Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesprächspiel-Gesellschaft.
Ehre lassen wolte/ am ersten zureden.
Endlich fienge sie an: Ich dachte/ das
Glück habe mich zum Haupt der Reden-
den gemacht; aber nun sihe ich mich eine
Königinn stummer Bilder/ und einsam
mitten in der Gesellschaft. Von dem
Verstand im Haupte/ (sagte Dorilis/)
erwartet die Zunge Befehl/ was sie re-
den soll. Ich nehme Anlaß von eurem
Stillschweigen/ (versetzte Sylvia/ nach
kurzem Bedacht/) dir Alcidorn/ den ich
so kurzweilig als sinnreich erkenne/ zube-
fehlen/ daß du/ einem Gesprächspiel von
der Einsamkeit/ den Anfang machest.
Auf Befehl/ (antwortete er/) soll und
will ich diesem Spiel solche Maß geben/
daß unser jedes ihme einen zur Einsam-
keit bequemen Ort erwehle; die Ursach/
warüm er in ein einsames Leben sich be-
geben wolle/ vorbringe/ und solche mit ei-
nem Reimspruch erweislich mache. Hier-
auf sollen zweye/ so die wichtigste Ursach
ihrer erwehlten Einsamkeit vorgebracht/
zu Richtern erwehlet werden/ und der
andern jedem eine Frage zu beantworten

vor-

Geſpraͤchſpiel-Geſellſchaft.
Ehre laſſen wolte/ am erſten zureden.
Endlich fienge ſie an: Ich dachte/ das
Gluͤck habe mich zum Haupt der Reden-
den gemacht; aber nun ſihe ich mich eine
Koͤniginn ſtummer Bilder/ und einſam
mitten in der Geſellſchaft. Von dem
Verſtand im Haupte/ (ſagte Dorilis/)
erwartet die Zunge Befehl/ was ſie re-
den ſoll. Ich nehme Anlaß von eurem
Stillſchweigen/ (verſetzte Sylvia/ nach
kurzem Bedacht/) dir Alcidorn/ den ich
ſo kurzweilig als ſinnreich erkenne/ zube-
fehlen/ daß du/ einem Geſpraͤchſpiel von
der Einſamkeit/ den Anfang macheſt.
Auf Befehl/ (antwortete er/) ſoll und
will ich dieſem Spiel ſolche Maß geben/
daß unſer jedes ihme einen zur Einſam-
keit bequemen Ort erwehle; die Urſach/
waruͤm er in ein einſames Leben ſich be-
geben wolle/ vorbringe/ und ſolche mit ei-
nem Reimſpruch erweiſlich mache. Hier-
auf ſollen zweye/ ſo die wichtigſte Urſach
ihrer erwehlten Einſamkeit vorgebracht/
zu Richtern erwehlet werden/ und der
andern jedem eine Frage zu beantworten

vor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;piel-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.</hi></fw><lb/>
Ehre la&#x017F;&#x017F;en wolte/ am er&#x017F;ten zureden.<lb/>
Endlich fienge &#x017F;ie an: Ich dachte/ das<lb/>
Glu&#x0364;ck habe mich zum Haupt der Reden-<lb/>
den gemacht; aber nun &#x017F;ihe ich mich eine<lb/>
Ko&#x0364;niginn &#x017F;tummer Bilder/ und ein&#x017F;am<lb/>
mitten in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Von dem<lb/>
Ver&#x017F;tand im Haupte/ (&#x017F;agte Dorilis/)<lb/>
erwartet die Zunge Befehl/ was &#x017F;ie re-<lb/>
den &#x017F;oll. Ich nehme Anlaß von <choice><corr>eurem</corr><sic>enrem</sic></choice><lb/>
Still&#x017F;chweigen/ (ver&#x017F;etzte Sylvia/ nach<lb/>
kurzem Bedacht/) dir Alcidorn/ den ich<lb/>
&#x017F;o kurzweilig als &#x017F;innreich erkenne/ zube-<lb/>
fehlen/ daß du/ einem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;piel von<lb/>
der Ein&#x017F;amkeit/ den Anfang mache&#x017F;t.<lb/>
Auf Befehl/ (antwortete er/) &#x017F;oll und<lb/>
will ich die&#x017F;em Spiel &#x017F;olche Maß geben/<lb/>
daß un&#x017F;er jedes ihme einen zur Ein&#x017F;am-<lb/>
keit bequemen Ort erwehle; die Ur&#x017F;ach/<lb/>
waru&#x0364;m er in ein ein&#x017F;ames Leben &#x017F;ich be-<lb/>
geben wolle/ vorbringe/ und &#x017F;olche mit ei-<lb/>
nem Reim&#x017F;pruch erwei&#x017F;lich mache. Hier-<lb/>
auf &#x017F;ollen zweye/ &#x017F;o die wichtig&#x017F;te Ur&#x017F;ach<lb/>
ihrer erwehlten Ein&#x017F;amkeit vorgebracht/<lb/>
zu Richtern erwehlet werden/ und der<lb/>
andern jedem eine Frage zu beantworten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0090] Geſpraͤchſpiel-Geſellſchaft. Ehre laſſen wolte/ am erſten zureden. Endlich fienge ſie an: Ich dachte/ das Gluͤck habe mich zum Haupt der Reden- den gemacht; aber nun ſihe ich mich eine Koͤniginn ſtummer Bilder/ und einſam mitten in der Geſellſchaft. Von dem Verſtand im Haupte/ (ſagte Dorilis/) erwartet die Zunge Befehl/ was ſie re- den ſoll. Ich nehme Anlaß von eurem Stillſchweigen/ (verſetzte Sylvia/ nach kurzem Bedacht/) dir Alcidorn/ den ich ſo kurzweilig als ſinnreich erkenne/ zube- fehlen/ daß du/ einem Geſpraͤchſpiel von der Einſamkeit/ den Anfang macheſt. Auf Befehl/ (antwortete er/) ſoll und will ich dieſem Spiel ſolche Maß geben/ daß unſer jedes ihme einen zur Einſam- keit bequemen Ort erwehle; die Urſach/ waruͤm er in ein einſames Leben ſich be- geben wolle/ vorbringe/ und ſolche mit ei- nem Reimſpruch erweiſlich mache. Hier- auf ſollen zweye/ ſo die wichtigſte Urſach ihrer erwehlten Einſamkeit vorgebracht/ zu Richtern erwehlet werden/ und der andern jedem eine Frage zu beantworten vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/90
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/90>, abgerufen am 09.05.2024.