Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der VI V. U. Bitte.
seine Tochter/ und er ihr Vatter. Sie se-
hen auch einander gleich: aber hinten/ vor-
nen ist sie/ als ein schönes/ lachendes und
frech-entblöstes Weib/ anzusehen: dann sie
reitzet zur Fleisches-Lust. Auf dem Haub-
te träget sie eine Krone von Pfaufedern:
diß ist ein Sinnbild von ihrem Hohfartle-
ben.
Goldketten und Kleinode hangen
ihr an dem Hurenhals/ und unten an der
Kette ein Goldbeutel mit vielen Fächern/
an stat einer Medalie: erkennet daraus
ihren Geitz und Augen-Lust. Diese schön-
scheinende Docke bietet er jedem an/ und
spricht: diese meine Tochter will ich dir/
auch Ehre/ Reichtum und Freude zum
Heurat-Gut/ geben/ so du meines theils
seyn wilst.

6 Jhr habt ja etwan gelesen/ wie die
Stadt Venedig Kaiser Friedrichen den
Rohtbart/ der sie und den Papst darinn be-
lägert/ überwunden. Sie schickte/ auf ei-
nem Lust-Schiffe/ eine schöne Curtisane
zum Kaiserlichen Lager: und durch die
Schönheit/ auch durch den Harpffenklang
und Gesang/ dieser wahren Sirene/ wur-
de der Prinz/ des Kaisers Sohn verleitet/
daß er zu ihr in das Schiff stiege und also
gefangen entführet worden. Diesen wie-
der zu bekommen/ muste der Kaiser dem

Papst

nach der VI V. U. Bitte.
ſeine Tochter/ und er ihr Vatter. Sie ſe-
hen auch einander gleich: aber hinten/ vor-
nen iſt ſie/ als ein ſchoͤnes/ lachendes und
frech-entbloͤſtes Weib/ anzuſehen: dañ ſie
reitzet zur Fleiſches-Luſt. Auf dem Haub-
te traͤget ſie eine Krone von Pfaufedern:
diß iſt ein Sinnbild von ihrem Hohfartle-
ben.
Goldketten und Kleinode hangen
ihr an dem Hurenhals/ und unten an der
Kette ein Goldbeutel mit vielen Faͤchern/
an ſtat einer Medalie: erkennet daraus
ihren Geitz und Augen-Luſt. Dieſe ſchoͤn-
ſcheinende Docke bietet er jedem an/ und
ſpricht: dieſe meine Tochter will ich dir/
auch Ehre/ Reichtum und Freude zum
Heurat-Gut/ geben/ ſo du meines theils
ſeyn wilſt.

6 Jhr habt ja etwan geleſen/ wie die
Stadt Venedig Kaiſer Friedrichen den
Rohtbart/ der ſie und den Papſt dariñ be-
laͤgert/ uͤberwunden. Sie ſchickte/ auf ei-
nem Luſt-Schiffe/ eine ſchoͤne Curtiſane
zum Kaiſerlichen Lager: und durch die
Schoͤnheit/ auch durch den Harpffenklang
und Geſang/ dieſer wahren Sirene/ wur-
de der Prinz/ des Kaiſers Sohn verleitet/
daß er zu ihr in das Schiff ſtiege und alſo
gefangen entfuͤhret worden. Dieſen wie-
der zu bekommen/ muſte der Kaiſer dem

Papſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0233" n="205"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach der <hi rendition="#aq">VI</hi> V. U. Bitte.</hi></fw><lb/>
&#x017F;eine Tochter/ und er ihr Vatter. Sie &#x017F;e-<lb/>
hen auch einander gleich: aber hinten/ vor-<lb/>
nen i&#x017F;t &#x017F;ie/ als ein &#x017F;cho&#x0364;nes/ lachendes und<lb/>
frech-entblo&#x0364;&#x017F;tes Weib/ anzu&#x017F;ehen: dan&#x0303; &#x017F;ie<lb/>
reitzet zur <hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ches-Lu&#x017F;t.</hi> Auf dem Haub-<lb/>
te tra&#x0364;get &#x017F;ie eine Krone von Pfaufedern:<lb/>
diß i&#x017F;t ein Sinnbild von ihrem <hi rendition="#fr">Hohfartle-<lb/>
ben.</hi> Goldketten und Kleinode hangen<lb/>
ihr an dem Hurenhals/ und unten an der<lb/>
Kette ein Goldbeutel mit vielen Fa&#x0364;chern/<lb/>
an &#x017F;tat einer Medalie: erkennet daraus<lb/>
ihren Geitz und <hi rendition="#fr">Augen-Lu&#x017F;t.</hi> Die&#x017F;e &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;cheinende Docke bietet er jedem an/ und<lb/>
&#x017F;pricht: die&#x017F;e meine Tochter will ich dir/<lb/>
auch Ehre/ Reichtum und Freude zum<lb/>
Heurat-Gut/ geben/ &#x017F;o du meines theils<lb/>
&#x017F;eyn wil&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>6 Jhr habt ja etwan gele&#x017F;en/ wie die<lb/>
Stadt Venedig Kai&#x017F;er Friedrichen den<lb/>
Rohtbart/ der &#x017F;ie und den Pap&#x017F;t darin&#x0303; be-<lb/>
la&#x0364;gert/ u&#x0364;berwunden. Sie &#x017F;chickte/ auf ei-<lb/>
nem Lu&#x017F;t-Schiffe/ eine &#x017F;cho&#x0364;ne Curti&#x017F;ane<lb/>
zum Kai&#x017F;erlichen Lager: und durch die<lb/>
Scho&#x0364;nheit/ auch durch den Harpffenklang<lb/>
und Ge&#x017F;ang/ die&#x017F;er wahren Sirene/ wur-<lb/>
de der Prinz/ des Kai&#x017F;ers Sohn verleitet/<lb/>
daß er zu ihr in das <hi rendition="#fr">S</hi>chiff &#x017F;tiege und al&#x017F;o<lb/>
gefangen entfu&#x0364;hret worden. Die&#x017F;en wie-<lb/>
der zu bekommen/ mu&#x017F;te der Kai&#x017F;er dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Pap&#x017F;t</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0233] nach der VI V. U. Bitte. ſeine Tochter/ und er ihr Vatter. Sie ſe- hen auch einander gleich: aber hinten/ vor- nen iſt ſie/ als ein ſchoͤnes/ lachendes und frech-entbloͤſtes Weib/ anzuſehen: dañ ſie reitzet zur Fleiſches-Luſt. Auf dem Haub- te traͤget ſie eine Krone von Pfaufedern: diß iſt ein Sinnbild von ihrem Hohfartle- ben. Goldketten und Kleinode hangen ihr an dem Hurenhals/ und unten an der Kette ein Goldbeutel mit vielen Faͤchern/ an ſtat einer Medalie: erkennet daraus ihren Geitz und Augen-Luſt. Dieſe ſchoͤn- ſcheinende Docke bietet er jedem an/ und ſpricht: dieſe meine Tochter will ich dir/ auch Ehre/ Reichtum und Freude zum Heurat-Gut/ geben/ ſo du meines theils ſeyn wilſt. 6 Jhr habt ja etwan geleſen/ wie die Stadt Venedig Kaiſer Friedrichen den Rohtbart/ der ſie und den Papſt dariñ be- laͤgert/ uͤberwunden. Sie ſchickte/ auf ei- nem Luſt-Schiffe/ eine ſchoͤne Curtiſane zum Kaiſerlichen Lager: und durch die Schoͤnheit/ auch durch den Harpffenklang und Geſang/ dieſer wahren Sirene/ wur- de der Prinz/ des Kaiſers Sohn verleitet/ daß er zu ihr in das Schiff ſtiege und alſo gefangen entfuͤhret worden. Dieſen wie- der zu bekommen/ muſte der Kaiſer dem Papſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681/233
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681/233>, abgerufen am 04.05.2024.