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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Drittes Buch, zweites Kapitel.
flügelten Worte der Studentenkneipen über. Auch
war er der fruchtbarste Vermehrer jener un¬
geschriebenen Litteratur, die sich um die Figur der
Wirtin an der Lahn gebildet hat. Er konnte sich
stundenlang damit abgeben, aus einer Zote einen
Reim oder aus einem Reim eine Zote zu locken.
Herauskitzeln nannte er das.

Zuweilen, aber keineswegs oft, kam ihm der
Gedanke, daß er eigentlich etwas Besseres thun
sollte. Dann gruppierte er seine Gedanken um die
Worte "schaal und unerquicklich" und bewarf sich
"mit den faulen Eiern des moralischen Katzen¬
jammers". Aber es war auch nur eine Art Stil¬
übung.

Einmal empfing er die Cenacliers in solcher
Stimmung und hielt zehn Minuten einen Monolog
in Jamben an

Dieses Lotterfleisch voll Alkohol
Und niederträchtiger Verse, die wie Schmeer
Von trichinösen Schweinen blau geädert sind
Und übel riechen wie die Pestilenz
Des ganz bedreckten Nests des Wiedehopfs.

Aber als er zu Ende war, ganz aufgeregt und
wie es schien direkt vor einem stürzenden Thränen¬

Drittes Buch, zweites Kapitel.
flügelten Worte der Studentenkneipen über. Auch
war er der fruchtbarſte Vermehrer jener un¬
geſchriebenen Litteratur, die ſich um die Figur der
Wirtin an der Lahn gebildet hat. Er konnte ſich
ſtundenlang damit abgeben, aus einer Zote einen
Reim oder aus einem Reim eine Zote zu locken.
Herauskitzeln nannte er das.

Zuweilen, aber keineswegs oft, kam ihm der
Gedanke, daß er eigentlich etwas Beſſeres thun
ſollte. Dann gruppierte er ſeine Gedanken um die
Worte „ſchaal und unerquicklich“ und bewarf ſich
„mit den faulen Eiern des moraliſchen Katzen¬
jammers“. Aber es war auch nur eine Art Stil¬
übung.

Einmal empfing er die Cénacliers in ſolcher
Stimmung und hielt zehn Minuten einen Monolog
in Jamben an

Dieſes Lotterfleiſch voll Alkohol
Und niederträchtiger Verſe, die wie Schmeer
Von trichinöſen Schweinen blau geädert ſind
Und übel riechen wie die Peſtilenz
Des ganz bedreckten Neſts des Wiedehopfs.

Aber als er zu Ende war, ganz aufgeregt und
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[231/0245] Drittes Buch, zweites Kapitel. flügelten Worte der Studentenkneipen über. Auch war er der fruchtbarſte Vermehrer jener un¬ geſchriebenen Litteratur, die ſich um die Figur der Wirtin an der Lahn gebildet hat. Er konnte ſich ſtundenlang damit abgeben, aus einer Zote einen Reim oder aus einem Reim eine Zote zu locken. Herauskitzeln nannte er das. Zuweilen, aber keineswegs oft, kam ihm der Gedanke, daß er eigentlich etwas Beſſeres thun ſollte. Dann gruppierte er ſeine Gedanken um die Worte „ſchaal und unerquicklich“ und bewarf ſich „mit den faulen Eiern des moraliſchen Katzen¬ jammers“. Aber es war auch nur eine Art Stil¬ übung. Einmal empfing er die Cénacliers in ſolcher Stimmung und hielt zehn Minuten einen Monolog in Jamben an Dieſes Lotterfleiſch voll Alkohol Und niederträchtiger Verſe, die wie Schmeer Von trichinöſen Schweinen blau geädert ſind Und übel riechen wie die Peſtilenz Des ganz bedreckten Neſts des Wiedehopfs. Aber als er zu Ende war, ganz aufgeregt und wie es ſchien direkt vor einem ſtürzenden Thränen¬

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/245>, abgerufen am 25.11.2024.