Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_272.001 p3b_272.002 p3b_272.007 p3b_272.012 p3b_272.014 g. Friedrich Rückert. p3b_272.015Aus der Terzinendichtung: "Die treuen Blumen". p3b_272.016 Des Todes Sicheln kann kein Mensch p3b_272.019 p3b_272.023entrinnen. p3b_272.020 Und auch die Blumen haben ihre Frist; p3b_272.021 Dem läßt sich noch ein Trostgrund abgewinnen. p3b_272.022 Und besser ist es, daß man nützlich ist p3b_272.024 p3b_272.028Durch seinen Tod, als nutzlos hinzusterben, p3b_272.025 p3b_272.026 Zu Spott und Spiele dienend falscher p3b_272.027 List. Jetzt kommt, was keinen Trost uns läßt p3b_272.029 [Spaltenumbruch]
p3b_272.101erwerben. p3b_272.030 Jetzt kommt, was uns allein zu Thränen p3b_272.031 zwingt. p3b_272.032 Jetzt kommt, was uns allein mehr schmerzt p3b_272.033 als Sterben. Änderung und Feile Fr. Rückerts. p3b_272.102Des Todes Sicheln kann kein Mensch p3b_272.103 [Ende Spaltensatz]
entrinnen. p3b_272.104 Und auch die Blumen haben ihre Frist; p3b_272.105 Wie sollten darum unsre Thränen rinnen? p3b_272.106 [Abbildung] p3b_272.107 Jetzt aber kommt die Klag' um falsche p3b_272.108 List, p3b_272.109 Jetzt kommt, was uns allein zu Thränen p3b_272.110 zwingt, p3b_272.111 Was uns viel schmerzlicher denn Sterben p3b_272.112 ist. p3b_272.113 p3b_272.114 p3b_272.001 p3b_272.002 p3b_272.007 p3b_272.012 p3b_272.014 g. Friedrich Rückert. p3b_272.015Aus der Terzinendichtung: „Die treuen Blumen“. p3b_272.016 Des Todes Sicheln kann kein Mensch p3b_272.019 p3b_272.023entrinnen. p3b_272.020 Und auch die Blumen haben ihre Frist; p3b_272.021 Dem läßt sich noch ein Trostgrund abgewinnen. p3b_272.022 Und besser ist es, daß man nützlich ist p3b_272.024 p3b_272.028Durch seinen Tod, als nutzlos hinzusterben, p3b_272.025 p3b_272.026 Zu Spott und Spiele dienend falscher p3b_272.027 List. Jetzt kommt, was keinen Trost uns läßt p3b_272.029 [Spaltenumbruch]
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entrinnen. p3b_272.104 Und auch die Blumen haben ihre Frist; p3b_272.105 Wie sollten darum unsre Thränen rinnen? p3b_272.106 [Abbildung] p3b_272.107 Jetzt aber kommt die Klag' um falsche p3b_272.108 List, p3b_272.109 Jetzt kommt, was uns allein zu Thränen p3b_272.110 zwingt, p3b_272.111 Was uns viel schmerzlicher denn Sterben p3b_272.112 ist. p3b_272.113 p3b_272.114 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0298" n="272"/> <p><lb n="p3b_272.001"/> Beleuchtung einzelner Momente der Feile.</p> <p><lb n="p3b_272.002"/> Man bemerke bei diesen Accentversen Mörike's, wie der Dichter das Wort <lb n="p3b_272.003"/> (V. 14) „stille“ getilgt hat, um einen schönen Abschluß zu erzielen. Durch <lb n="p3b_272.004"/> Verkürzung des 14. Verses um einen Takt wird der Tonfall ein reinerer, auch <lb n="p3b_272.005"/> wird der traurige Auszug durch die rascher abfallende Kürze besser hervorgehoben.</p> <lb n="p3b_272.006"/> <p><lb n="p3b_272.007"/> Die folgenden Verse (15 ff.) sind in der ersten Fassung mit vielen mosaikartigen, <lb n="p3b_272.008"/> kleinlichen Bildern überladen, die den eigentlichen Gedanken verschlingen <lb n="p3b_272.009"/> oder nur mangelhaft zu Tage treten lassen; schön, einfach und edel ist dagegen <lb n="p3b_272.010"/> die vereinfachte Form der Änderung gehalten, durch welche nunmehr Sehnsucht <lb n="p3b_272.011"/> und Heimweh ergreifend ausgedrückt werden.</p> <p><lb n="p3b_272.012"/> Man beachte noch den Grund verschiedener Streichungen, besonders auf <lb n="p3b_272.013"/> Zeile 9 und 10.</p> </div> <div n="3"> <lb n="p3b_272.014"/> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">g</hi>. Friedrich Rückert.</hi> </head> <lb n="p3b_272.015"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Aus der Terzinendichtung:</hi> „<hi rendition="#g">Die treuen Blumen</hi>“. <lb n="p3b_272.016"/> <cb type="start"/> <hi rendition="#g">Ursprüngliche Fassung in <lb n="p3b_272.017"/> Cornelia</hi> 1816.</hi> </p> <lb n="p3b_272.018"/> <lg> <l>Des Todes Sicheln kann kein Mensch</l> <lb n="p3b_272.019"/> <l> <hi rendition="#et">entrinnen.