Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_196.001 p3b_196.006 p3b_196.008 p3b_196.012 p3b_196.018 p3b_196.023 p3b_196.035 p3b_196.001 p3b_196.006 p3b_196.008 p3b_196.012 p3b_196.018 p3b_196.023 p3b_196.035 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0222" n="196"/> <p><lb n="p3b_196.001"/> Stücke aus <hi rendition="#g">Martial</hi> bietet Gruppe im D. Musenalmanach 1855. Jn <lb n="p3b_196.002"/> den Bahnen Platens wandelt <hi rendition="#g">Joh. Merkel,</hi> der 1841 die Horazischen Episteln <lb n="p3b_196.003"/> übersetzte, dabei ebenso wie Platen den Trochäus zu vermeiden und Spondeen <lb n="p3b_196.004"/> an seine Stelle zu setzen suchte, wobei er freilich (wie Platen) nicht selten die <lb n="p3b_196.005"/> betonte Silbe in die Thesis des Verstaktes brachte.</p> <p><lb n="p3b_196.006"/> Neben ihm sind als Horaz-Übersetzer zu nennen: Ludwig, Teuffel, Weber, <lb n="p3b_196.007"/> ferner Binder, Fritzsche &c.</p> <p><lb n="p3b_196.008"/> Überragt werden sämtliche durch die Übersetzungen von L. <hi rendition="#g">Döderlein</hi> <lb n="p3b_196.009"/> (Satiren und Episteln, 1862) und von <hi rendition="#g">Th. Kayser</hi> (Oden, 1877), welche <lb n="p3b_196.010"/> ─ ich möchte sagen ─ nach dem Vorbild eines Freiligrath Treue mit Wohllaut, <lb n="p3b_196.011"/> Anmut und Eleganz zu vermählen wußten.</p> <p><lb n="p3b_196.012"/> (Bezüglich des letzteren ist geschichtlich zu konstatieren, daß seine Übersetzung <lb n="p3b_196.013"/> des 1. Buchs der Oden bereits 1867 erschien und von sichtlichem Einfluß <lb n="p3b_196.014"/> auf die viel später erschienene Bacmeistersche Übersetzung war, die sich zwar <lb n="p3b_196.015"/> durch poetische Sprache auszeichnet, aber der philologischen Treue ermangelt und <lb n="p3b_196.016"/> im Gegensatz zu Kayser vielfach mit den deutschen Betonungsgesetzen kollidiert. <lb n="p3b_196.017"/> Vgl. z. B. Betonungen wie sŏrglōs, ălsō Nĕigūng u. s. w.)</p> <p><lb n="p3b_196.018"/> Eine Aufzählung aller minderwertigen Übersetzungen müssen wir in dieser <lb n="p3b_196.019"/> Genesis unterlassen; ebenso die für die Geschichte der Übersetzungskunst wenig <lb n="p3b_196.020"/> einschneidende Übersetzung neulateinischer Dichter, wenn gleich einzelne Übersetzer <lb n="p3b_196.021"/> derselben Verdienstliches leisteten, z. B. Herder (Balde's Oden), Kraft (Lessings <lb n="p3b_196.022"/> lateinische Epigramme in den Bl. f. bayr. Gymnasialschulw. 1883) u. s. w.</p> </div> <div n="3"> <p><lb n="p3b_196.023"/> Überblick. Überblicken wir die Übersetzungen unserer deutschen Litteratur <lb n="p3b_196.024"/> in Bezug auf die in ihnen zu Tage tretenden Grundsätze, so finden wir, daß <lb n="p3b_196.025"/> oft die berufensten Übersetzer die entgegengesetztesten Wege einschlugen und namentlich <lb n="p3b_196.026"/> die verschiedensten Standpunkte in der Metrik einnahmen. Beispielsweise <lb n="p3b_196.027"/> bekennt Teuffel, daß er lange geschwankt habe, bis er zu einem feststehenden <lb n="p3b_196.028"/> Resultate gelangt sei. Aber dieses Resultat stand eben doch nur für ihn fest. <lb n="p3b_196.029"/> Donners Grundsätze sind wesentlich von den seinigen verschieden. Es ist bei <lb n="p3b_196.030"/> vielen Übersetzern soweit gekommen, daß einer dem andern Unkenntnis auf <lb n="p3b_196.031"/> den Gebieten der Metrik vorwirft u. s. w. Jeder Übersetzer hält es für notwendig, <lb n="p3b_196.032"/> seinen metrischen Standpunkt, von dem aus er allein beurteilt zu <lb n="p3b_196.033"/> werden wünscht, des Weitläufigeren auseinanderzusetzen, da es eben bis jetzt <lb n="p3b_196.034"/> keine allgemein gültige deutsche Metrik gab.</p> <p><lb n="p3b_196.035"/> Wir sehen uns zu dieser Schlußbemerkung deshalb veranlaßt, weil mancher <lb n="p3b_196.036"/> weniger Eingeweihte sich wundern möchte, daß wir verschiedenen Übersetzern <lb n="p3b_196.037"/> Beifall zollten oder versagten, auch wenn sie bezüglich ihrer metrischen Grundsätze <lb n="p3b_196.038"/> von einander abweichen. Auch wollten wir es begreiflich erscheinen lassen, <lb n="p3b_196.039"/> daß wir im Nachstehenden uns der großen Mühe unterzogen, die Übersetzungsgrundsätze <lb n="p3b_196.040"/> nach dem Standpunke einer allverpflichtenden deutschen Metrik und </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0222]
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Stücke aus Martial bietet Gruppe im D. Musenalmanach 1855. Jn p3b_196.002
den Bahnen Platens wandelt Joh. Merkel, der 1841 die Horazischen Episteln p3b_196.003
übersetzte, dabei ebenso wie Platen den Trochäus zu vermeiden und Spondeen p3b_196.004
an seine Stelle zu setzen suchte, wobei er freilich (wie Platen) nicht selten die p3b_196.005
betonte Silbe in die Thesis des Verstaktes brachte.
