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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin.
consequent gewesen, gereicht ihm zum Ruhme, aber wenn auch
Se. Majestät einmal sagten, die Consequenz sei die elendeste
aller Tugenden, so ist die Manteuffel'sche Inconsequenz doch etwas
stark. Man spricht gegen die Kammern und gegen den Con¬
stitutionalismus. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bis jetzt
aber sind alle Regierungen revolutionär gewesen, außer England
bis zur Reform und Preußen in geringen Unterbrechungen, 1823
und 1847. Die Kreuzzeitung hat in ihren kleinen Apologien der
Kammern in Wahrheit nicht Unrecht, und doch sehnt sich unser
Premier nach dem Bonapartismus, der doch ganz gewiß keine
Zukunft hat.

Manteuffel sagte übrigens gestern, er wolle Sie herbescheiden,
wenn Sie nur noch zur rechten Zeit kämen, um den Kaiser und
den Grafen Nesselrode kennen zu lernen. Wichtiger als alles das
ist, daß Sie Manteuffel von Quehl befreien, denn er ist jetzt noch
unentbehrlich und mit Quehl nicht zu halten. Es wird ihn nichts
kosten zu behaupten, er wisse nichts von dem Artitel der ,Zeit',
ja, daß dieses Blatt ihn nichts anginge, aber damit kann man
sich nicht abfertigen lassen, da Thile, der Redacteur, durch Quehl
und Manteuffel angestellt ist. Ich fürchte auch die absolutistischen
Velleitäten von Manteuffel jun.1).

19. Mai 1852.

Infolge des Zeitungsartikels, von dem Ihr letztes Schreiben 2)
an mich handelt, ist wiederum von mehreren Seiten in Manteuffel
eingeredet worden, um ihn zu bewegen, sich von Quehl zu trennen.
Ich hatte mich hierbei nicht betheiligt, weil ich schon einmal über
diesen Mann mit ihm aneinander gewesen war und wir damals
gewissermaßen einen Vertrag geschlossen hatten, dieses Thema nicht
zu berühren. Gestern fing jedoch Manteuffel selbst mit mir davon
an, vertheidigte Quehl auf das Entschiedenste, erklärte lieber ab¬

1) Vgl. Briefwechsel 32 ff. (mit falschem Datum).
2) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 30 f.

Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin.
conſequent geweſen, gereicht ihm zum Ruhme, aber wenn auch
Se. Majeſtät einmal ſagten, die Conſequenz ſei die elendeſte
aller Tugenden, ſo iſt die Manteuffel'ſche Inconſequenz doch etwas
ſtark. Man ſpricht gegen die Kammern und gegen den Con¬
ſtitutionalismus. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bis jetzt
aber ſind alle Regierungen revolutionär geweſen, außer England
bis zur Reform und Preußen in geringen Unterbrechungen, 1823
und 1847. Die Kreuzzeitung hat in ihren kleinen Apologien der
Kammern in Wahrheit nicht Unrecht, und doch ſehnt ſich unſer
Premier nach dem Bonapartismus, der doch ganz gewiß keine
Zukunft hat.

Manteuffel ſagte übrigens geſtern, er wolle Sie herbeſcheiden,
wenn Sie nur noch zur rechten Zeit kämen, um den Kaiſer und
den Grafen Neſſelrode kennen zu lernen. Wichtiger als alles das
iſt, daß Sie Manteuffel von Quehl befreien, denn er iſt jetzt noch
unentbehrlich und mit Quehl nicht zu halten. Es wird ihn nichts
koſten zu behaupten, er wiſſe nichts von dem Artitel der ‚Zeit‘,
ja, daß dieſes Blatt ihn nichts anginge, aber damit kann man
ſich nicht abfertigen laſſen, da Thile, der Redacteur, durch Quehl
und Manteuffel angeſtellt iſt. Ich fürchte auch die abſolutiſtiſchen
Velleitäten von Manteuffel jun.1).

19. Mai 1852.

Infolge des Zeitungsartikels, von dem Ihr letztes Schreiben 2)
an mich handelt, iſt wiederum von mehreren Seiten in Manteuffel
eingeredet worden, um ihn zu bewegen, ſich von Quehl zu trennen.
Ich hatte mich hierbei nicht betheiligt, weil ich ſchon einmal über
dieſen Mann mit ihm aneinander geweſen war und wir damals
gewiſſermaßen einen Vertrag geſchloſſen hatten, dieſes Thema nicht
zu berühren. Geſtern fing jedoch Manteuffel ſelbſt mit mir davon
an, vertheidigte Quehl auf das Entſchiedenſte, erklärte lieber ab¬

1) Vgl. Briefwechſel 32 ff. (mit falſchem Datum).
2) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 30 f.
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[132/0159] Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin. conſequent geweſen, gereicht ihm zum Ruhme, aber wenn auch Se. Majeſtät einmal ſagten, die Conſequenz ſei die elendeſte aller Tugenden, ſo iſt die Manteuffel'ſche Inconſequenz doch etwas ſtark. Man ſpricht gegen die Kammern und gegen den Con¬ ſtitutionalismus. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bis jetzt aber ſind alle Regierungen revolutionär geweſen, außer England bis zur Reform und Preußen in geringen Unterbrechungen, 1823 und 1847. Die Kreuzzeitung hat in ihren kleinen Apologien der Kammern in Wahrheit nicht Unrecht, und doch ſehnt ſich unſer Premier nach dem Bonapartismus, der doch ganz gewiß keine Zukunft hat. Manteuffel ſagte übrigens geſtern, er wolle Sie herbeſcheiden, wenn Sie nur noch zur rechten Zeit kämen, um den Kaiſer und den Grafen Neſſelrode kennen zu lernen. Wichtiger als alles das iſt, daß Sie Manteuffel von Quehl befreien, denn er iſt jetzt noch unentbehrlich und mit Quehl nicht zu halten. Es wird ihn nichts koſten zu behaupten, er wiſſe nichts von dem Artitel der ‚Zeit‘, ja, daß dieſes Blatt ihn nichts anginge, aber damit kann man ſich nicht abfertigen laſſen, da Thile, der Redacteur, durch Quehl und Manteuffel angeſtellt iſt. Ich fürchte auch die abſolutiſtiſchen Velleitäten von Manteuffel jun. 1). 19. Mai 1852. Infolge des Zeitungsartikels, von dem Ihr letztes Schreiben 2) an mich handelt, iſt wiederum von mehreren Seiten in Manteuffel eingeredet worden, um ihn zu bewegen, ſich von Quehl zu trennen. Ich hatte mich hierbei nicht betheiligt, weil ich ſchon einmal über dieſen Mann mit ihm aneinander geweſen war und wir damals gewiſſermaßen einen Vertrag geſchloſſen hatten, dieſes Thema nicht zu berühren. Geſtern fing jedoch Manteuffel ſelbſt mit mir davon an, vertheidigte Quehl auf das Entſchiedenſte, erklärte lieber ab¬ 1) Vgl. Briefwechſel 32 ff. (mit falſchem Datum). 2) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 30 f.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/159>, abgerufen am 26.11.2024.