</hi> </l> <lb n="p3b_272.020"/> <l>Und auch die Blumen haben ihre Frist;</l> <lb n="p3b_272.021"/> <l> <hi rendition="#u">Dem läßt sich noch ein Trostgrund abgewinnen.</hi> </l> <lb n="p3b_272.022"/> </lg> <lb n="p3b_272.023"/> <lg> <l> <hi rendition="#u">Und besser ist es, daß man nützlich ist</hi> </l> <lb n="p3b_272.024"/> <l> <hi rendition="#u">Durch seinen Tod, als nutzlos hinzusterben,</hi> </l> <lb n="p3b_272.025"/> <lb n="p3b_272.026"/> <l> <hi rendition="#u">Zu Spott und Spiele dienend falscher</hi> </l> <lb n="p3b_272.027"/> <l> <hi rendition="#u"> <hi rendition="#et">List.</hi> </hi> </l> </lg> <lb n="p3b_272.028"/> <lg> <l> <hi rendition="#u">Jetzt kommt, was keinen Trost uns läßt</hi> </l> <lb n="p3b_272.029"/> <l> <hi rendition="#u"> <hi rendition="#et">erwerben.</hi> </hi> </l> <lb n="p3b_272.030"/> <l>Jetzt kommt, was uns allein zu Thränen</l> <lb n="p3b_272.031"/> <l> <hi rendition="#et">zwingt.</hi> </l> <lb n="p3b_272.032"/> <l> <hi rendition="#u">Jetzt kommt, was uns allein mehr schmerzt</hi> </l> <lb n="p3b_272.033"/> <l> <hi rendition="#u"> <hi rendition="#et">als Sterben.</hi> </hi> </l> </lg> <cb/> <lb n="p3b_272.101"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Änderung und Feile Fr. Rückerts.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_272.102"/> <lg> <l>Des Todes Sicheln kann kein Mensch</l> <lb n="p3b_272.103"/> <l> <hi rendition="#et">entrinnen.</hi> </l> <lb n="p3b_272.104"/> <l>Und auch die Blumen haben ihre Frist;</l> <lb n="p3b_272.105"/> <l>Wie sollten darum unsre Thränen rinnen?</l> <lb n="p3b_272.106"/> <l> <figure/> </l> <lb n="p3b_272.107"/> <l>Jetzt aber kommt die Klag' um falsche</l> <lb n="p3b_272.108"/> <l> <hi rendition="#et">List,</hi> </l> <lb n="p3b_272.109"/> <l>Jetzt kommt, was uns allein zu Thränen</l> <lb n="p3b_272.110"/> <l> <hi rendition="#et">zwingt,</hi> </l> <lb n="p3b_272.111"/> <l>Was uns viel schmerzlicher denn Sterben</l> <lb n="p3b_272.112"/> <l> <hi rendition="#et">ist.</hi> </l> </lg> <cb type="end"/> <p><lb n="p3b_272.113"/> Beleuchtung einzelner Momente der Feile.</p> <p><lb n="p3b_272.114"/> Rückert ändert und wirft mit kühner Hand eine ganze Strophe weg. Was <lb n="p3b_272.115"/> er von derselben verwenden kann (den Terzinenreim) nimmt er in die dritte </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [272/0298]
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Beleuchtung einzelner Momente der Feile.
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(V. 14) „stille“ getilgt hat, um einen schönen Abschluß zu erzielen. Durch p3b_272.004
Verkürzung des 14. Verses um einen Takt wird der Tonfall ein reinerer, auch p3b_272.005
wird der traurige Auszug durch die rascher abfallende Kürze besser hervorgehoben.
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Die folgenden Verse (15 ff.) sind in der ersten Fassung mit vielen mosaikartigen, p3b_272.008
kleinlichen Bildern überladen, die den eigentlichen Gedanken verschlingen p3b_272.009
oder nur mangelhaft zu Tage treten lassen; schön, einfach und edel ist dagegen p3b_272.010
die vereinfachte Form der Änderung gehalten, durch welche nunmehr Sehnsucht p3b_272.011
und Heimweh ergreifend ausgedrückt werden.
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Man beachte noch den Grund verschiedener Streichungen, besonders auf p3b_272.013
Zeile 9 und 10.
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g. Friedrich Rückert. p3b_272.015
Aus der Terzinendichtung: „Die treuen Blumen“. p3b_272.016
Ursprüngliche Fassung in p3b_272.017
Cornelia 1816.
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Des Todes Sicheln kann kein Mensch p3b_272.019
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Und auch die Blumen haben ihre Frist; p3b_272.021
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Änderung und Feile Fr. Rückerts.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/298>, abgerufen am 16.07.2024. |