Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_101.001 p3b_101.007 p3b_101.009 La Virgen de la Servilleta. p3b_101.013[Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_101.014 p3b_101.029 u. s. w. [Spaltenumbruch] p3b_101.101Lösung. p3b_101.102 Als, Murillo, du geboren, p3b_101.104 p3b_101.107Ging ein Glühen durch die Lüfte, p3b_101.105 Goldner funkelte die Sonne, p3b_101.106 Und es strömten tausend Düfte. Engel stiegen zu dir nieder p3b_101.108 p3b_101.111Voller Schönheit, voller Güte, p3b_101.109 Schütteten auf deinen Busen p3b_101.110 Lilien und Orangenblüte. Jn den Tempeln und Altären p3b_101.112 p3b_101.115War ein wunderbar Entzücken, p3b_101.113 Denn das Kind, ein Himmelsmaler, p3b_101.114 Herrlich soll es einst sie schmücken. Größer wird das Kind, und Bilder p3b_101.116 p3b_101.119Schaut's im Traume, göttlich=süße, p3b_101.117 Und lebendig malt es wieder p3b_101.118 Die geträumten Himmelsgrüße. u. s. w. [Ende Spaltensatz]p3b_101.120 § 37. Freie Accentverse zu freien Strophen vereint. p3b_101.121 p3b_101.125 p3b_101.001 p3b_101.007 p3b_101.009 La Virgen de la Servilleta. p3b_101.013[Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_101.014 p3b_101.029 u. s. w. [Spaltenumbruch] p3b_101.101Lösung. p3b_101.102 Als, Murillo, du geboren, p3b_101.104 p3b_101.107Ging ein Glühen durch die Lüfte, p3b_101.105 Goldner funkelte die Sonne, p3b_101.106 Und es strömten tausend Düfte. Engel stiegen zu dir nieder p3b_101.108 p3b_101.111Voller Schönheit, voller Güte, p3b_101.109 Schütteten auf deinen Busen p3b_101.110 Lilien und Orangenblüte. Jn den Tempeln und Altären p3b_101.112 p3b_101.115War ein wunderbar Entzücken, p3b_101.113 Denn das Kind, ein Himmelsmaler, p3b_101.114 Herrlich soll es einst sie schmücken. Größer wird das Kind, und Bilder p3b_101.116 p3b_101.119Schaut's im Traume, göttlich=süße, p3b_101.117 Und lebendig malt es wieder p3b_101.118 Die geträumten Himmelsgrüße. u. s. w. [Ende Spaltensatz]p3b_101.120 § 37. Freie Accentverse zu freien Strophen vereint. p3b_101.121 p3b_101.125 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0127" n="101"/> <p><lb n="p3b_101.001"/> 5. Jn neuester Zeit hat Johannes Fastenrath die Assonanz dem <lb n="p3b_101.002"/> Vollreim namentlich in seinem spanischen Romanzenstrauß vermählt, <lb n="p3b_101.003"/> wo er den gleichen Assonanzlaut (zum erstenmal in der <hi rendition="#g">Romanze</hi>) <lb n="p3b_101.004"/> durch das ganze Gedicht hindurchführt und die verschiedenartigsten <lb n="p3b_101.005"/> Reime anschießen läßt (vgl. z. B. seine Romanze <hi rendition="#aq">La Virgen de la <lb n="p3b_101.006"/> Servilleta</hi>, wo der ü=Laut bis ans Ende durchgeführt ist).</p> <p><lb n="p3b_101.007"/> 6. Für unseren praktischen Zweck mag die im § 24 geübte Ghaselform, <lb n="p3b_101.008"/> sowie die spanische Romanzenform genügen.</p> <p><lb n="p3b_101.009"/><hi rendition="#g">Aufgabe. Nachstehender Stoff ist im spanischen Trochäus <lb n="p3b_101.010"/> so wiederzugeben, daß der Assonanzlaut</hi> ü <hi rendition="#g">am Ende der geraden <lb n="p3b_101.011"/> Zeilen mit dem Reime sich verbindet.</hi></p> <lb n="p3b_101.012"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">La Virgen de la Servilleta</hi></hi>.</hi> </p> <lb n="p3b_101.013"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Stoff.