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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
bis vier Jahren ist er hier in einem Coupee
vierter Klasse angekommen, ganz abgerissen, ohne
die geringsten Verbindungen. Als Reporter hat er
angefangen, d. h. eigentlich blos als Hilfsreporter,
und bei was für Blättern! Es heißt übrigens, daß
er damals in verschollenen modernen Revüen Ge¬
dichte veröffentlicht hat. Jedenfalls hat er, während
er hier beim literararischen Troß mitschuftete, nach
auswärts in Litteraturblättern die unerhörtesten
Brandartikel geschrieben, als wäre er der heimliche
Kaiser der deutschen Litteratur. Ich sage Dir: Dreck
und Feuer, aber angemacht mit Flammpunsch!
Durch eine Serie von Ohrfeigen, die er von einem
Schauspieler kriegte, wurde er berühmt.

-- In der That: Imposant!

-- Ist es auch! Denn diese Ohrfeigenserie
war nichts weiter als ein abgekarteter Coup, wie
sich später herausstellte. Er und der Schauspieler
prügelten sich programmmäßig nach gemeinsam
aufgestelltem Regieplan und zwar mit nachdrück¬
lichster Naturtreue. Wie der Streich geglückt und
ihr Name in allen Zeitungen war, fuhren sie zu¬
sammen in einer offenen Droschke durch die
Friedrichstraße und Stilpe ließ eine höchst amüsante
Ehrenerklärung, die von Witz sprühte, durch die

Stilpe.
bis vier Jahren iſt er hier in einem Coupée
vierter Klaſſe angekommen, ganz abgeriſſen, ohne
die geringſten Verbindungen. Als Reporter hat er
angefangen, d. h. eigentlich blos als Hilfsreporter,
und bei was für Blättern! Es heißt übrigens, daß
er damals in verſchollenen modernen Revüen Ge¬
dichte veröffentlicht hat. Jedenfalls hat er, während
er hier beim literarariſchen Troß mitſchuftete, nach
auswärts in Litteraturblättern die unerhörteſten
Brandartikel geſchrieben, als wäre er der heimliche
Kaiſer der deutſchen Litteratur. Ich ſage Dir: Dreck
und Feuer, aber angemacht mit Flammpunſch!
Durch eine Serie von Ohrfeigen, die er von einem
Schauſpieler kriegte, wurde er berühmt.

— In der That: Impoſant!

— Iſt es auch! Denn dieſe Ohrfeigenſerie
war nichts weiter als ein abgekarteter Coup, wie
ſich ſpäter herausſtellte. Er und der Schauſpieler
prügelten ſich programmmäßig nach gemeinſam
aufgeſtelltem Regieplan und zwar mit nachdrück¬
lichſter Naturtreue. Wie der Streich geglückt und
ihr Name in allen Zeitungen war, fuhren ſie zu¬
ſammen in einer offenen Droſchke durch die
Friedrichſtraße und Stilpe ließ eine höchſt amüſante
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[304/0318] Stilpe. bis vier Jahren iſt er hier in einem Coupée vierter Klaſſe angekommen, ganz abgeriſſen, ohne die geringſten Verbindungen. Als Reporter hat er angefangen, d. h. eigentlich blos als Hilfsreporter, und bei was für Blättern! Es heißt übrigens, daß er damals in verſchollenen modernen Revüen Ge¬ dichte veröffentlicht hat. Jedenfalls hat er, während er hier beim literarariſchen Troß mitſchuftete, nach auswärts in Litteraturblättern die unerhörteſten Brandartikel geſchrieben, als wäre er der heimliche Kaiſer der deutſchen Litteratur. Ich ſage Dir: Dreck und Feuer, aber angemacht mit Flammpunſch! Durch eine Serie von Ohrfeigen, die er von einem Schauſpieler kriegte, wurde er berühmt. — In der That: Impoſant! — Iſt es auch! Denn dieſe Ohrfeigenſerie war nichts weiter als ein abgekarteter Coup, wie ſich ſpäter herausſtellte. Er und der Schauſpieler prügelten ſich programmmäßig nach gemeinſam aufgeſtelltem Regieplan und zwar mit nachdrück¬ lichſter Naturtreue. Wie der Streich geglückt und ihr Name in allen Zeitungen war, fuhren ſie zu¬ ſammen in einer offenen Droſchke durch die Friedrichſtraße und Stilpe ließ eine höchſt amüſante Ehrenerklärung, die von Witz ſprühte, durch die

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/318>, abgerufen am 22.11.2024.