Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_068.001 [Beginn Spaltensatz]
Die hätt' ich gern in einen Schrein. p3b_068.102 [Ende Spaltensatz]
Ja leider mag es nimmer sein, p3b_068.103 Daß Gottes Gnade kehre p3b_068.104 Mit Reichtum und mit Ehre p3b_068.105 Je wieder in dasselbe Herz; p3b_068.106 Sie finden Hemmung allerwärts: p3b_068.107 Untreu hält Hof und Leute, p3b_068.108 Gewalt fährt aus auf Beute; p3b_068.109 So Fried' als Recht sind todeswund: p3b_068.110 Die dreie haben kein Geleit, die zwei p3b_068.111 denn werden erst gesund. p3b_068.112 B. Schriftliche Umbildung von Fabeln. p3b_068.113 p3b_068.116 p3b_068.121 p3b_068.125 p3b_068.127 [Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_068.131 Ein alter Haushahn hielt auf einer p3b_068.103 [Ende Spaltensatz]
Scheuer Wache; p3b_068.104 Da kommt ein Fuchs mit schnellem p3b_068.105 Schritt, p3b_068.106 Und ruft: O krähe, Freund, wie ich p3b_068.107 dich fröhlich mache! p3b_068.108 Jch bringe gute Zeitung mit. p3b_068.109 Der Tiere Krieg hört auf; man ist p3b_068.110 der Zwietracht müde; p3b_068.111 Jn unserm Reich ist Ruh' und Friede; p3b_068.001 [Beginn Spaltensatz]
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Scheuer Wache; p3b_068.104 Da kommt ein Fuchs mit schnellem p3b_068.105 Schritt, p3b_068.106 Und ruft: O krähe, Freund, wie ich p3b_068.107 dich fröhlich mache! p3b_068.108 Jch bringe gute Zeitung mit. p3b_068.109 Der Tiere Krieg hört auf; man ist p3b_068.110 der Zwietracht müde; p3b_068.111 Jn unserm Reich ist Ruh' und Friede; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0094" n="68"/> <lb n="p3b_068.001"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>die wolte ich gerne in einen schrîn.</l> <lb n="p3b_068.002"/> <l>jâ leider des enmac niht sîn,</l> <lb n="p3b_068.003"/> <l>daz guot und werltlich êre</l> <lb n="p3b_068.004"/> <l>und gotes hulde mêre</l> <lb n="p3b_068.005"/> <l>zesamene in ein herze komen.</l> <lb n="p3b_068.006"/> <l>stîg' unde wege sint in benomen:</l> <lb n="p3b_068.007"/> <l>untriuwe ist in der sâze,</l> <lb n="p3b_068.008"/> <l>gewalt vert ûf der strâze,</l> <lb n="p3b_068.009"/> <l>frid' unde reht sint sêre wunt:</l> <lb n="p3b_068.010"/> <l>diu driu enhabent geleites niht,</l> <lb n="p3b_068.011"/> <l>diu zwei enwerden ê gesunt.</l> </lg> </hi> </p> <cb/> <lb n="p3b_068.101"/> <lg> <l>Die hätt' ich gern in <hi rendition="#g">einen</hi> Schrein.</l> <lb n="p3b_068.102"/> <l>Ja leider mag es nimmer sein,</l> <lb n="p3b_068.103"/> <l>Daß Gottes Gnade kehre</l> <lb n="p3b_068.104"/> <l>Mit Reichtum und mit Ehre</l> <lb n="p3b_068.105"/> <l>Je wieder in dasselbe Herz;</l> <lb n="p3b_068.106"/> <l>Sie finden Hemmung allerwärts:</l> <lb n="p3b_068.107"/> <l>Untreu hält Hof und Leute,</l> <lb n="p3b_068.108"/> <l>Gewalt fährt aus auf Beute;</l> <lb n="p3b_068.109"/> <l>So Fried' als Recht sind todeswund:</l> <lb n="p3b_068.110"/> <l>Die dreie haben kein Geleit, die zwei</l> <lb n="p3b_068.111"/> <l> <hi rendition="#et">denn werden erst gesund.</hi> </l> </lg> <cb type="end"/> </div> <div n="4"> <lb n="p3b_068.112"/> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">B</hi>. Schriftliche Umbildung von Fabeln.</hi> </head> <p><lb n="p3b_068.113"/> 1. Viele unserer Fabeldichter haben ältere Stoffe abweichend von <lb n="p3b_068.114"/> den älteren Quellen oder mit Zusätzen neu bearbeitet, was zur Lehre <lb n="p3b_068.115"/> dienen kann.</p> <p><lb n="p3b_068.116"/> 2. Die beste Belehrung, wie aus einer Fabel durch Fortspinnen <lb n="p3b_068.117"/> des Geschichtlichen der Fabel und durch Veränderung einzelner Umstände <lb n="p3b_068.118"/> eine neue Fabel gebildet werden kann, giebt Lessing in seinen <lb n="p3b_068.119"/> „Abhandlungen über die Fabel“. (Der Lernende vgl. das Wesentliche <lb n="p3b_068.120"/> <hi rendition="#aq">II</hi>, 166 unserer Poetik.)</p> <p><lb n="p3b_068.121"/> 3. Der Fabeldichter braucht sich nicht sklavisch streng an ein bestimmtes <lb n="p3b_068.122"/> Versmaß zu halten; er kann auch je nach seinem Stoffe <lb n="p3b_068.123"/> einzelne Zeilen verkürzen oder verlängern, sofern die Pausen in Anrechnung <lb n="p3b_068.124"/> kommen.</p> <p><lb n="p3b_068.125"/> 4. Bei der Fabel kommt es vor allem auf Einfachheit der Darstellung <lb n="p3b_068.126"/> an, auf kindlich=naive Ausdrucksweise.