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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, zweites Kapitel.
oder . . .? Nein, es steckt schon was irgendwo,
aber immer wieder hundsföttische Anwandlungen.

Zwei Seelen, ach? Aber die andern haben ja
zwei Dutzend! Nur fahren sie nicht so ausein¬
ander . . .

Ein Ziel! Ein Ziel! Herrgott nochmal, end¬
lich ein Ziel! . . .

Also die Zeitschrift! Ja, ja, ja! Ist das
nicht eine That? He? Die neue Litteratur machen?
Die freie Kunst zum ersten Male rücksichtslos pro¬
klamieren! Zum ersten Male sagen: Wir sind
die Herren, kuscht euch, Gesindel! . . . ? . . .

Äh, im Grunde ist mir das wohl auch nicht
grade "Herzblut" . . . Diese ganze Schreiberei
überhaupt: Geplärr . . .

Kann man zeitlebens seine Freude daran haben,
Lesefraß zu kneten? . . . Ist denn Schreiben
Leben? Handlangerei für den besseren Mob!
Kellnergewerbe . . .

Er lächelte nicht mehr. Eine scharfe, steile
Falte teilte seine Stirne. Seine Heiterkeit war
verschwunden.

So ging es ihm immer, wenn er allein über
sich nachdachte. Deshalb brauchte er Leute um
sich, die das wegschwemmten.

Viertes Buch, zweites Kapitel.
oder . . .? Nein, es ſteckt ſchon was irgendwo,
aber immer wieder hundsföttiſche Anwandlungen.

Zwei Seelen, ach? Aber die andern haben ja
zwei Dutzend! Nur fahren ſie nicht ſo ausein¬
ander . . .

Ein Ziel! Ein Ziel! Herrgott nochmal, end¬
lich ein Ziel! . . .

Alſo die Zeitſchrift! Ja, ja, ja! Iſt das
nicht eine That? He? Die neue Litteratur machen?
Die freie Kunſt zum erſten Male rückſichtslos pro¬
klamieren! Zum erſten Male ſagen: Wir ſind
die Herren, kuſcht euch, Geſindel! . . . ? . . .

Äh, im Grunde iſt mir das wohl auch nicht
grade „Herzblut“ . . . Dieſe ganze Schreiberei
überhaupt: Geplärr . . .

Kann man zeitlebens ſeine Freude daran haben,
Leſefraß zu kneten? . . . Iſt denn Schreiben
Leben? Handlangerei für den beſſeren Mob!
Kellnergewerbe . . .

Er lächelte nicht mehr. Eine ſcharfe, ſteile
Falte teilte ſeine Stirne. Seine Heiterkeit war
verſchwunden.

So ging es ihm immer, wenn er allein über
ſich nachdachte. Deshalb brauchte er Leute um
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[329/0343] Viertes Buch, zweites Kapitel. oder . . .? Nein, es ſteckt ſchon was irgendwo, aber immer wieder hundsföttiſche Anwandlungen. Zwei Seelen, ach? Aber die andern haben ja zwei Dutzend! Nur fahren ſie nicht ſo ausein¬ ander . . . Ein Ziel! Ein Ziel! Herrgott nochmal, end¬ lich ein Ziel! . . . Alſo die Zeitſchrift! Ja, ja, ja! Iſt das nicht eine That? He? Die neue Litteratur machen? Die freie Kunſt zum erſten Male rückſichtslos pro¬ klamieren! Zum erſten Male ſagen: Wir ſind die Herren, kuſcht euch, Geſindel! . . . ? . . . Äh, im Grunde iſt mir das wohl auch nicht grade „Herzblut“ . . . Dieſe ganze Schreiberei überhaupt: Geplärr . . . Kann man zeitlebens ſeine Freude daran haben, Leſefraß zu kneten? . . . Iſt denn Schreiben Leben? Handlangerei für den beſſeren Mob! Kellnergewerbe . . . Er lächelte nicht mehr. Eine ſcharfe, ſteile Falte teilte ſeine Stirne. Seine Heiterkeit war verſchwunden. So ging es ihm immer, wenn er allein über ſich nachdachte. Deshalb brauchte er Leute um ſich, die das wegſchwemmten.

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/343>, abgerufen am 22.11.2024.