Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.Stilpe. -- Ganz fort. Weit weg. Aber frage nicht. Er gab sich hier sonst gerne frivol, weil er -- Jetzt wird mirs aber ängstlich, Schnutchen. -- Du brauchst nicht so spöttisch zu sein. -- Aber nee, ich mein's ernst, auf Ehre. Ich Und sie deklamierte mit unverstellter Genug¬ Wie jene Ritter in der alten Zeit, Die für die Liebe stritten todbereit, Streit ich für Dich und Deine Edelheit. Ich liebe Dich und glühe mich Dir an, Vor Deinen Füßen lieg ich, sieh mich an, Ein Knabe bin ich, küsse mich zum Mann! Nein, bin kein Knabe! Denn ich weiß durch Dich, Was Liebe ist, Dein Blick erweckte mich, Drum sing ich Dank Dir heut und ewiglich! Stilpe. — Ganz fort. Weit weg. Aber frage nicht. Er gab ſich hier ſonſt gerne frivol, weil er — Jetzt wird mirs aber ängſtlich, Schnutchen. — Du brauchſt nicht ſo ſpöttiſch zu ſein. — Aber nee, ich mein's ernſt, auf Ehre. Ich Und ſie deklamierte mit unverſtellter Genug¬ Wie jene Ritter in der alten Zeit, Die für die Liebe ſtritten todbereit, Streit ich für Dich und Deine Edelheit. Ich liebe Dich und glühe mich Dir an, Vor Deinen Füßen lieg ich, ſieh mich an, Ein Knabe bin ich, küſſe mich zum Mann! Nein, bin kein Knabe! Denn ich weiß durch Dich, Was Liebe iſt, Dein Blick erweckte mich, Drum ſing ich Dank Dir heut und ewiglich! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0168" n="154"/> <fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw> <p>— Ganz fort. Weit weg. Aber frage nicht.<lb/> Wir wollen noch einmal fröhlich ſein.</p><lb/> <p>Er gab ſich hier ſonſt gerne frivol, weil er<lb/> fürchtete, im andern Falle ſeine Jugend zu ver¬<lb/> raten, die ihn in dieſem Hauſe immer etwas ge¬<lb/> nierte, aber diesmal konnte er die jugendliche<lb/> Feierlichkeit nicht verleugnen.</p><lb/> <p>— Jetzt wird mirs aber ängſtlich, Schnutchen.<lb/> Wer ſoll mir denn dann Verſe vorleſen?</p><lb/> <p>— Du brauchſt nicht ſo ſpöttiſch zu ſein.</p><lb/> <p>— Aber nee, ich mein's ernſt, auf Ehre. Ich<lb/> kann ſie ja auswendig!</p><lb/> <p>Und ſie deklamierte mit unverſtellter Genug¬<lb/> thuung:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie jene Ritter in der alten Zeit,</l><lb/> <l>Die für die Liebe ſtritten todbereit,</l><lb/> <l>Streit ich für Dich und Deine Edelheit.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Ich liebe Dich und glühe mich Dir an,</l><lb/> <l>Vor Deinen Füßen lieg ich, ſieh mich an,</l><lb/> <l>Ein Knabe bin ich, küſſe mich zum Mann!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Nein, bin kein Knabe! Denn ich weiß durch Dich,</l><lb/> <l>Was Liebe iſt, Dein Blick erweckte mich,</l><lb/> <l>Drum ſing ich Dank Dir heut und ewiglich!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0168]
Stilpe.
— Ganz fort. Weit weg. Aber frage nicht.
Wir wollen noch einmal fröhlich ſein.
Er gab ſich hier ſonſt gerne frivol, weil er
fürchtete, im andern Falle ſeine Jugend zu ver¬
raten, die ihn in dieſem Hauſe immer etwas ge¬
nierte, aber diesmal konnte er die jugendliche
Feierlichkeit nicht verleugnen.
— Jetzt wird mirs aber ängſtlich, Schnutchen.
Wer ſoll mir denn dann Verſe vorleſen?
— Du brauchſt nicht ſo ſpöttiſch zu ſein.
— Aber nee, ich mein's ernſt, auf Ehre. Ich
kann ſie ja auswendig!
Und ſie deklamierte mit unverſtellter Genug¬
thuung:
Wie jene Ritter in der alten Zeit,
Die für die Liebe ſtritten todbereit,
Streit ich für Dich und Deine Edelheit.
Ich liebe Dich und glühe mich Dir an,
Vor Deinen Füßen lieg ich, ſieh mich an,
Ein Knabe bin ich, küſſe mich zum Mann!
Nein, bin kein Knabe! Denn ich weiß durch Dich,
Was Liebe iſt, Dein Blick erweckte mich,
Drum ſing ich Dank Dir heut und ewiglich!
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