Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.
p3b_149.001 p3b_149.004 p3b_149.008 p3b_149.010 Lösung. Von Paul Heyse. p3b_149.014[Beginn Spaltensatz] Nun willst du, liebe Schwester, scheiden, p3b_149.015 p3b_149.018Eh' noch ein Tag zur Rüste geht. p3b_149.016 Dein Leben steht in hellen Freuden, p3b_149.017 Wie dieser Kranz in Blüten steht. Nun bleibet meins, von dir verlassen, p3b_149.019 p3b_149.022Jm grünen Schatten still zurück, p3b_149.020 Soll nicht dein Leben mehr umfassen, p3b_149.021 Nicht mehr gedeihn an deinem Blick. Wie wird in dem gewohnten Zimmer p3b_149.023 [Spaltenumbruch]
p3b_149.101Mir jede Stätte fremd und leer! p3b_149.024 Dich find' ich am Klaviere nimmer, p3b_149.025 Dich nicht bei deinen Blumen mehr. Wohl hätt' ich Grund, vollauf zu klagen, p3b_149.102 p3b_149.105Und ach, wie viele stimmten ein; p3b_149.103 Doch ziemt es sich an Festestagen p3b_149.104 Bescheiden und vergnügt zu sein. Des frohen Dienstes laß mich warten, p3b_149.106 p3b_149.109Und nimm in deiner Wonne Glanz p3b_149.107 Aus meinem grünen Mädchengarten p3b_149.108 Den besten Schmuck, den reinen Kranz. Trag ihn in freudigen Gedanken; p3b_149.110 [Ende Spaltensatz]
Und muß es sein, und gehst du fort, p3b_149.111 Grüßt doch aus seinen zarten Ranken p3b_149.112 Heimat und Jugend dich auch dort. p3b_149.113 § 60. Jdyllisches Gedicht. (Vgl. Poetik II, 122.) p3b_149.114 p3b_149.115 p3b_149.119 Stoff. Freue dich über dein Los; dir ward eine treue Seele gegeben; p3b_149.121
p3b_149.001 p3b_149.004 p3b_149.008 p3b_149.010 Lösung. Von Paul Heyse. p3b_149.014[Beginn Spaltensatz] Nun willst du, liebe Schwester, scheiden, p3b_149.015 p3b_149.018Eh' noch ein Tag zur Rüste geht. p3b_149.016 Dein Leben steht in hellen Freuden, p3b_149.017 Wie dieser Kranz in Blüten steht. Nun bleibet meins, von dir verlassen, p3b_149.019 p3b_149.022Jm grünen Schatten still zurück, p3b_149.020 Soll nicht dein Leben mehr umfassen, p3b_149.021 Nicht mehr gedeihn an deinem Blick. Wie wird in dem gewohnten Zimmer p3b_149.023 [Spaltenumbruch]
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Und muß es sein, und gehst du fort, p3b_149.111 Grüßt doch aus seinen zarten Ranken p3b_149.112 Heimat und Jugend dich auch dort. p3b_149.113 § 60. Jdyllisches Gedicht. (Vgl. Poetik II, 122.) p3b_149.114 p3b_149.115 p3b_149.119 Stoff. Freue dich über dein Los; dir ward eine treue Seele gegeben; p3b_149.121 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0175" n="149"/><lb n="p3b_149.001"/> zu weinen und muß mich doch heiter zeigen! ‖ Laß mich meiner <lb n="p3b_149.002"/> Pflicht nachkommen und dir den Brautkranz überreichen. ‖ Trag' <lb n="p3b_149.003"/> ihn zum Andenken an uns und an die Heimat. ‖</hi> </p> <p><lb n="p3b_149.004"/> 3. Der jambische, fröhlich fortdrängende Rhythmus, den ein Brautgedicht <lb n="p3b_149.005"/> beanspruchen möchte, kommt mit jedem Takt ins Stocken, so daß das durch <lb n="p3b_149.006"/> und durch elegische Gedicht aus trochäischen Satztakten mit Anakrusis (Auftakt) <lb n="p3b_149.007"/> bestehen wird, also nur äußerlich jambische Form trägt.</p> <p><lb n="p3b_149.008"/> 4. Die sechs Stoffgruppen prädestinieren sechs Strophen, von denen jede <lb n="p3b_149.009"/> freilich nur 2 Langzeilen (oder 4 Kurzzeilen) umfassen kann.</p> <p><lb n="p3b_149.010"/> 5. Zum Abschluß der Langzeilen eignet sich männlicher Schluß. Es <lb n="p3b_149.011"/> werden demnach weibliche Reime mit männlichen wechseln, wodurch sich das <lb n="p3b_149.012"/> Reimschema <hi rendition="#aq">a b a b</hi> ergiebt.</p> <lb n="p3b_149.013"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Paul Heyse.