forderung eines<lb/> Aequivalents erhoben würde, wenn ein ſolches nicht zu gleicher<lb/> Zeit diſponibel wäre. Ihm aber für Schleswig-Holſtein altpreußi¬<lb/> ſches Land abzutreten, das würde kaum möglich ſein, ſelbſt wenn<lb/> die Einwohner es wünſchten; in Glatz proteſtirten aber ſogar die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [344/0371]
Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag.
namentlich nicht in Wien den Eindruck machten, als ob Oeſtreich
gegen ſeinen Willen von uns fortgeriſſen würde. Meine guten
Beziehungen zu Rechberg und Karolyi ermöglichten es mir, das
Einverſtändnis über den Einmarſch in Jütland herzuſtellen.
Trotz dieſer Erfolge fand der Verſuch des Dualismus ſeinen
Culminations- und Wendepunkt in einer Beſprechung, welche beide
Monarchen unter Zuziehung ihrer Miniſter, Rechbergs und meiner,
am 22. Auguſt 1864 in Schönbrunn hatten. Im Laufe derſelben
ſagte ich dem Kaiſer von Oeſtreich:
„Zu einer politiſchen Gemeinſchaft geſchichtlich berufen, machen
wir dynaſtiſch und politiſch beiderſeits beſſere Geſchäfte, wenn wir
zuſammenhalten und diejenige Führung Deutſchlands übernehmen,
welche uns nicht entgehn wird, ſobald wir einig ſind. Wenn
Preußen und Oeſtreich ſich die Aufgabe ſtellen, nicht blos ihre
gemeinſamen Intereſſen, ſondern auch beiderſeits jedes die Intereſſen
des andern zu fördern, ſo kann das Bündniß der beiden deutſchen
Großſtaaten von einer weittragenden deutſchen und europäiſchen
Wirkſamkeit werden. Der Staat Oeſtreich hat kein Intereſſe an
der Geſtaltung der däniſchen Herzogthümer, dagegen ein erheb¬
liches an ſeinen Beziehungen zu Preußen. Sollte aus dieſer zweifel¬
loſen Thatſache nicht die Zweckmäßigkeit einer für Preußen wohl¬
wollenden Politik hervorgehn, die das beſtehende Bündnis der
beiden deutſchen Großmächte conſolidirt und in Preußen Dankbar¬
keit für Oeſtreich erweckt? Wenn die gemeinſame Erwerbung
ſtatt in Holſtein, in Italien läge, wenn der Krieg, den wir geführt
haben, ſtatt Schleswig-Holſtein die Lombardei zur Verfügung der
beiden Mächte geſtellt hätte, ſo würde es mir nicht eingefallen ſein,
bei meinem Könige dahin zu wirken, daß Wünſchen unſres Ver¬
bündeten ein Widerſtand entgegengeſetzt oder die Forderung eines
Aequivalents erhoben würde, wenn ein ſolches nicht zu gleicher
Zeit diſponibel wäre. Ihm aber für Schleswig-Holſtein altpreußi¬
ſches Land abzutreten, das würde kaum möglich ſein, ſelbſt wenn
die Einwohner es wünſchten; in Glatz proteſtirten aber ſogar die
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