Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Briefwechsel mit Roon über den Eintritt ins Ministerium. dem 8. Mai nicht gesehn habe. Bei der Gelegenheit muß ich in'sKlare kommen. Ich wünsche nichts lieber, als in Paris zu bleiben, nur muß ich wissen, daß ich Umzug und Einrichtung nicht auf einige Wochen oder Monate bewirke, dazu ist mein Hausstand zu groß. Ich habe mich niemals geweigert, das Präsidium ohne Porte¬ feuille anzunehmen, sobald es der König befiehlt; ich habe nur ge¬ sagt, daß ich die Einrichtung für eine unzweckmäßige halte. Ich bin noch heut bereit, ohne Portefeuille einzutreten, aber ich sehe garkeine ernstliche Absicht dazu. Wenn mir Se. Majestät sagen wollte: am 1. November, oder 1. Januar, oder 1. April -- so wüßte ich, woran ich wäre, und bin wahrlich kein Schwierigkeits¬ macher, ich verlange nur der Rücksicht, die Bernstorff so reichlich gewährt wird. In dieser Ungewißheit verliere ich alle Lust an den Geschäften, und ich bin Ihnen von Herzen dankbar für jeden Freundschaftsdienst, den Sie mir leisten, um ihr ein Ende zu machen. Gelingt dieß nicht bald, so muß ich die Dinge nehmen, wie sie liegen, und mir sagen, ich bin des Königs Gesandter in Paris, lasse zum 1. October Kind und Kegel dorthinkommen und richte mich ein. Ist das geschehn, so kann Se. Majestät mich des Dienstes entlassen, aber nicht mehr zwingen, nun sofort wieder umzuziehn; lieber gehe ich nach Hause aufs Land, dann weiß ich, wo ich wohne. Ich habe in meiner Einsamkeit die alte Gesund¬ heit mit Gottes Hülfe wiedergewonnen, und befinde mich wie seit 10 Jahren nicht, von unsrer politischen Welt aber habe ich kein Wort gehört; daß der König in Doberan war, sehe ich heut aus einem Briefe meiner Frau, sonst könnte ich das D. in dem Ihrigen nicht deuten. Ebenso hatte ich nicht gehört, daß er zum 13. nach Karlsruhe geht. Ich würde Se. Majestät dort nicht mehr treffen, wenn ich mich hinbegeben wollte, auch weiß ich aus Erfahrung, daß solche Erscheinungen nicht willkommen sind; der Herr schließt daraus auf ehrgeizig drängende Absichten bei mir, die mir weiß Gott fern liegen. Ich bin so zufrieden, Sr. Majestät Gesandter in Paris zu sein, daß ich nichts erbitten möchte, als die Gewißheit, Briefwechſel mit Roon über den Eintritt ins Miniſterium. dem 8. Mai nicht geſehn habe. Bei der Gelegenheit muß ich in'sKlare kommen. Ich wünſche nichts lieber, als in Paris zu bleiben, nur muß ich wiſſen, daß ich Umzug und Einrichtung nicht auf einige Wochen oder Monate bewirke, dazu iſt mein Hausſtand zu groß. Ich habe mich niemals geweigert, das Präſidium ohne Porte¬ feuille anzunehmen, ſobald es der König befiehlt; ich habe nur ge¬ ſagt, daß ich die Einrichtung für eine unzweckmäßige halte. Ich bin noch heut bereit, ohne Portefeuille einzutreten, aber ich ſehe garkeine ernſtliche Abſicht dazu. Wenn mir Se. Majeſtät ſagen wollte: am 1. November, oder 1. Januar, oder 1. April — ſo wüßte ich, woran ich wäre, und bin wahrlich kein Schwierigkeits¬ macher, ich verlange nur der Rückſicht, die Bernſtorff ſo reichlich gewährt wird. In dieſer Ungewißheit verliere ich alle Luſt an den Geſchäften, und ich bin Ihnen von Herzen dankbar für jeden Freundſchaftsdienſt, den Sie mir leiſten, um ihr ein Ende zu machen. Gelingt dieß nicht bald, ſo muß ich die Dinge nehmen, wie ſie liegen, und mir ſagen, ich bin des Königs Geſandter in Paris, laſſe zum 1. October Kind und Kegel dorthinkommen und richte