-- Wir werden uns nachher mit einer Ver¬ gehung zu befassen haben, die leider den beiden Selekten, wie es allen Anschein hat, ausnahmslos zur Last fällt, mit einer Vergehung, die schlimm, rhm, sehr schlimm ist, die wir aber im Vergleich mit der Büberei dieses Menschen noch gelinde an¬ sehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich sage: vielleicht, annehmen, daß dieses Vergehen der Selektaner mehr ein übermütiger Jungenstreich als ein Beweis für böse Lust ist. Aber hier, rhm, hier, meine Herren Kollegen, hier ist sittliche Ver¬ lumptheit! Hier ist, rhm, Seuchenstoff gefährlichster Art! Hier ist geil wucherndes Unkraut!
Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz im Stile des Direktors kannte, erlaubte sich, ein¬ zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht sei, den Fliczek einstweilen hinauszuschicken.
-- Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit diesem Burschen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, sag ich, Fliczek!
Fliczek ging.
-- Es ist keine Frage, meine Herren, daß wir, rhm, daß wir diesen gefährlichen Buben entlassen müssen. Dank der Anzeige des Kol¬ legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,
Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel.
— Wir werden uns nachher mit einer Ver¬ gehung zu befaſſen haben, die leider den beiden Selekten, wie es allen Anſchein hat, ausnahmslos zur Laſt fällt, mit einer Vergehung, die ſchlimm, rhm, ſehr ſchlimm iſt, die wir aber im Vergleich mit der Büberei dieſes Menſchen noch gelinde an¬ ſehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich ſage: vielleicht, annehmen, daß dieſes Vergehen der Selektaner mehr ein übermütiger Jungenſtreich als ein Beweis für böſe Luſt iſt. Aber hier, rhm, hier, meine Herren Kollegen, hier iſt ſittliche Ver¬ lumptheit! Hier iſt, rhm, Seuchenſtoff gefährlichſter Art! Hier iſt geil wucherndes Unkraut!
Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz im Stile des Direktors kannte, erlaubte ſich, ein¬ zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht ſei, den Fliczek einſtweilen hinauszuſchicken.
— Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit dieſem Burſchen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, ſag ich, Fliczek!
Fliczek ging.
— Es iſt keine Frage, meine Herren, daß wir, rhm, daß wir dieſen gefährlichen Buben entlaſſen müſſen. Dank der Anzeige des Kol¬ legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,
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Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel.
— Wir werden uns nachher mit einer Ver¬
gehung zu befaſſen haben, die leider den beiden
Selekten, wie es allen Anſchein hat, ausnahmslos
zur Laſt fällt, mit einer Vergehung, die ſchlimm,
rhm, ſehr ſchlimm iſt, die wir aber im Vergleich
mit der Büberei dieſes Menſchen noch gelinde an¬
ſehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich ſage:
vielleicht, annehmen, daß dieſes Vergehen der
Selektaner mehr ein übermütiger Jungenſtreich als
ein Beweis für böſe Luſt iſt. Aber hier, rhm,
hier, meine Herren Kollegen, hier iſt ſittliche Ver¬
lumptheit! Hier iſt, rhm, Seuchenſtoff gefährlichſter
Art! Hier iſt geil wucherndes Unkraut!
Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz
im Stile des Direktors kannte, erlaubte ſich, ein¬
zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht ſei, den
Fliczek einſtweilen hinauszuſchicken.
— Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit dieſem
Burſchen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, ſag
ich, Fliczek!
Fliczek ging.
— Es iſt keine Frage, meine Herren, daß
wir, rhm, daß wir dieſen gefährlichen Buben
entlaſſen müſſen. Dank der Anzeige des Kol¬
legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,
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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/83>, abgerufen am 27.11.2024.
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