Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.das todverhaffte Volk. Zwar ihrer wurd erfüllet/ doch nicht der Ihren Wunsch. An jhr hat sich gestillet des Todes Grimm/ der sich dorft sonst nicht lassen aus. Die viel aus Todeshaft führt in das Lebenshaus/ must es verlassen selbst. Schreibt dieses/ ihr Poeten/ in ewigs Tafel Ertz! Ihr auch habt/ ihr Propheten/ ein Theil an diesem Lob. Das Kammerglöcklein klingt. Die theure Claudia sich selbst von Himmel schwingt und ruffet sie zu sich. das Hertz must jhr es sagen. doch will sie minder Sorg üm sich/ als andre/ tragen. die Ihrigen jhr sind/ mehr als jhr Leben/ lieb. Sie flehet/ daß allein jhr Printz bey Leben blieb/ den Sternenprintzen an; durch den die Kron der Erden das Ertzhaus und sein Haubt noch soll getröstet werden. Sie selbst will sterben gern/ wenn der nur leben soll. Sie wünscht/ daß es/ nicht ihr/ den Ihren/ gehe wol. Nun das mitleidig Hertz/ das wie die Zedern flosse und voller reiches Ruchs Hartz der Erbarmung gosse/ das hertzlich Hertz ist hin/ die wundermildte Hand. Die Landesmutter wird vermisset in dem Land/ die Freundlichkeit selbselbst. Ein Röslein/ wie sie sagen soll riechen noch so reich/ und noch so schön sich tragen/ wann eine schlechte Pflantz ihr an der Seiten steht und in unruchbarn Kraut jhr Stock spatziren geht; Leopoldinen Bild: die jhre hohe Sinnen hat niedern Leuten auch oft gerne mögen gönnen/ sich jhnen theilen mit. Schlecht war jhr nicht zu schlecht; gab beyden gern Gehör/ dem Herren und dem Knecht. " So thut auch unser Gott. Er hat sich hoch gesetzet/ " und sihet doch auf das/ was nidrig ist geschätzet. " Ihr Götter folgt ihm nach/ die ihr auf Erden seyt/ " was er im Himmel ist; lasst eure Freundlichkeit/ " gleich wie die Sonn jhr Liecht/ auf groß und kleine schiessen. " Hoch sonder Hohfart seyn/ sich hocherhaben wissen " und doch erheben nicht/ üm Liebe seyn geehrt/ " diß Lob Gott eygen ist und eines Fürsten wehrt/ der
das todverhaffte Volk. Zwar ihrer wurd erfuͤllet/ doch nicht der Ihren Wunſch. An jhr hat ſich geſtillet des Todes Grim̃/ der ſich dorft ſonſt nicht laſſen aus. Die viel aus Todeshaft fuͤhrt in das Lebenshaus/ muſt es verlaſſen ſelbſt. Schreibt dieſes/ ihr Poeten/ in ewigs Tafel Ertz! Ihr auch habt/ ihr Propheten/ ein Theil an dieſem Lob. Das Kammergloͤcklein klingt. Die theure Claudia ſich ſelbſt von Himmel ſchwingt und ruffet ſie zu ſich. das Hertz muſt jhr es ſagen. doch will ſie minder Sorg uͤm ſich/ als andre/ tragen. die Ihrigen jhr ſind/ mehr als jhr Leben/ lieb. Sie flehet/ daß allein jhr Printz bey Leben blieb/ den Sternenprintzen an; durch den die Kron der Erden das Ertzhaus und ſein Haubt noch ſoll getroͤſtet werden. Sie ſelbſt will ſterben gern/ wenn der nur leben ſoll. Sie wuͤnſcht/ daß es/ nicht ihr/ den Ihren/ gehe wol. Nun das mitleidig Hertz/ das wie die Zedern floſſe und voller reiches Ruchs Hartz