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Neben ihm sind als Horaz-Übersetzer zu nennen: Ludwig, Teuffel, Weber, p3b_196.007
ferner Binder, Fritzsche &c.
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Überragt werden sämtliche durch die Übersetzungen von L. Döderlein p3b_196.009
(Satiren und Episteln, 1862) und von Th. Kayser (Oden, 1877), welche p3b_196.010
─ ich möchte sagen ─ nach dem Vorbild eines Freiligrath Treue mit Wohllaut, p3b_196.011
Anmut und Eleganz zu vermählen wußten.
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(Bezüglich des letzteren ist geschichtlich zu konstatieren, daß seine Übersetzung p3b_196.013
des 1. Buchs der Oden bereits 1867 erschien und von sichtlichem Einfluß p3b_196.014
auf die viel später erschienene Bacmeistersche Übersetzung war, die sich zwar p3b_196.015
durch poetische Sprache auszeichnet, aber der philologischen Treue ermangelt und p3b_196.016
im Gegensatz zu Kayser vielfach mit den deutschen Betonungsgesetzen kollidiert. p3b_196.017
Vgl. z. B. Betonungen wie sŏrglōs, ălsō Nĕigūng u. s. w.)
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Eine Aufzählung aller minderwertigen Übersetzungen müssen wir in dieser p3b_196.019
Genesis unterlassen; ebenso die für die Geschichte der Übersetzungskunst wenig p3b_196.020
einschneidende Übersetzung neulateinischer Dichter, wenn gleich einzelne Übersetzer p3b_196.021
derselben Verdienstliches leisteten, z. B. Herder (Balde's Oden), Kraft (Lessings p3b_196.022
lateinische Epigramme in den Bl. f. bayr. Gymnasialschulw. 1883) u. s. w.
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Überblick. Überblicken wir die Übersetzungen unserer deutschen Litteratur p3b_196.024
in Bezug auf die in ihnen zu Tage tretenden Grundsätze, so finden wir, daß p3b_196.025
oft die berufensten Übersetzer die entgegengesetztesten Wege einschlugen und namentlich p3b_196.026
die verschiedensten Standpunkte in der Metrik einnahmen. Beispielsweise p3b_196.027
bekennt Teuffel, daß er lange geschwankt habe, bis er zu einem feststehenden p3b_196.028
Resultate gelangt sei. Aber dieses Resultat stand eben doch nur für ihn fest. p3b_196.029
Donners Grundsätze sind wesentlich von den seinigen verschieden. Es ist bei p3b_196.030
vielen Übersetzern soweit gekommen, daß einer dem andern Unkenntnis auf p3b_196.031
den Gebieten der Metrik vorwirft u. s. w. Jeder Übersetzer hält es für notwendig, p3b_196.032
seinen metrischen Standpunkt, von dem aus er allein beurteilt zu p3b_196.033
werden wünscht, des Weitläufigeren auseinanderzusetzen, da es eben bis jetzt p3b_196.034
keine allgemein gültige deutsche Metrik gab.
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Wir sehen uns zu dieser Schlußbemerkung deshalb veranlaßt, weil mancher p3b_196.036
weniger Eingeweihte sich wundern möchte, daß wir verschiedenen Übersetzern p3b_196.037
Beifall zollten oder versagten, auch wenn sie bezüglich ihrer metrischen Grundsätze p3b_196.038
von einander abweichen. Auch wollten wir es begreiflich erscheinen lassen, p3b_196.039
daß wir im Nachstehenden uns der großen Mühe unterzogen, die Übersetzungsgrundsätze p3b_196.040
nach dem Standpunke einer allverpflichtenden deutschen Metrik und
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