mich ein. Iſt das geſchehn, ſo kann Se. Majeſtät mich des Dienſtes entlaſſen, aber nicht mehr zwingen, nun ſofort wieder umzuziehn; lieber gehe ich nach Hauſe aufs Land, dann weiß ich, wo ich wohne. Ich habe in meiner Einſamkeit die alte Geſund¬ heit mit Gottes Hülfe wiedergewonnen, und befinde mich wie ſeit 10 Jahren nicht, von unſrer politiſchen Welt aber habe ich kein Wort gehört; daß der König in Doberan war, ſehe ich heut aus einem Briefe meiner Frau, ſonſt könnte ich das D. in dem Ihrigen nicht deuten. Ebenſo hatte ich nicht gehört, daß er zum 13. nach Karlsruhe geht. Ich würde Se. Majeſtät dort nicht mehr treffen, wenn ich mich hinbegeben wollte, auch weiß ich aus Erfahrung, daß ſolche Erſcheinungen nicht willkommen ſind; der Herr ſchließt daraus auf ehrgeizig drängende Abſichten bei mir, die mir weiß Gott fern liegen. Ich bin ſo zufrieden, Sr. Majeſtät Geſandter in Paris zu ſein, daß ich nichts erbitten möchte, als die Gewißheit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0292" n="265"/><fw place="top" type="header">Briefwechſel mit Roon über den Eintritt ins Miniſterium.<lb/></fw>dem 8. Mai nicht geſehn habe. 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Briefwechſel mit Roon über den Eintritt ins Miniſterium.
dem 8. Mai nicht geſehn habe. Bei der Gelegenheit muß ich in's
Klare kommen. Ich wünſche nichts lieber, als in Paris zu bleiben,
nur muß ich wiſſen, daß ich Umzug und Einrichtung nicht auf
einige Wochen oder Monate bewirke, dazu iſt mein Hausſtand zu
groß. Ich habe mich niemals geweigert, das Präſidium ohne Porte¬
feuille anzunehmen, ſobald es der König befiehlt; ich habe nur ge¬
ſagt, daß ich die Einrichtung für eine unzweckmäßige halte. Ich
bin noch heut bereit, ohne Portefeuille einzutreten, aber ich ſehe
garkeine ernſtliche Abſicht dazu. Wenn mir Se. Majeſtät ſagen
wollte: am 1. November, oder 1. Januar, oder 1. April — ſo
wüßte ich, woran ich wäre, und bin wahrlich kein Schwierigkeits¬
macher, ich verlange nur [FORMEL] der Rückſicht, die Bernſtorff ſo
reichlich gewährt wird. In dieſer Ungewißheit verliere ich alle
Luſt an den Geſchäften, und ich bin Ihnen von Herzen dankbar
für jeden Freundſchaftsdienſt, den Sie mir leiſten, um ihr ein Ende
zu machen. Gelingt dieß nicht bald, ſo muß ich die Dinge nehmen,
wie ſie liegen, und mir ſagen, ich bin des Königs Geſandter in
Paris, laſſe zum 1. October Kind und Kegel dorthinkommen und
richte mich ein. Iſt das geſchehn, ſo kann Se. Majeſtät mich
des Dienſtes entlaſſen, aber nicht mehr zwingen, nun ſofort wieder
umzuziehn; lieber gehe ich nach Hauſe aufs Land, dann weiß ich,
wo ich wohne. Ich habe in meiner Einſamkeit die alte Geſund¬
heit mit Gottes Hülfe wiedergewonnen, und befinde mich wie ſeit
10 Jahren nicht, von unſrer politiſchen Welt aber habe ich kein
Wort gehört; daß der König in Doberan war, ſehe ich heut aus
einem Briefe meiner Frau, ſonſt könnte ich das D. in dem Ihrigen
nicht deuten. Ebenſo hatte ich nicht gehört, daß er zum 13. nach
Karlsruhe geht. Ich würde Se. Majeſtät dort nicht mehr treffen,
wenn ich mich hinbegeben wollte, auch weiß ich aus Erfahrung,
daß ſolche Erſcheinungen nicht willkommen ſind; der Herr ſchließt
daraus auf ehrgeizig drängende Abſichten bei mir, die mir weiß
Gott fern liegen. Ich bin ſo zufrieden, Sr. Majeſtät Geſandter
in Paris zu ſein, daß ich nichts erbitten möchte, als die Gewißheit,
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