Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

und Todt-Lebenden.
zu lieben. Sie ermordet ihn/ (versetzte
Palämon/) nicht durch ihre liebreiche
Schönheit/ sondern durch lieblose Här-
tigkeit. Man ist ein Mörder dessen/ den
man sterben lässet/ da man ihm hätte kön-
nen das Leben fristen.

Ihr seyt uberstimmet/ Edle Nymfen!
(sagte Cleodor/) und könnet/ zu meinem
Trost/ nun nicht mehr leugnen/ daß ihr
an uns Märterern zu Mörderinnen wer-
det. Wir geben noch nit gewonnen!
widersprache Sylvia. Ich und meine
Gespielinnen haben keine Schuld daran/
wann deine Geliebte mit dir Krieg füh-
ret. Glükselig wäre ich/ (gabe er zur
Antwort/) wann sie es thäte: ich hätte
sodann/ mit der Hofnung des Sieges/
mir zu schmeicheln. Aber/ sie versagt
mir durres und grünes/ und will weder
Kriegen/ noch Frieden mit mir halten.
Und was das ärgste ist/ sie tödet und brä-
tet mich langsam an dem Feuer ihrer
Kaltsinnigkeit/ und macht mich täglich
sterben. Du hast viel Worte/ (ward
ihm von Galatheen vorgestossen/) diese

Unschul-
E iij

und Todt-Lebenden.
zu lieben. Sie ermordet ihn/ (verſetzte
Palaͤmon/) nicht durch ihre liebreiche
Schoͤnheit/ ſondern durch liebloſe Haͤr-
tigkeit. Man iſt ein Moͤrder deſſen/ den
man ſterben laͤſſet/ da man ihm haͤtte koͤn-
nen das Leben friſten.

Ihr ſeyt ůberſtimmet/ Edle Nymfen!
(ſagte Cleodor/) und koͤnnet/ zu meinem
Troſt/ nun nicht mehr leugnen/ daß ihr
an uns Maͤrterern zu Moͤrderinnen wer-
det. Wir geben noch nit gewonnen!
widerſprache Sylvia. Ich und meine
Geſpielinnen haben keine Schuld daran/
wann deine Geliebte mit dir Krieg fuͤh-
ret. Gluͤkſelig waͤre ich/ (gabe er zur
Antwort/) wann ſie es thaͤte: ich haͤtte
ſodann/ mit der Hofnung des Sieges/
mir zu ſchmeicheln. Aber/ ſie verſagt
mir důrres und gruͤnes/ und will weder
Kriegen/ noch Frieden mit mir halten.
Und was das aͤrgſte iſt/ ſie toͤdet und braͤ-
tet mich langſam an dem Feuer ihrer
Kaltſinnigkeit/ und macht mich taͤglich
ſterben. Du haſt viel Worte/ (ward
ihm von Galatheen vorgeſtoſſen/) dieſe

Unſchul-
E iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">und Todt-Lebenden.</hi></fw><lb/>
zu lieben. Sie ermordet ihn/ (ver&#x017F;etzte<lb/>
Pala&#x0364;mon/) nicht durch ihre liebreiche<lb/>
Scho&#x0364;nheit/ &#x017F;ondern durch lieblo&#x017F;e Ha&#x0364;r-<lb/>
tigkeit. Man i&#x017F;t ein Mo&#x0364;rder de&#x017F;&#x017F;en/ den<lb/>
man &#x017F;terben la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ da man ihm ha&#x0364;tte ko&#x0364;n-<lb/>
nen das Leben fri&#x017F;ten.</p><lb/>
        <p>Ihr &#x017F;eyt &#x016F;ber&#x017F;timmet/ Edle Nymfen!<lb/>
(&#x017F;agte Cleodor/) und ko&#x0364;nnet/ zu meinem<lb/>
Tro&#x017F;t/ nun nicht mehr leugnen/ daß ihr<lb/>
an uns Ma&#x0364;rterern zu Mo&#x0364;rderinnen wer-<lb/>
det. Wir geben noch nit gewonnen!<lb/>
wider&#x017F;prache Sylvia. Ich und meine<lb/>
Ge&#x017F;pielinnen haben keine Schuld daran/<lb/>
wann deine Geliebte mit dir Krieg fu&#x0364;h-<lb/>
ret. Glu&#x0364;k&#x017F;elig wa&#x0364;re ich/ (gabe er zur<lb/>
Antwort/) wann &#x017F;ie es tha&#x0364;te: ich ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;odann/ mit der Hofnung des Sieges/<lb/>
mir zu &#x017F;chmeicheln. Aber/ &#x017F;ie ver&#x017F;agt<lb/>
mir d&#x016F;rres und gru&#x0364;nes/ und will weder<lb/>
Kriegen/ noch Frieden mit mir halten.<lb/>
Und was das a&#x0364;rg&#x017F;te i&#x017F;t/ &#x017F;ie to&#x0364;det und bra&#x0364;-<lb/>
tet mich lang&#x017F;am an dem Feuer ihrer<lb/>
Kalt&#x017F;innigkeit/ und macht mich ta&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;terben. Du ha&#x017F;t viel Worte/ (ward<lb/>
ihm von Galatheen vorge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/) die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E iij</fw><fw place="bottom" type="catch">Un&#x017F;chul-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0105] und Todt-Lebenden. zu lieben. Sie ermordet ihn/ (verſetzte Palaͤmon/) nicht durch ihre liebreiche Schoͤnheit/ ſondern durch liebloſe Haͤr- tigkeit. Man iſt ein Moͤrder deſſen/ den man ſterben laͤſſet/ da man ihm haͤtte koͤn- nen das Leben friſten. Ihr ſeyt ůberſtimmet/ Edle Nymfen! (ſagte Cleodor/) und koͤnnet/ zu meinem Troſt/ nun nicht mehr leugnen/ daß ihr an uns Maͤrterern zu Moͤrderinnen wer- det. Wir geben noch nit gewonnen! widerſprache Sylvia. Ich und meine Geſpielinnen haben keine Schuld daran/ wann deine Geliebte mit dir Krieg fuͤh- ret. Gluͤkſelig waͤre ich/ (gabe er zur Antwort/) wann ſie es thaͤte: ich haͤtte ſodann/ mit der Hofnung des Sieges/ mir zu ſchmeicheln. Aber/ ſie verſagt mir důrres und gruͤnes/ und will weder Kriegen/ noch Frieden mit mir halten. Und was das aͤrgſte iſt/ ſie toͤdet und braͤ- tet mich langſam an dem Feuer ihrer Kaltſinnigkeit/ und macht mich taͤglich ſterben. Du haſt viel Worte/ (ward ihm von Galatheen vorgeſtoſſen/) dieſe Unſchul- E iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/105
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/105>, abgerufen am 06.05.2024.