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_101.014"/> 1. Als du geboren wurdest, Murillo, <lb n="p3b_101.015"/> durchzog ein Glühen die Lüfte, <lb n="p3b_101.016"/> die Sonne schien glühender, tausend <lb n="p3b_101.017"/> Düfte durchströmten die Natur. 2. Die <lb n="p3b_101.018"/> Engel stiegen zu dir nieder voll Schönheit <lb n="p3b_101.019"/> und Güte und schütteten auf <lb n="p3b_101.020"/> deinen Busen Lilien und Blüten von <lb n="p3b_101.021"/> Orangen. 3. Auf den Altären und <lb n="p3b_101.022"/> in den Tempeln herrschte wunderbares <lb n="p3b_101.023"/> Entzücken, denn das Kindlein sollte sie <lb n="p3b_101.024"/> dereinst mit Gemälden zieren. 4. Als <lb n="p3b_101.025"/> das Kindlein größer wurde, sah es <lb n="p3b_101.026"/> im Traume herrliche Bilder, und es <lb n="p3b_101.027"/> malte wieder, was es im Traume gesehen.</p> <lb n="p3b_101.028"/> <lb n="p3b_101.029"/> <p> <hi rendition="#right">u. s. w.</hi> </p> <cb/> <lb n="p3b_101.101"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. <lb n="p3b_101.102"/> Von Johannes Fastenrath.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_101.103"/> <lg> <l>Als, Murillo, du geboren,</l> <lb n="p3b_101.104"/> <l>Ging ein Glühen durch die Lüfte,</l> <lb n="p3b_101.105"/> <l>Goldner funkelte die Sonne,</l> <lb n="p3b_101.106"/> <l>Und es strömten tausend Düfte. </l> </lg> <lb n="p3b_101.107"/> <lg> <l>Engel stiegen zu dir nieder</l> <lb n="p3b_101.108"/> <l>Voller Schönheit, voller Güte,</l> <lb n="p3b_101.109"/> <l>Schütteten auf deinen Busen</l> <lb n="p3b_101.110"/> <l>Lilien und Orangenblüte. </l> </lg> <lb n="p3b_101.111"/> <lg> <l>Jn den Tempeln und Altären</l> <lb n="p3b_101.112"/> <l>War ein wunderbar Entzücken,</l> <lb n="p3b_101.113"/> <l>Denn das Kind, ein Himmelsmaler,</l> <lb n="p3b_101.114"/> <l>Herrlich soll es einst sie schmücken. </l> </lg> <lb n="p3b_101.115"/> <lg> <l>Größer wird das Kind, und Bilder</l> <lb n="p3b_101.116"/> <l>Schaut's im Traume, göttlich=süße,</l> <lb n="p3b_101.117"/> <l>Und lebendig malt es wieder</l> <lb n="p3b_101.118"/> <l>Die geträumten Himmelsgrüße.</l> </lg> <lb n="p3b_101.119"/> <p> <hi rendition="#right">u. s. w.</hi> </p> <cb type="end"/> </div> <div n="2"> <lb n="p3b_101.120"/> <head> <hi rendition="#c">§ 37. Freie Accentverse zu freien Strophen vereint.</hi> </head> <p><lb n="p3b_101.121"/> 1. Die Verse sind frei heißt: sie sind nach Arsenzahl, Ausdehnung <lb n="p3b_101.122"/> und Anordnung der Verstakte ganz von dem Belieben und dem subjektiven <lb n="p3b_101.123"/> Empfinden des Dichters abhängig; es fehlt ihnen jeder metrische <lb n="p3b_101.124"/> Einteilungsgrund.</p> <p><lb n="p3b_101.125"/> 2. Jn der Regel hat jeder Vers die Ausdehnung einer rhythmischen <lb n="p3b_101.126"/> Reihe: gleichviel ob kürzer oder länger.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0127]
p3b_101.001
5. Jn neuester Zeit hat Johannes Fastenrath die Assonanz dem p3b_101.002
Vollreim namentlich in seinem spanischen Romanzenstrauß vermählt, p3b_101.003
wo er den gleichen Assonanzlaut (zum erstenmal in der Romanze) p3b_101.004
durch das ganze Gedicht hindurchführt und die verschiedenartigsten p3b_101.005
Reime anschießen läßt (vgl. z. B. seine Romanze La Virgen de la p3b_101.006
Servilleta, wo der ü=Laut bis ans Ende durchgeführt ist).
