Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_057.001 p3b_057.004 p3b_057.009 p3b_057.017 Dies ist die Makame von der Teufelsbrücke, - p3b_057.021 gebaut vom Teufel aus einem Stücke. - p3b_057.022 § 21. Strengere Form der Reime. p3b_057.028 (Vorgeschriebene Reime.) p3b_057.029 p3b_057.036 p3b_057.040 p3b_057.001 p3b_057.004 p3b_057.009 p3b_057.017 Dies ist die Makame von der Teufelsbrücke, ─ p3b_057.021 gebaut vom Teufel aus einem Stücke. ─ p3b_057.022 § 21. Strengere Form der Reime. p3b_057.028 (Vorgeschriebene Reime.) p3b_057.029 p3b_057.036 p3b_057.040 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0083" n="57"/><lb n="p3b_057.001"/> Brück', ─ und warf ihm rasch den Judasstrick ─ um das Genick. ─ Hier <lb n="p3b_057.002"/> an diesem Ort ─ beging ich den Mord; ─ hier an diesem Grat ─ hab <lb n="p3b_057.003"/> ich begangen die blutige That. ─</p> <p><lb n="p3b_057.004"/> Bei diesem entsetzlichen Wort ─ stürzte der Gespenstige fort ─ und <lb n="p3b_057.005"/> warf sich mit furchtbarem Fall ─ und dröhnendem Schall, ─ (es ertönte <lb n="p3b_057.006"/> gespenstig der Wiederhall ─) nicht in den tosenden Wasserschwall, ─ nein, <lb n="p3b_057.007"/> in das Steingerölle, ─ von welchem Feu'r und Dampf aufquoll wie von <lb n="p3b_057.008"/> der Hölle. ─</p> <p><lb n="p3b_057.009"/> Uns ergriff ein Grauen, ─ das uns nicht mehr ließ zur Brücke schauen. <lb n="p3b_057.010"/> ─ Es war uns nicht mehr plauderig, ─ und niemand war mehr zauderig, <lb n="p3b_057.011"/> ─ die Luft selbst schien uns schauderig. ─ Jch rief: Weg, weg! ─ von <lb n="p3b_057.012"/> diesem Teufelswegsteg, ─ damit uns nicht auch wegfeg ─ mit Getöse ─ <lb n="p3b_057.013"/> der Böse, ─ der Mächtige, ─ Verdächtige, ─ Niederträchtige, ─ der das <lb n="p3b_057.014"/> Edle verdächtigt, ─ sich der Guten bemächtigt. ─ Jch hab' in der Regel ein <lb n="p3b_057.015"/> Erzherz, ─ doch heute fühlt' ich Herzschmerz, ─ hier fehlte mir der Erzscherz, ─ <lb n="p3b_057.016"/> statt dessen drückte Erzschmerz. ─</p> <p><lb n="p3b_057.017"/> Wir rannten nach der Ebene zurück, ─ und kamen gesund an zum <lb n="p3b_057.018"/> Glück! ─ Nie hab' ich wieder den Zauberberg erklommen, ─ nie wieder zu <lb n="p3b_057.019"/> Gesicht bekommen: Teufelsbrücke, ─ Teufelslücke, ─ Teufelstücke.</p> <lb n="p3b_057.020"/> <lg> <l>Dies ist die Makame von der Teufelsbrücke, ─</l> <lb n="p3b_057.021"/> <l>gebaut vom Teufel aus einem Stücke. ─</l> </lg> <p><lb n="p3b_057.022"/><hi rendition="#g">Anleitung zur Kritik.</hi> Um Besserungsfähiges zu entdecken, möge <lb n="p3b_057.023"/> man unter Berücksichtigung des seither Gelernten prüfen: <hi rendition="#aq">a</hi>. die logische Entwickelung <lb n="p3b_057.024"/> des Stofflichen, Jnhaltlichen, <hi rendition="#aq">b</hi>. das Grammatikalische und Syntaktische, <lb n="p3b_057.025"/> (vgl. S. 18) <hi rendition="#aq">c</hi>. die Reime (vgl. S. 51) u. s. w. Man ersetze <lb n="p3b_057.026"/> Reime wie geraden ─ waten, beschwerlich ─ gefährlich, Fels ─ Schmerz &c.</p> </div> <lb n="p3b_057.027"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">§ 21. Strengere Form der Reime. <lb n="p3b_057.028"/> (Vorgeschriebene Reime.)</hi> </head> <p><lb n="p3b_057.029"/> 1. Hat sich der Lernende in der gereimten Prosarede genügend <lb n="p3b_057.030"/> geübt, so muß er, ─ um methodisch weiter zu schreiten, ─ die wenig <lb n="p3b_057.031"/> schwierige Form wählen, welche den gleichen Reim in den geraden <lb n="p3b_057.032"/> Zeilen verlangt, die ungeraden jedoch ungereimt läßt. Es ist dies die <lb n="p3b_057.033"/> Form des sogenannten Ghasels, oder besser: des Kita's (d. i. eines <lb n="p3b_057.034"/> wirklichen Bruchstücks eines Ghasels), zu welchem somit der Lernende <lb n="p3b_057.035"/> auf ungesuchter Weise wie von selbst gelangt.</p> <p><lb n="p3b_057.036"/> 2. Die Ghaselenform eignet sich ─ was hier schon bemerkt sein <lb n="p3b_057.037"/> soll ─ für einen Stoff, bei welchem Gedanke und Gefühl um einen <lb n="p3b_057.038"/> bestimmten Punkt sich konzentrieren, bei welchem der Dichter nur ein <lb n="p3b_057.039"/> gewisses Grundgefühl hat und die gleichen Erscheinungen stets wiederkehren.</p> <p><lb n="p3b_057.040"/> 3. Wenn dem Lernenden die Gewinnung des Reimes schwer wird, <lb n="p3b_057.041"/> so möge er den Jnhalt der beiden Zeilen so lange wenden und ver= </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0083]