der Erbarmung goſſe/ das hertzlich Hertz iſt hin/ die wundermildte Hand. Die Landesmutter wird vermiſſet in dem Land/ die Freundlichkeit ſelbſelbſt. Ein Roͤslein/ wie ſie ſagen ſoll riechen noch ſo reich/ und noch ſo ſchoͤn ſich tragen/ wann eine ſchlechte Pflantz ihr an der Seiten ſteht und in unruchbarn Kraut jhr Stock ſpatziren geht; Leopoldinen Bild: die jhre hohe Sinnen hat niedern Leuten auch oft gerne moͤgen goͤnnen/ ſich jhnen theilen mit. Schlecht war jhr nicht zu ſchlecht; gab beyden gern Gehoͤr/ dem Herren und dem Knecht. „ So thut auch unſer Gott. Er hat ſich hoch geſetzet/ „ und ſihet doch auf das/ was nidrig iſt geſchaͤtzet. „ Ihr Goͤtter folgt ihm nach/ die ihr auf Erden ſeyt/ „ was er im Himmel iſt; laſſt eure Freundlichkeit/ „ gleich wie die Sonn jhr Liecht/ auf groß und kleine ſchieſſen. „ Hoch ſonder Hohfart ſeyn/ ſich hocherhaben wiſſen „ und doch erheben nicht/ uͤm Liebe ſeyn geehrt/ „ diß Lob Gott eygen iſt und eines Fuͤrſten wehrt/ der
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des Todes Grim̃/ der ſich dorft ſonſt nicht laſſen aus.
Die viel aus Todeshaft fuͤhrt in das Lebenshaus/
muſt es verlaſſen ſelbſt. Schreibt dieſes/ ihr Poeten/
in ewigs Tafel Ertz! Ihr auch habt/ ihr Propheten/
ein Theil an dieſem Lob. Das Kammergloͤcklein klingt.
Die theure Claudia ſich ſelbſt von Himmel ſchwingt
und ruffet ſie zu ſich. das Hertz muſt jhr es ſagen.
doch will ſie minder Sorg uͤm ſich/ als andre/ tragen.
die Ihrigen jhr ſind/ mehr als jhr Leben/ lieb.
Sie flehet/ daß allein jhr Printz bey Leben blieb/
den Sternenprintzen an; durch den die Kron der Erden
das Ertzhaus und ſein Haubt noch ſoll getroͤſtet werden.
Sie ſelbſt will ſterben gern/ wenn der nur leben ſoll.
Sie wuͤnſcht/ daß es/ nicht ihr/ den Ihren/ gehe wol.
Nun das mitleidig Hertz/ das wie die Zedern floſſe
und voller reiches Ruchs Hartz der Erbarmung goſſe/
das hertzlich Hertz iſt hin/ die wundermildte Hand.
Die Landesmutter wird vermiſſet in dem Land/
die Freundlichkeit ſelbſelbſt. Ein Roͤslein/ wie ſie ſagen
ſoll riechen noch ſo reich/ und noch ſo ſchoͤn ſich tragen/
wann eine ſchlechte Pflantz ihr an der Seiten ſteht
und in unruchbarn Kraut jhr Stock ſpatziren geht;
Leopoldinen Bild: die jhre hohe Sinnen
hat niedern Leuten auch oft gerne moͤgen goͤnnen/
ſich jhnen theilen mit. Schlecht war jhr nicht zu ſchlecht;
gab beyden gern Gehoͤr/ dem Herren und dem Knecht.
„ So thut auch unſer Gott. Er hat ſich hoch geſetzet/
„ und ſihet doch auf das/ was nidrig iſt geſchaͤtzet.
„ Ihr Goͤtter folgt ihm nach/ die ihr auf Erden ſeyt/
„ was er im Himmel iſt; laſſt eure Freundlichkeit/
„ gleich wie die Sonn jhr Liecht/ auf groß und kleine
ſchieſſen.
„ Hoch ſonder Hohfart ſeyn/ ſich hocherhaben wiſſen
„ und doch erheben nicht/ uͤm Liebe ſeyn geehrt/
„ diß Lob Gott eygen iſt und eines Fuͤrſten wehrt/
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