Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.
p3b_150.001 p3b_150.005 p3b_150.007 p3b_150.009 p3b_150.011 p3b_150.012 Lösung. Von Fr. Hölderlin. p3b_150.015Sei froh! du hast das gute Los erkoren, p3b_150.016 p3b_150.019Denn tief und treu ward eine Seele dir; p3b_150.017 Der Freunde Freund zu sein, bist du geboren, p3b_150.018 Dies zeugen dir am Feste wir. Und selig, wer im eignen Hause Frieden, p3b_150.020 p3b_150.023Wie du, und Lieb' und Fülle sieht und Ruh; p3b_150.021 Manch Leben ist, wie Licht und Nacht, verschieden, p3b_150.022 Jn goldner Mitte wohnest du. Dir glänzt die Sonn' in wohlgebauter Halle, p3b_150.024 p3b_150.027Am Berge reift die Sonne dir den Wein, p3b_150.025 Und immer glücklich führt die Güter alle p3b_150.026 Der kluge Gott dir aus und ein. Und Kind gedeiht und Mutter um den Gatten, p3b_150.028 p3b_150.031Und wie den Wald die goldne Wolke krönt, p3b_150.029 So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten! p3b_150.030 Jhr Seligen an ihn gewöhnt! O seid mit ihm! denn Wolk' und Winde ziehen p3b_150.032 p3b_150.035Unruhig öfters über Land und Haus, p3b_150.033 Doch ruht das Herz von allen Lebensmühen p3b_150.034 Jm heilgen Angedenken aus. Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen; p3b_150.036
Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang; p3b_150.037 Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen p3b_150.038 Auf schmaler Erde seinen Gang.
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Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang; p3b_150.037 Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen p3b_150.038 Auf schmaler Erde seinen Gang. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0176" n="150"/><lb n="p3b_150.001"/> so ruhe sein Herz in eurer Erinnerung aus. ‖ Aus Freuden reden <lb n="p3b_150.002"/> wir von Sorgen. Das ernste Lied erfreut wie dunkler Wein. Morgen <lb n="p3b_150.003"/> ist das Wiegenfest vorüber und alles geht wieder seinen gewohnten <lb n="p3b_150.004"/> Gang. ‖</hi> </p> <p><lb n="p3b_150.005"/> 3. Der freudeentquollene Stoff mit seiner bewegten Tendenz bedingt jambischen <lb n="p3b_150.006"/> Rhythmus.</p> <p><lb n="p3b_150.007"/> 4. Die durchschnittlich längeren Reihen des Stoffes ermöglichen den dem <lb n="p3b_150.008"/> Charakter des Gedichts am meisten zusagenden Quinar.</p> <p><lb n="p3b_150.009"/> 5. Die sechs Gruppen des Stoffs verlangen zu ihrer Ausführung sechs <lb n="p3b_150.010"/> Strophen.</p> <p><lb n="p3b_150.011"/> 6. Der Stoff einer jeden Gruppe reicht zu 4 Verszeilen aus.</p> <p><lb n="p3b_150.012"/> 7. Zur Markierung des Schlusses einer jeden Strophe möge je die letzte <lb n="p3b_150.013"/> Zeile um einen Takt verkürzt werden.</p> <lb n="p3b_150.014"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Fr. Hölderlin.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_150.015"/> <lg> <l>Sei froh! du hast das gute Los erkoren,</l> <lb n="p3b_150.016"/> <l>Denn tief und treu ward eine Seele dir;</l> <lb n="p3b_150.017"/> <l>Der Freunde Freund zu sein, bist du geboren,</l> <lb n="p3b_150.018"/> <l>Dies zeugen dir am Feste wir. </l> </lg> <lb n="p3b_150.019"/> <lg> <l>Und selig, wer im eignen Hause Frieden,</l> <lb n="p3b_150.020"/> <l>Wie du, und Lieb' und Fülle sieht und Ruh;</l> <lb n="p3b_150.021"/> <l>Manch Leben ist, wie Licht und Nacht, verschieden,</l> <lb n="p3b_150.022"/> <l>Jn goldner Mitte wohnest du. </l> </lg> <lb n="p3b_150.023"/> <lg> <l>Dir glänzt die Sonn' in wohlgebauter Halle,</l> <lb n="p3b_150.024"/> <l>Am Berge reift die Sonne dir den Wein,</l> <lb n="p3b_150.025"/> <l>Und immer glücklich führt die Güter alle</l> <lb n="p3b_150.026"/> <l>Der kluge Gott dir aus und ein. </l> </lg> <lb n="p3b_150.027"/> <lg> <l>Und Kind gedeiht und Mutter um den Gatten,</l> <lb n="p3b_150.028"/> <l>Und wie den Wald die goldne Wolke krönt,</l> <lb n="p3b_150.029"/> <l>So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten!</l> <lb n="p3b_150.030"/> <l>Jhr Seligen an ihn gewöhnt! </l> </lg> <lb n="p3b_150.031"/> <lg> <l>O seid mit ihm! denn Wolk' und Winde ziehen</l> <lb n="p3b_150.032"/> <l>Unruhig öfters über Land und Haus,</l> <lb n="p3b_150.033"/> <l>Doch ruht das Herz von allen Lebensmühen</l> <lb n="p3b_150.034"/> <l>Jm heilgen Angedenken aus. </l> </lg> <lb n="p3b_150.035"/> <lg> <l>Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen;</l> <lb n="p3b_150.036"/> <l>Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang;</l> <lb n="p3b_150.037"/> <l>Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen</l> <lb n="p3b_150.038"/> <l>Auf schmaler Erde seinen Gang.</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0176]
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so ruhe sein Herz in eurer Erinnerung aus. ‖ Aus Freuden reden p3b_150.002
wir von Sorgen. Das ernste Lied erfreut wie dunkler Wein. Morgen p3b_150.003
ist das Wiegenfest vorüber und alles geht wieder seinen gewohnten p3b_150.004
Gang. ‖
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3. Der freudeentquollene Stoff mit seiner bewegten Tendenz bedingt jambischen p3b_150.006
Rhythmus.
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4. Die durchschnittlich längeren Reihen des Stoffes ermöglichen den dem p3b_150.008
Charakter des Gedichts am meisten zusagenden Quinar.
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5. Die sechs Gruppen des Stoffs verlangen zu ihrer Ausführung sechs p3b_150.010
Strophen.
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6. Der Stoff einer jeden Gruppe reicht zu 4 Verszeilen aus.
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7. Zur Markierung des Schlusses einer jeden Strophe möge je die letzte p3b_150.013
Zeile um einen Takt verkürzt werden.
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Lösung. Von Fr. Hölderlin.
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Sei froh! du hast das gute Los erkoren, p3b_150.016
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Der Freunde Freund zu sein, bist du geboren, p3b_150.018
Dies zeugen dir am Feste wir.
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Wie du, und Lieb' und Fülle sieht und Ruh; p3b_150.021
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Jn goldner Mitte wohnest du.
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Und Kind gedeiht und Mutter um den Gatten, p3b_150.028
Und wie den Wald die goldne Wolke krönt, p3b_150.029
So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten! p3b_150.030
Jhr Seligen an ihn gewöhnt!
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O seid mit ihm! denn Wolk' und Winde ziehen p3b_150.032
Unruhig öfters über Land und Haus, p3b_150.033
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Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang; p3b_150.037
Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen p3b_150.038
Auf schmaler Erde seinen Gang.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/176>, abgerufen am 16.07.2024. |