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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, viertes Kapitel.
dem Programm stand er als -- "Rudolph Schonaar"
verzeichnet. Ist das nun ein Stück Selbstironie?
dacht ich mir; hat er wirklich noch den Humor,
sich über sich selbst lustig zu machen? Wie wird er
blos aussehen!? Und, mein Gott, wie wird er
singen?!

Ich war auf alles mögliche gefaßt, aber nicht
auf das, was kam.

Daß ich es kurz sage: Es war eine Leistung!
Ich bin ja freilich kein Kenner auf diesem Gebiete,
aber das getraue ich mir zu sagen: In seiner Art
war die Charge, die unser Schaunard von ehedem
darstellte, ein brillantes Stück grotesk-realistischer
Tingeltangelkunst. Es war im Grunde nieder¬
drückend für mich, was ich sah, und doch ging ein
Gefühl nebenher, das ich so ausdrücken möchte:
Der Kerl imponiert mir doch! So sich über sich
selber zu stellen mit den Mitteln einer zwar
niedrigen, aber in ihrem ganzen Stile fabelhaft
erfaßten Kunst, so das ganze traurige Ergebnis
seines Lebens mit grotesker Laune tragikomisch dem
Pöbel vor die Füße zu werfen, so von oben herab
auf sich selber herumzutreten und doch den Ein¬
druck eines Mannes zu machen, der sich dabei
amüsiert, -- wißt ihr: Das ist kein gewöhnliches

Viertes Buch, viertes Kapitel.
dem Programm ſtand er als — „Rudolph Schonaar“
verzeichnet. Iſt das nun ein Stück Selbſtironie?
dacht ich mir; hat er wirklich noch den Humor,
ſich über ſich ſelbſt luſtig zu machen? Wie wird er
blos ausſehen!? Und, mein Gott, wie wird er
ſingen?!

Ich war auf alles mögliche gefaßt, aber nicht
auf das, was kam.

Daß ich es kurz ſage: Es war eine Leiſtung!
Ich bin ja freilich kein Kenner auf dieſem Gebiete,
aber das getraue ich mir zu ſagen: In ſeiner Art
war die Charge, die unſer Schaunard von ehedem
darſtellte, ein brillantes Stück grotesk-realiſtiſcher
Tingeltangelkunſt. Es war im Grunde nieder¬
drückend für mich, was ich ſah, und doch ging ein
Gefühl nebenher, das ich ſo ausdrücken möchte:
Der Kerl imponiert mir doch! So ſich über ſich
ſelber zu ſtellen mit den Mitteln einer zwar
niedrigen, aber in ihrem ganzen Stile fabelhaft
erfaßten Kunſt, ſo das ganze traurige Ergebnis
ſeines Lebens mit grotesker Laune tragikomiſch dem
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[391/0405] Viertes Buch, viertes Kapitel. dem Programm ſtand er als — „Rudolph Schonaar“ verzeichnet. Iſt das nun ein Stück Selbſtironie? dacht ich mir; hat er wirklich noch den Humor, ſich über ſich ſelbſt luſtig zu machen? Wie wird er blos ausſehen!? Und, mein Gott, wie wird er ſingen?! Ich war auf alles mögliche gefaßt, aber nicht auf das, was kam. Daß ich es kurz ſage: Es war eine Leiſtung! Ich bin ja freilich kein Kenner auf dieſem Gebiete, aber das getraue ich mir zu ſagen: In ſeiner Art war die Charge, die unſer Schaunard von ehedem darſtellte, ein brillantes Stück grotesk-realiſtiſcher Tingeltangelkunſt. Es war im Grunde nieder¬ drückend für mich, was ich ſah, und doch ging ein Gefühl nebenher, das ich ſo ausdrücken möchte: Der Kerl imponiert mir doch! So ſich über ſich ſelber zu ſtellen mit den Mitteln einer zwar niedrigen, aber in ihrem ganzen Stile fabelhaft erfaßten Kunſt, ſo das ganze traurige Ergebnis ſeines Lebens mit grotesker Laune tragikomiſch dem Pöbel vor die Füße zu werfen, ſo von oben herab auf ſich ſelber herumzutreten und doch den Ein¬ druck eines Mannes zu machen, der ſich dabei amüſiert, — wißt ihr: Das iſt kein gewöhnliches

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/405>, abgerufen am 22.11.2024.