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_149.014"/> <cb type="start"/> <lg> <l>Nun willst du, liebe Schwester, scheiden,</l> <lb n="p3b_149.015"/> <l>Eh' noch ein Tag zur Rüste geht.</l> <lb n="p3b_149.016"/> <l>Dein Leben steht in hellen Freuden,</l> <lb n="p3b_149.017"/> <l>Wie dieser Kranz in Blüten steht. </l> </lg> <lb n="p3b_149.018"/> <lg> <l>Nun bleibet meins, von dir verlassen,</l> <lb n="p3b_149.019"/> <l>Jm grünen Schatten still zurück,</l> <lb n="p3b_149.020"/> <l>Soll nicht dein Leben mehr umfassen,</l> <lb n="p3b_149.021"/> <l>Nicht mehr gedeihn an deinem Blick. </l> </lg> <lb n="p3b_149.022"/> <lg> <l>Wie wird in dem gewohnten Zimmer</l> <lb n="p3b_149.023"/> <l>Mir jede Stätte fremd und leer!</l> <lb n="p3b_149.024"/> <l>Dich find' ich am Klaviere nimmer,</l> <lb n="p3b_149.025"/> <l>Dich nicht bei deinen Blumen mehr.</l> </lg> <cb/> <lb n="p3b_149.101"/> <lg> <l>Wohl hätt' ich Grund, vollauf zu klagen,</l> <lb n="p3b_149.102"/> <l>Und ach, wie viele stimmten ein;</l> <lb n="p3b_149.103"/> <l>Doch ziemt es sich an Festestagen</l> <lb n="p3b_149.104"/> <l>Bescheiden und vergnügt zu sein. </l> </lg> <lb n="p3b_149.105"/> <lg> <l>Des frohen Dienstes laß mich warten,</l> <lb n="p3b_149.106"/> <l>Und nimm in deiner Wonne Glanz</l> <lb n="p3b_149.107"/> <l>Aus meinem grünen Mädchengarten</l> <lb n="p3b_149.108"/> <l>Den besten Schmuck, den reinen Kranz. </l> </lg> <lb n="p3b_149.109"/> <lg> <l>Trag ihn in freudigen Gedanken;</l> <lb n="p3b_149.110"/> <l>Und muß es sein, und gehst du fort,</l> <lb n="p3b_149.111"/> <l>Grüßt doch aus seinen zarten Ranken</l> <lb n="p3b_149.112"/> <l>Heimat und Jugend dich auch dort.</l> </lg> <cb type="end"/> </div> <div n="3"> <lb n="p3b_149.113"/> <head> <hi rendition="#c">§ 60. Jdyllisches Gedicht. (Vgl. Poetik <hi rendition="#aq">II</hi>, 122.)</hi> </head> <p> <lb n="p3b_149.114"/> <hi rendition="#g">Aufgabe. Ein Geburtstagsgedicht für den Freund.</hi> </p> <p><lb n="p3b_149.115"/> 1. <hi rendition="#g">Disposition.</hi> Das Gedicht soll nachstehenden Gedanken dichterischen <lb n="p3b_149.116"/> Ausdruck verleihen: Du bist für die Freundschaft geboren; du bist der Frieden <lb n="p3b_149.117"/> ─ umringt vom Frieden. Dich liebt die Sonne. Kind und Gattin gedeihen. <lb n="p3b_149.118"/> Die Schatten der Seligen mögen dich schützend umgeben.</p> <p><lb n="p3b_149.119"/> 2. Der Stoff ordnet sich folgendermaßen an:</p> <lb n="p3b_149.120"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Stoff.</hi> Freue dich über dein Los; dir ward eine treue Seele gegeben; <lb n="p3b_149.121"/> am heutigen Feste bezeugen wir's. ‖ Selig ist, wer im Hause <lb n="p3b_149.122"/> Frieden und Liebe findet; manches Leben ist verschieden wie Licht <lb n="p3b_149.123"/> und Nacht; du wohnst in goldner Mitte. ‖ Der gütige Gott bewahrt <lb n="p3b_149.124"/> deine Güter. ‖ Kind und Frau gedeihen dir; auch die geliebten <lb n="p3b_149.125"/> Schatten der Seligen sind an dich gewöhnt. ‖ Möget, ihr Schatten, <lb n="p3b_149.126"/> ihn behüten, und wenn widrige Winde über Land und Haus wehen, </hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0175]
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zu weinen und muß mich doch heiter zeigen! ‖ Laß mich meiner p3b_149.002
Pflicht nachkommen und dir den Brautkranz überreichen. ‖ Trag' p3b_149.003
ihn zum Andenken an uns und an die Heimat. ‖
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3. Der jambische, fröhlich fortdrängende Rhythmus, den ein Brautgedicht p3b_149.005
beanspruchen möchte, kommt mit jedem Takt ins Stocken, so daß das durch p3b_149.006
und durch elegische Gedicht aus trochäischen Satztakten mit Anakrusis (Auftakt) p3b_149.007
bestehen wird, also nur äußerlich jambische Form trägt.
