Wesen, zumal in der Bewegung der Hände etwas ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuser schien zu beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe sogar seinen alten Zug von souveräner Ironie und die gewisse, etwas zu deutlich markierte vornehme Lässigkeit der Gesten. Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz wie früher so grandios und dabei mit Genußmiene von sich. Auch seinen alten Stil gab ihm der Nordhäuser ungefähr wieder.
-- Ja, mein Teurer, bis auf diese etwas kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬ ciert, seitdem diese lieblichen Idioten mit den gelben Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es doch: c. i., das ist cum infamia. Nun ja: Eine reizende Phrase. Ich hätte die ganze Sache mehr von diesem ästhetischen Standpunkte ansehen sollen. Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie gut es dieses brave Schicksal eigentlich gedeichselt hat, wie mütterlich vorbereitend. Erst diese Jüng¬ linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur, und drei Monate später dieser Makrokosmos des Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i. So sind die Naturgesetze. Du verstehst mich doch?
-- Ja, aber sag mal: Hast Du denn wirk¬ lich . . . ?
19
Drittes Buch, viertes Kapitel.
Weſen, zumal in der Bewegung der Hände etwas ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuſer ſchien zu beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe ſogar ſeinen alten Zug von ſouveräner Ironie und die gewiſſe, etwas zu deutlich markierte vornehme Läſſigkeit der Geſten. Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz wie früher ſo grandios und dabei mit Genußmiene von ſich. Auch ſeinen alten Stil gab ihm der Nordhäuſer ungefähr wieder.
— Ja, mein Teurer, bis auf dieſe etwas kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬ ciert, ſeitdem dieſe lieblichen Idioten mit den gelben Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es doch: c. i., das iſt cum infamia. Nun ja: Eine reizende Phraſe. Ich hätte die ganze Sache mehr von dieſem äſthetiſchen Standpunkte anſehen ſollen. Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie gut es dieſes brave Schickſal eigentlich gedeichſelt hat, wie mütterlich vorbereitend. Erſt dieſe Jüng¬ linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur, und drei Monate ſpäter dieſer Makrokosmos des Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i. So ſind die Naturgeſetze. Du verſtehſt mich doch?
— Ja, aber ſag mal: Haſt Du denn wirk¬ lich . . . ?
19
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0303"n="289"/><fwplace="top"type="header">Drittes Buch, viertes Kapitel.<lb/></fw> Weſen, zumal in der Bewegung der Hände etwas<lb/>
ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuſer ſchien zu<lb/>
beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe ſogar ſeinen alten<lb/>
Zug von ſouveräner Ironie und die gewiſſe, etwas<lb/>
zu deutlich markierte vornehme Läſſigkeit der Geſten.<lb/>
Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz<lb/>
wie früher ſo grandios und dabei mit Genußmiene<lb/>
von ſich. Auch ſeinen alten Stil gab ihm der<lb/>
Nordhäuſer ungefähr wieder.</p><lb/><p>— Ja, mein Teurer, bis auf dieſe etwas<lb/>
kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬<lb/>
ciert, ſeitdem dieſe lieblichen Idioten mit den gelben<lb/>
Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es<lb/>
doch: <hirendition="#aq">c</hi>. <hirendition="#aq">i</hi>., das iſt <hirendition="#aq">cum infamia</hi>. Nun ja: Eine<lb/>
reizende Phraſe. Ich hätte die ganze Sache mehr<lb/>
von dieſem äſthetiſchen Standpunkte anſehen ſollen.<lb/>
Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie<lb/>
gut es dieſes brave Schickſal eigentlich gedeichſelt<lb/>
hat, wie mütterlich vorbereitend. Erſt dieſe Jüng¬<lb/>
linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur,<lb/>
und drei Monate ſpäter dieſer Makrokosmos des<lb/>
Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal <hirendition="#aq">c</hi>. <hirendition="#aq">i</hi>.<lb/>
So ſind die Naturgeſetze. Du verſtehſt mich doch?</p><lb/><p>— Ja, aber ſag mal: Haſt Du denn wirk¬<lb/>
lich . . . ?</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">19<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[289/0303]
Drittes Buch, viertes Kapitel.
Weſen, zumal in der Bewegung der Hände etwas
ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuſer ſchien zu
beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe ſogar ſeinen alten
Zug von ſouveräner Ironie und die gewiſſe, etwas
zu deutlich markierte vornehme Läſſigkeit der Geſten.
Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz
wie früher ſo grandios und dabei mit Genußmiene
von ſich. Auch ſeinen alten Stil gab ihm der
Nordhäuſer ungefähr wieder.
— Ja, mein Teurer, bis auf dieſe etwas
kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬
ciert, ſeitdem dieſe lieblichen Idioten mit den gelben
Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es
doch: c. i., das iſt cum infamia. Nun ja: Eine
reizende Phraſe. Ich hätte die ganze Sache mehr
von dieſem äſthetiſchen Standpunkte anſehen ſollen.
Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie
gut es dieſes brave Schickſal eigentlich gedeichſelt
hat, wie mütterlich vorbereitend. Erſt dieſe Jüng¬
linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur,
und drei Monate ſpäter dieſer Makrokosmos des
Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i.
So ſind die Naturgeſetze. Du verſtehſt mich doch?
— Ja, aber ſag mal: Haſt Du denn wirk¬
lich . . . ?
19
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/303>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.