Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch, sechstes Kapitel.

-- Wir werden uns nachher mit einer Ver¬
gehung zu befassen haben, die leider den beiden
Selekten, wie es allen Anschein hat, ausnahmslos
zur Last fällt, mit einer Vergehung, die schlimm,
rhm, sehr schlimm ist, die wir aber im Vergleich
mit der Büberei dieses Menschen noch gelinde an¬
sehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich sage:
vielleicht, annehmen, daß dieses Vergehen der
Selektaner mehr ein übermütiger Jungenstreich als
ein Beweis für böse Lust ist. Aber hier, rhm,
hier, meine Herren Kollegen, hier ist sittliche Ver¬
lumptheit! Hier ist, rhm, Seuchenstoff gefährlichster
Art! Hier ist geil wucherndes Unkraut!

Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz
im Stile des Direktors kannte, erlaubte sich, ein¬
zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht sei, den
Fliczek einstweilen hinauszuschicken.

-- Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit diesem
Burschen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, sag
ich, Fliczek!

Fliczek ging.

-- Es ist keine Frage, meine Herren, daß
wir, rhm, daß wir diesen gefährlichen Buben
entlassen müssen. Dank der Anzeige des Kol¬
legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,

Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel.

— Wir werden uns nachher mit einer Ver¬
gehung zu befaſſen haben, die leider den beiden
Selekten, wie es allen Anſchein hat, ausnahmslos
zur Laſt fällt, mit einer Vergehung, die ſchlimm,
rhm, ſehr ſchlimm iſt, die wir aber im Vergleich
mit der Büberei dieſes Menſchen noch gelinde an¬
ſehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich ſage:
vielleicht, annehmen, daß dieſes Vergehen der
Selektaner mehr ein übermütiger Jungenſtreich als
ein Beweis für böſe Luſt iſt. Aber hier, rhm,
hier, meine Herren Kollegen, hier iſt ſittliche Ver¬
lumptheit! Hier iſt, rhm, Seuchenſtoff gefährlichſter
Art! Hier iſt geil wucherndes Unkraut!

Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz
im Stile des Direktors kannte, erlaubte ſich, ein¬
zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht ſei, den
Fliczek einſtweilen hinauszuſchicken.

— Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit dieſem
Burſchen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, ſag
ich, Fliczek!

Fliczek ging.

— Es iſt keine Frage, meine Herren, daß
wir, rhm, daß wir dieſen gefährlichen Buben
entlaſſen müſſen. Dank der Anzeige des Kol¬
legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0083" n="69"/>
          <fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch, &#x017F;ech&#x017F;tes Kapitel.<lb/></fw>
          <p>&#x2014; Wir werden uns nachher mit einer Ver¬<lb/>
gehung zu befa&#x017F;&#x017F;en haben, die leider den beiden<lb/>
Selekten, wie es allen An&#x017F;chein hat, ausnahmslos<lb/>
zur La&#x017F;t fällt, mit einer Vergehung, die &#x017F;chlimm,<lb/>
rhm, &#x017F;ehr &#x017F;chlimm i&#x017F;t, die wir aber im Vergleich<lb/>
mit der Büberei die&#x017F;es Men&#x017F;chen noch gelinde an¬<lb/>
&#x017F;ehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich &#x017F;age:<lb/>
vielleicht, annehmen, daß die&#x017F;es Vergehen der<lb/>
Selektaner mehr ein übermütiger Jungen&#x017F;treich als<lb/>
ein Beweis für bö&#x017F;e Lu&#x017F;t i&#x017F;t. Aber hier, rhm,<lb/>
hier, meine Herren Kollegen, hier i&#x017F;t &#x017F;ittliche Ver¬<lb/>
lumptheit! Hier i&#x017F;t, rhm, Seuchen&#x017F;toff gefährlich&#x017F;ter<lb/>
Art! Hier i&#x017F;t geil wucherndes Unkraut!</p><lb/>
          <p>Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz<lb/>
im Stile des Direktors kannte, erlaubte &#x017F;ich, ein¬<lb/>
zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht &#x017F;ei, den<lb/>
Fliczek ein&#x017F;tweilen hinauszu&#x017F;chicken.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit die&#x017F;em<lb/>
Bur&#x017F;chen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, &#x017F;ag<lb/>
ich, Fliczek!</p><lb/>
          <p>Fliczek ging.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Es i&#x017F;t keine Frage, meine Herren, daß<lb/>
wir, rhm, daß wir die&#x017F;en gefährlichen Buben<lb/>
entla&#x017F;&#x017F;en mü&#x017F;&#x017F;en. Dank der Anzeige des Kol¬<lb/>
legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0083] Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel. — Wir werden uns nachher mit einer Ver¬ gehung zu befaſſen haben, die leider den beiden Selekten, wie es allen Anſchein hat, ausnahmslos zur Laſt fällt, mit einer Vergehung, die ſchlimm, rhm, ſehr ſchlimm iſt, die wir aber im Vergleich mit der Büberei dieſes Menſchen noch gelinde an¬ ſehen dürfen. Wir können, vielleicht, rhm, ich ſage: vielleicht, annehmen, daß dieſes Vergehen der Selektaner mehr ein übermütiger Jungenſtreich als ein Beweis für böſe Luſt iſt. Aber hier, rhm, hier, meine Herren Kollegen, hier iſt ſittliche Ver¬ lumptheit! Hier iſt, rhm, Seuchenſtoff gefährlichſter Art! Hier iſt geil wucherndes Unkraut! Der Vizedirektor, der die Steigerungstendenz im Stile des Direktors kannte, erlaubte ſich, ein¬ zuwerfen, ob es nicht wohl angebracht ſei, den Fliczek einſtweilen hinauszuſchicken. — Rhm, ja, ja wohl, hinaus mit dieſem Burſchen! Aber unter Bedeckung! Hinaus, ſag ich, Fliczek! Fliczek ging. — Es iſt keine Frage, meine Herren, daß wir, rhm, daß wir dieſen gefährlichen Buben entlaſſen müſſen. Dank der Anzeige des Kol¬ legen Wippe, der nicht blos als echter Vater,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/83
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/83>, abgerufen am 27.11.2024.