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4. Die sechs Stoffgruppen prädestinieren sechs Strophen, von denen jede p3b_149.009
freilich nur 2 Langzeilen (oder 4 Kurzzeilen) umfassen kann.
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5. Zum Abschluß der Langzeilen eignet sich männlicher Schluß. Es p3b_149.011
werden demnach weibliche Reime mit männlichen wechseln, wodurch sich das p3b_149.012
Reimschema a b a b ergiebt.
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Lösung. Von Paul Heyse.
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Nun willst du, liebe Schwester, scheiden, p3b_149.015
Eh' noch ein Tag zur Rüste geht. p3b_149.016
Dein Leben steht in hellen Freuden, p3b_149.017
Wie dieser Kranz in Blüten steht.
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Nun bleibet meins, von dir verlassen, p3b_149.019
Jm grünen Schatten still zurück, p3b_149.020
Soll nicht dein Leben mehr umfassen, p3b_149.021
Nicht mehr gedeihn an deinem Blick.
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Wie wird in dem gewohnten Zimmer p3b_149.023
Mir jede Stätte fremd und leer! p3b_149.024
Dich find' ich am Klaviere nimmer, p3b_149.025
Dich nicht bei deinen Blumen mehr.
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Wohl hätt' ich Grund, vollauf zu klagen, p3b_149.102
Und ach, wie viele stimmten ein; p3b_149.103
Doch ziemt es sich an Festestagen p3b_149.104
Bescheiden und vergnügt zu sein.
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Des frohen Dienstes laß mich warten, p3b_149.106
Und nimm in deiner Wonne Glanz p3b_149.107
Aus meinem grünen Mädchengarten p3b_149.108
Den besten Schmuck, den reinen Kranz.
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Trag ihn in freudigen Gedanken; p3b_149.110
Und muß es sein, und gehst du fort, p3b_149.111
Grüßt doch aus seinen zarten Ranken p3b_149.112
Heimat und Jugend dich auch dort.
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§ 60. Jdyllisches Gedicht. (Vgl. Poetik II, 122.) p3b_149.114
Aufgabe. Ein Geburtstagsgedicht für den Freund.
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1. Disposition. Das Gedicht soll nachstehenden Gedanken dichterischen p3b_149.116
Ausdruck verleihen: Du bist für die Freundschaft geboren; du bist der Frieden p3b_149.117
─ umringt vom Frieden. Dich liebt die Sonne. Kind und Gattin gedeihen. p3b_149.118
Die Schatten der Seligen mögen dich schützend umgeben.
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2. Der Stoff ordnet sich folgendermaßen an:
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Stoff. Freue dich über dein Los; dir ward eine treue Seele gegeben; p3b_149.121
am heutigen Feste bezeugen wir's. ‖ Selig ist, wer im Hause p3b_149.122
Frieden und Liebe findet; manches Leben ist verschieden wie Licht p3b_149.123
und Nacht; du wohnst in goldner Mitte. ‖ Der gütige Gott bewahrt p3b_149.124
deine Güter. ‖ Kind und Frau gedeihen dir; auch die geliebten p3b_149.125
Schatten der Seligen sind an dich gewöhnt. ‖ Möget, ihr Schatten, p3b_149.126
ihn behüten, und wenn widrige Winde über Land und Haus wehen,
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