Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin. der Erstere erklärte schon damals, vorauszusehn, daß unsre Wegesich trennen und wir als Gegner enden würden. -- In Ueberein¬ stimmung habe ich mich in den wechselnden Phasen der conservativen Fraction stets mit Below-Hohendorf und Alvensleben-Erxleben be¬ funden. Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin. der Erſtere erklärte ſchon damals, vorauszuſehn, daß unſre Wegeſich trennen und wir als Gegner enden würden. — In Ueberein¬ ſtimmung habe ich mich in den wechſelnden Phaſen der conſervativen Fraction ſtets mit Below-Hohendorf und Alvensleben-Erxleben be¬ funden. Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0173" n="146"/><fw place="top" type="header">Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin.<lb/></fw> der Erſtere erklärte ſchon damals, vorauszuſehn, daß unſre Wege<lb/> ſich trennen und wir als Gegner enden würden. — In Ueberein¬<lb/> ſtimmung habe ich mich in den wechſelnden Phaſen der conſervativen<lb/> Fraction ſtets mit Below-Hohendorf und Alvensleben-Erxleben be¬<lb/> funden.</p><lb/> <p>Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt<lb/> kommen und hielt mich oft lang feſt; ich verfiel dadurch äußer¬<lb/> lich in die Kategorie der Streber, die am Sturze Manteuffel's<lb/> arbeiteten, den Prinzen von Preußen gegen ſeinen Bruder einzu¬<lb/> nehmen, für ſich Stellen oder wenigſtens Aufträge herauszuſchlagen<lb/> ſuchten und dann und wann von dem Könige als Rivalen Man¬<lb/> teuffels <hi rendition="#aq">cum spe succedendi</hi> behandelt wurden. Nachdem ich mehr¬<lb/> mals von dem Könige gegen Manteuffel in der Weiſe ausgeſpielt<lb/> worden war, daß ich Gegenentwürfe von Depeſchen zu machen<lb/> hatte, bat ich Gerlach, den ich in einem kleinen Vorzimmer neben<lb/> dem Cabinet des Königs in dem längs der Spree hinlaufenden<lb/> Flügel des Schloſſes fand, mir die Erlaubniß zur Rückkehr nach<lb/> Frankfurt zu erwirken. Gerlach trat in das Cabinet und ſprach,<lb/> der König rief: „Er ſoll in des Teufels Namen warten, bis ich<lb/> ihm befehle abzureiſen!“ Als Gerlach herauskam, ſagte ich lachend,<lb/> ich hätte den Beſcheid ſchon. Ich blieb alſo noch eine Zeit lang<lb/> in Berlin. Als es endlich zur Abreiſe kam, hinterließ ich den<lb/> Entwurf eines eigenhändigen, von dem Könige an den Kaiſer Franz<lb/> Joſeph zu richtenden Schreibens, den ich auf Befehl Seiner Majeſtät<lb/> ausgearbeitet und den Manteuffel dem Könige vorzulegen über¬<lb/> nommen hatte, nachdem er ſich mit mir über den Inhalt ver¬<lb/> ſtändigt haben würde. Der Schwerpunkt lag in dem Schlußſatze,<lb/> aber auch ohne dieſen bildete der Entwurf ein abgerundetes Akten¬<lb/> ſtück, freilich von weſentlich modificirter Tragweite. Ich bat den<lb/> Flügeladjutanten vom Dienſt unter Mittheilung einer Abſchrift<lb/> des Concepts, den König darauf aufmerkſam zu machen, daß<lb/> der Schlußſatz das entſcheidende Stück des Erlaſſes ſei. Dieſe<lb/> Vorſichtsmaßregel war im Auswärtigen Amte nicht bekannt;<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0173]
Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin.
der Erſtere erklärte ſchon damals, vorauszuſehn, daß unſre Wege
ſich trennen und wir als Gegner enden würden. — In Ueberein¬
ſtimmung habe ich mich in den wechſelnden Phaſen der conſervativen
Fraction ſtets mit Below-Hohendorf und Alvensleben-Erxleben be¬
funden.
Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt
kommen und hielt mich oft lang feſt; ich verfiel dadurch äußer¬
lich in die Kategorie der Streber, die am Sturze Manteuffel's
arbeiteten, den Prinzen von Preußen gegen ſeinen Bruder einzu¬
nehmen, für ſich Stellen oder wenigſtens Aufträge herauszuſchlagen
ſuchten und dann und wann von dem Könige als Rivalen Man¬
teuffels cum spe succedendi behandelt wurden. Nachdem ich mehr¬
mals von dem Könige gegen Manteuffel in der Weiſe ausgeſpielt
worden war, daß ich Gegenentwürfe von Depeſchen zu machen
hatte, bat ich Gerlach, den ich in einem kleinen Vorzimmer neben
dem Cabinet des Königs in dem längs der Spree hinlaufenden
Flügel des Schloſſes fand, mir die Erlaubniß zur Rückkehr nach
Frankfurt zu erwirken. Gerlach trat in das Cabinet und ſprach,
der König rief: „Er ſoll in des Teufels Namen warten, bis ich
ihm befehle abzureiſen!“ Als Gerlach herauskam, ſagte ich lachend,
ich hätte den Beſcheid ſchon. Ich blieb alſo noch eine Zeit lang
in Berlin. Als es endlich zur Abreiſe kam, hinterließ ich den
Entwurf eines eigenhändigen, von dem Könige an den Kaiſer Franz
Joſeph zu richtenden Schreibens, den ich auf Befehl Seiner Majeſtät
ausgearbeitet und den Manteuffel dem Könige vorzulegen über¬
nommen hatte, nachdem er ſich mit mir über den Inhalt ver¬
ſtändigt haben würde. Der Schwerpunkt lag in dem Schlußſatze,
aber auch ohne dieſen bildete der Entwurf ein abgerundetes Akten¬
ſtück, freilich von weſentlich modificirter Tragweite. Ich bat den
Flügeladjutanten vom Dienſt unter Mittheilung einer Abſchrift
des Concepts, den König darauf aufmerkſam zu machen, daß
der Schlußſatz das entſcheidende Stück des Erlaſſes ſei. Dieſe
Vorſichtsmaßregel war im Auswärtigen Amte nicht bekannt;
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