Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Ernennung zum Legationsrath bei der Bundesgesandschaft. indessen sind Eure Majestät ja nicht gebunden, die Ernennungaufrecht zu erhalten, sobald sie sich nicht bewährt. Ich selbst kann keine Gewißheit darüber haben, ob die Aufgabe meine Fähigkeit übersteigt, ehe ich ihr näher getreten bin. Wenn ich mich derselben nicht gewachsen finde, so werde ich der erste sein, meine Abberufung zu erbitten. Ich habe den Muth zu gehorchen, wenn Eure Majestät den haben zu befehlen." Worauf der König: "Dann wollen wir die Sache versuchen." Am 11. Mai 1851 traf ich in Frankfurt ein. Herr von Ernennung zum Legationsrath bei der Bundesgeſandſchaft. indeſſen ſind Eure Majeſtät ja nicht gebunden, die Ernennungaufrecht zu erhalten, ſobald ſie ſich nicht bewährt. Ich ſelbſt kann keine Gewißheit darüber haben, ob die Aufgabe meine Fähigkeit überſteigt, ehe ich ihr näher getreten bin. Wenn ich mich derſelben nicht gewachſen finde, ſo werde ich der erſte ſein, meine Abberufung zu erbitten. Ich habe den Muth zu gehorchen, wenn Eure Majeſtät den haben zu befehlen.“ Worauf der König: „Dann wollen wir die Sache verſuchen.“ Am 11. Mai 1851 traf ich in Frankfurt ein. Herr von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="79"/><fw place="top" type="header">Ernennung zum Legationsrath bei der Bundesgeſandſchaft.<lb/></fw> indeſſen ſind Eure Majeſtät ja nicht gebunden, die Ernennung<lb/> aufrecht zu erhalten, ſobald ſie ſich nicht bewährt. Ich ſelbſt kann<lb/> keine Gewißheit darüber haben, ob die Aufgabe meine Fähigkeit<lb/> überſteigt, ehe ich ihr näher getreten bin. Wenn ich mich derſelben<lb/> nicht gewachſen finde, ſo werde ich der erſte ſein, meine Abberufung<lb/> zu erbitten. Ich habe den Muth zu gehorchen, wenn Eure Majeſtät<lb/> den haben zu befehlen.“ Worauf der König: „Dann wollen wir<lb/> die Sache verſuchen.“</p><lb/> <p>Am 11. Mai 1851 traf ich in Frankfurt ein. Herr von<lb/> Rochow mit weniger Ehrgeiz als Liebe zum Behagen, des Klimas<lb/> und des anſtrengenden Hoflebens in Petersburg müde, hätte lieber<lb/> den Frankfurter Poſten, in dem er alle ſeine Wünſche befriedigt<lb/> fand, dauernd behalten, arbeitete in Berlin dafür, daß ich zum<lb/> Geſandten in Darmſtadt mit gleichzeitiger Accreditirung bei dem<lb/> Herzog von Naſſau und der Stadt Frankfurt ernannt werde, und<lb/> wäre vielleicht auch nicht abgeneigt geweſen, mir den Petersburger<lb/> Poſten im Tauſch zu überlaſſen. Er liebte das Leben am Rhein<lb/> und den Verkehr mit den deutſchen Höfen. Seine Bemühungen<lb/> hatten indeſſen keinen Erfolg. Unter dem 11. Juli ſchrieb mir Herr<lb/> von Manteuffel, daß der König meine Ernennung zum Bundestags¬<lb/> geſandten genehmigt habe. „Es verſteht ſich dabei von ſelbſt,“<lb/> ſchrieb der Miniſter, „daß man Herrn von Rochow nicht <hi rendition="#aq">brusque¬<lb/> ment</hi> wegſchicken kann; ich beabſichtige daher, ihm heut noch einige<lb/> Worte darüber zu ſchreiben, und glaube Ihres Einverſtändniſſes<lb/> gewiß zu ſein, wenn ich in dieſer Sache mit aller Rückſicht auf<lb/> Herrn von Rochow's Wünſche verfahre, dem ich es in der That<lb/> nur Dank wiſſen kann, daß er die ſchwierige und undankbare<lb/> Miſſion angenommen hat im Gegenſatz zu manchen andern Leuten,<lb/> die immer mit der Kritik bei der Hand ſind, wenn es aber auf<lb/> das Handeln ankommt, ſich zurückziehn. Daß ich Sie damit nicht<lb/> meine, brauche ich nicht zu verſichern, denn Sie ſind ja auch mit<lb/> uns in die Breſche getreten und werden ſie, ſo denke ich, auch<lb/> allein vertheidigen.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0106]
Ernennung zum Legationsrath bei der Bundesgeſandſchaft.
indeſſen ſind Eure Majeſtät ja nicht gebunden, die Ernennung
aufrecht zu erhalten, ſobald ſie ſich nicht bewährt. Ich ſelbſt kann
keine Gewißheit darüber haben, ob die Aufgabe meine Fähigkeit
überſteigt, ehe ich ihr näher getreten bin. Wenn ich mich derſelben
nicht gewachſen finde, ſo werde ich der erſte ſein, meine Abberufung
zu erbitten. Ich habe den Muth zu gehorchen, wenn Eure Majeſtät
den haben zu befehlen.“ Worauf der König: „Dann wollen wir
die Sache verſuchen.“
Am 11. Mai 1851 traf ich in Frankfurt ein. Herr von
Rochow mit weniger Ehrgeiz als Liebe zum Behagen, des Klimas
und des anſtrengenden Hoflebens in Petersburg müde, hätte lieber
den Frankfurter Poſten, in dem er alle ſeine Wünſche befriedigt
fand, dauernd behalten, arbeitete in Berlin dafür, daß ich zum
Geſandten in Darmſtadt mit gleichzeitiger Accreditirung bei dem
Herzog von Naſſau und der Stadt Frankfurt ernannt werde, und
wäre vielleicht auch nicht abgeneigt geweſen, mir den Petersburger
Poſten im Tauſch zu überlaſſen. Er liebte das Leben am Rhein
und den Verkehr mit den deutſchen Höfen. Seine Bemühungen
hatten indeſſen keinen Erfolg. Unter dem 11. Juli ſchrieb mir Herr
von Manteuffel, daß der König meine Ernennung zum Bundestags¬
geſandten genehmigt habe. „Es verſteht ſich dabei von ſelbſt,“
ſchrieb der Miniſter, „daß man Herrn von Rochow nicht brusque¬
ment wegſchicken kann; ich beabſichtige daher, ihm heut noch einige
Worte darüber zu ſchreiben, und glaube Ihres Einverſtändniſſes
gewiß zu ſein, wenn ich in dieſer Sache mit aller Rückſicht auf
Herrn von Rochow's Wünſche verfahre, dem ich es in der That
nur Dank wiſſen kann, daß er die ſchwierige und undankbare
Miſſion angenommen hat im Gegenſatz zu manchen andern Leuten,
die immer mit der Kritik bei der Hand ſind, wenn es aber auf
das Handeln ankommt, ſich zurückziehn. Daß ich Sie damit nicht
meine, brauche ich nicht zu verſichern, denn Sie ſind ja auch mit
uns in die Breſche getreten und werden ſie, ſo denke ich, auch
allein vertheidigen.“
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