p3b_101.007
6. Für unseren praktischen Zweck mag die im § 24 geübte Ghaselform, p3b_101.008
sowie die spanische Romanzenform genügen.
p3b_101.009
Aufgabe. Nachstehender Stoff ist im spanischen Trochäus p3b_101.010
so wiederzugeben, daß der Assonanzlaut ü am Ende der geraden p3b_101.011
Zeilen mit dem Reime sich verbindet.
p3b_101.012
La Virgen de la Servilleta.
p3b_101.013
Stoff.
p3b_101.014
1. Als du geboren wurdest, Murillo, p3b_101.015
durchzog ein Glühen die Lüfte, p3b_101.016
die Sonne schien glühender, tausend p3b_101.017
Düfte durchströmten die Natur. 2. Die p3b_101.018
Engel stiegen zu dir nieder voll Schönheit p3b_101.019
und Güte und schütteten auf p3b_101.020
deinen Busen Lilien und Blüten von p3b_101.021
Orangen. 3. Auf den Altären und p3b_101.022
in den Tempeln herrschte wunderbares p3b_101.023
Entzücken, denn das Kindlein sollte sie p3b_101.024
dereinst mit Gemälden zieren. 4. Als p3b_101.025
das Kindlein größer wurde, sah es p3b_101.026
im Traume herrliche Bilder, und es p3b_101.027
malte wieder, was es im Traume gesehen.
p3b_101.028
p3b_101.029
u. s. w.
p3b_101.101
Lösung. p3b_101.102
Von Johannes Fastenrath.
p3b_101.103
Als, Murillo, du geboren, p3b_101.104
Ging ein Glühen durch die Lüfte, p3b_101.105
Goldner funkelte die Sonne, p3b_101.106
Und es strömten tausend Düfte.
p3b_101.107
Engel stiegen zu dir nieder p3b_101.108
Voller Schönheit, voller Güte, p3b_101.109
Schütteten auf deinen Busen p3b_101.110
Lilien und Orangenblüte.
p3b_101.111
Jn den Tempeln und Altären p3b_101.112
War ein wunderbar Entzücken, p3b_101.113
Denn das Kind, ein Himmelsmaler, p3b_101.114
Herrlich soll es einst sie schmücken.
p3b_101.115
Größer wird das Kind, und Bilder p3b_101.116
Schaut's im Traume, göttlich=süße, p3b_101.117
Und lebendig malt es wieder p3b_101.118
Die geträumten Himmelsgrüße.
p3b_101.119
u. s. w.
p3b_101.120
§ 37. Freie Accentverse zu freien Strophen vereint. p3b_101.121
1. Die Verse sind frei heißt: sie sind nach Arsenzahl, Ausdehnung p3b_101.122
und Anordnung der Verstakte ganz von dem Belieben und dem subjektiven p3b_101.123
Empfinden des Dichters abhängig; es fehlt ihnen jeder metrische p3b_101.124
Einteilungsgrund.
p3b_101.125
2. Jn der Regel hat jeder Vers die Ausdehnung einer rhythmischen p3b_101.126
Reihe: gleichviel ob kürzer oder länger.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/127 |
Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/127>, abgerufen am 16.02.2025. |