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Brück', ─ und warf ihm rasch den Judasstrick ─ um das Genick. ─ Hier p3b_057.002
an diesem Ort ─ beging ich den Mord; ─ hier an diesem Grat ─ hab p3b_057.003
ich begangen die blutige That. ─
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Bei diesem entsetzlichen Wort ─ stürzte der Gespenstige fort ─ und p3b_057.005
warf sich mit furchtbarem Fall ─ und dröhnendem Schall, ─ (es ertönte p3b_057.006
gespenstig der Wiederhall ─) nicht in den tosenden Wasserschwall, ─ nein, p3b_057.007
in das Steingerölle, ─ von welchem Feu'r und Dampf aufquoll wie von p3b_057.008
der Hölle. ─
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Uns ergriff ein Grauen, ─ das uns nicht mehr ließ zur Brücke schauen. p3b_057.010
─ Es war uns nicht mehr plauderig, ─ und niemand war mehr zauderig, p3b_057.011
─ die Luft selbst schien uns schauderig. ─ Jch rief: Weg, weg! ─ von p3b_057.012
diesem Teufelswegsteg, ─ damit uns nicht auch wegfeg ─ mit Getöse ─ p3b_057.013
der Böse, ─ der Mächtige, ─ Verdächtige, ─ Niederträchtige, ─ der das p3b_057.014
Edle verdächtigt, ─ sich der Guten bemächtigt. ─ Jch hab' in der Regel ein p3b_057.015
Erzherz, ─ doch heute fühlt' ich Herzschmerz, ─ hier fehlte mir der Erzscherz, ─ p3b_057.016
statt dessen drückte Erzschmerz. ─
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Wir rannten nach der Ebene zurück, ─ und kamen gesund an zum p3b_057.018
Glück! ─ Nie hab' ich wieder den Zauberberg erklommen, ─ nie wieder zu p3b_057.019
Gesicht bekommen: Teufelsbrücke, ─ Teufelslücke, ─ Teufelstücke.
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Dies ist die Makame von der Teufelsbrücke, ─ p3b_057.021
gebaut vom Teufel aus einem Stücke. ─
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Anleitung zur Kritik. Um Besserungsfähiges zu entdecken, möge p3b_057.023
man unter Berücksichtigung des seither Gelernten prüfen: a. die logische Entwickelung p3b_057.024
des Stofflichen, Jnhaltlichen, b. das Grammatikalische und Syntaktische, p3b_057.025
(vgl. S. 18) c. die Reime (vgl. S. 51) u. s. w. Man ersetze p3b_057.026
Reime wie geraden ─ waten, beschwerlich ─ gefährlich, Fels ─ Schmerz &c.
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§ 21. Strengere Form der Reime. p3b_057.028
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1. Hat sich der Lernende in der gereimten Prosarede genügend p3b_057.030
geübt, so muß er, ─ um methodisch weiter zu schreiten, ─ die wenig p3b_057.031
schwierige Form wählen, welche den gleichen Reim in den geraden p3b_057.032
Zeilen verlangt, die ungeraden jedoch ungereimt läßt. Es ist dies die p3b_057.033
Form des sogenannten Ghasels, oder besser: des Kita's (d. i. eines p3b_057.034
wirklichen Bruchstücks eines Ghasels), zu welchem somit der Lernende p3b_057.035
auf ungesuchter Weise wie von selbst gelangt.
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2. Die Ghaselenform eignet sich ─ was hier schon bemerkt sein p3b_057.037
soll ─ für einen Stoff, bei welchem Gedanke und Gefühl um einen p3b_057.038
bestimmten Punkt sich konzentrieren, bei welchem der Dichter nur ein p3b_057.039
gewisses Grundgefühl hat und die gleichen Erscheinungen stets wiederkehren.
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3. Wenn dem Lernenden die Gewinnung des Reimes schwer wird, p3b_057.041
so möge er den Jnhalt der beiden Zeilen so lange wenden und ver=
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