</p> <p><lb n="p3b_068.127"/><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 1. <hi rendition="#g">Nachstehender Stoff soll im jambischen Rhythmus <lb n="p3b_068.128"/> erzählt werden. Die Länge der Zeilen und der rhythmischen <lb n="p3b_068.129"/> Reihen ist dem Belieben anheimgegeben.</hi></p> <lb n="p3b_068.130"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Stoff.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_068.131"/> Ein alter Haushahn hielt auf <lb n="p3b_068.132"/> einer Scheuer Wache. │ Er sah einen <lb n="p3b_068.133"/> Fuchs herbei eilen. │ Schon von weitem <lb n="p3b_068.134"/> rief dieser dem Hahne zu: „Freue dich, <lb n="p3b_068.135"/> Freund, │ ich bringe frohe Kunde: │ <lb n="p3b_068.136"/> Der Krieg der Tiere unter einander <lb n="p3b_068.137"/> hört auf. │ Von nun an wird <lb n="p3b_068.138"/> Friede und Freundschaft herrschen. │<cb/> <lb n="p3b_068.101"/> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Lösung. Von Fr.</hi> v. <hi rendition="#g">Hagedorn.</hi></hi> <lb n="p3b_068.102"/> <lg><l>Ein alter Haushahn hielt auf einer</l><lb n="p3b_068.103"/><l><hi rendition="#et">Scheuer Wache;</hi></l><lb n="p3b_068.104"/><l>Da kommt ein Fuchs mit schnellem</l><lb n="p3b_068.105"/><l><hi rendition="#et">Schritt,</hi></l><lb n="p3b_068.106"/><l>Und ruft: O krähe, Freund, wie ich</l><lb n="p3b_068.107"/><l><hi rendition="#et">dich fröhlich mache!</hi></l><lb n="p3b_068.108"/><l>Jch bringe gute Zeitung mit.</l><lb n="p3b_068.109"/><l>Der Tiere Krieg hört auf; man ist</l><lb n="p3b_068.110"/><l><hi rendition="#et">der Zwietracht müde;</hi></l><lb n="p3b_068.111"/><l>Jn unserm Reich ist Ruh' und Friede;</l></lg><cb type="end"/> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0094]
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jâ leider des enmac niht sîn, p3b_068.003
daz guot und werltlich êre p3b_068.004
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Die hätt' ich gern in einen Schrein. p3b_068.102
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denn werden erst gesund.
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B. Schriftliche Umbildung von Fabeln. p3b_068.113
1. Viele unserer Fabeldichter haben ältere Stoffe abweichend von p3b_068.114
den älteren Quellen oder mit Zusätzen neu bearbeitet, was zur Lehre p3b_068.115
dienen kann.
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2. Die beste Belehrung, wie aus einer Fabel durch Fortspinnen p3b_068.117
des Geschichtlichen der Fabel und durch Veränderung einzelner Umstände p3b_068.118
eine neue Fabel gebildet werden kann, giebt Lessing in seinen p3b_068.119
„Abhandlungen über die Fabel“. (Der Lernende vgl. das Wesentliche p3b_068.120
II, 166 unserer Poetik.)
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3. Der Fabeldichter braucht sich nicht sklavisch streng an ein bestimmtes p3b_068.122
Versmaß zu halten; er kann auch je nach seinem Stoffe p3b_068.123
einzelne Zeilen verkürzen oder verlängern, sofern die Pausen in Anrechnung p3b_068.124
kommen.
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4. Bei der Fabel kommt es vor allem auf Einfachheit der Darstellung p3b_068.126
an, auf kindlich=naive Ausdrucksweise.
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Aufgabe 1. Nachstehender Stoff soll im jambischen Rhythmus p3b_068.128
erzählt werden. Die Länge der Zeilen und der rhythmischen p3b_068.129
Reihen ist dem Belieben anheimgegeben.
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Stoff.
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Ein alter Haushahn hielt auf p3b_068.132
einer Scheuer Wache. │ Er sah einen p3b_068.133
Fuchs herbei eilen. │ Schon von weitem p3b_068.134
rief dieser dem Hahne zu: „Freue dich, p3b_068.135
Freund, │ ich bringe frohe Kunde: │ p3b_068.136
Der Krieg der Tiere unter einander p3b_068.137
hört auf. │ Von nun an wird p3b_068.138
Friede und Freundschaft herrschen. │
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Lösung. Von Fr. v. Hagedorn. p3b_068.102
Ein alter Haushahn hielt auf einer p3b_068.103
Scheuer Wache; p3b_068.104
Da kommt ein Fuchs mit schnellem p3b_068.105
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Der Tiere Krieg hört auf; man ist p3b_068.110
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