p2b_041.001 verschmilzt, wie es Lessing that, der von dem widerwärtigen Dogmenkampf p2b_041.002 mit der Sehnsucht erfüllt wurde, im philosophischen Drama "Nathan" p2b_041.003 der Toleranz und Gleichberechtigung einen Ausdruck zu geben. Nathan war p2b_041.004 gegenüber einem Göze, Wöllner und Konsorten Tendenzstück, im Hinblick auf p2b_041.005 die Weltidee der Toleranz hat es ewige Bedeutung.
p2b_041.006
§ 29. Das Motivieren im Drama.
p2b_041.007 Alle überraschenden Ereignisse in der Handlung des Drama müssen p2b_041.008 so vorbereitet und erklärt sein, daß sie als wahrscheinlich erscheinen; p2b_041.009 sie müssen ihre Begründung erhalten. Man nennt dies motivieren.
p2b_041.010 Durch Motivieren bringt der Dichter die einzelnen Teile der Handlung in p2b_041.011 enge Beziehung, in einheitlichen Guß und Fluß, durch sie bewirkt er das dramatische p2b_041.012 Jdealisieren seines Stoffes (§ 27). Jch erinnere beispielsweise daran, p2b_041.013 wie Shakespeare durch feine Motivierung eine kleine Novelle zur Tragödie p2b_041.014 Romeo und Julia gestaltet. Er führt die übermütigen Genossen des Romeo p2b_041.015 ein, um diesen schwermütig erscheinen zu lassen. Er schafft die Masken= und p2b_041.016 die Balkonscene, um die entstehende Zuneigung der Liebenden glaubhaft zu p2b_041.017 machen und um zu beweisen, wie die süße Liebesleidenschaft das treibende Agens p2b_041.018 edler Liebenden wird. Er schafft die Figur des Lorenzo, um Verwicklung und p2b_041.019 Katastrophe zu motivieren. Er begründet den Haß Tybalts gegen Romeo und p2b_041.020 dessen Genossen schon in der Zwischenscene beim Maskenfest, um später durch p2b_041.021 Entfaltung der stärksten Motive, zu denen der Tot Mercutios gehört, Romeo p2b_041.022 zum Kampfe zu reizen. Die Novelle läßt hier den Romeo ohne weiteres verbannen. p2b_041.023 Shakespeare zeigt jedoch erst durch Motivierung den edlen Charakter p2b_041.024 der Julia, um für deren späteren verzweifelten Entschluß das Substrat zu liefern. p2b_041.025 Der Brautnacht läßt der Dichter das Versprechen des als heftig und hart p2b_041.026 motivierten Vaters vorausgehen, dem Paris die Tochter zu geben. Nun motiviert p2b_041.027 der Dichter auch noch durch Herbeiziehung des Zufalls, der sich p2b_041.028 an Schlaftrunk und Begrabenwerden reiht und dem Zuschauer als wahrscheinlich p2b_041.029 erscheint. Damit das Unglück um so unvermeidlicher erscheine, läßt seine p2b_041.030 Motivierung auch noch den Paris vor der Gruft töten. Alle Hoffnung sinkt: p2b_041.031 - Untergang! Das ist eine untadelige Motivierung! So zeigt Shakespeare p2b_041.032 den Unterschied zwischen epischer Darstellung und dramatischer Verbindung. Er p2b_041.033 zeigt aber auch, um die Worte des Aristoteles in § 20 zu gebrauchen, daß p2b_041.034 die Handlung das Erste und Wichtigste, die Charaktere erst das Zweite sind.
p2b_041.035
§ 30. Aktion und Reaktion im Drama. Seine Dreiteilung.
p2b_041.036 1. Der Aktion des Helden im Drama (speziell in der Tragödie) p2b_041.037 stellt sich die Reaktion entgegen.
p2b_041.038 2. Mit Hinzurechnung einer Einführung hat daher das Drama p2b_041.039 an sich schon eine Dreiteilung.
p2b_041.001 verschmilzt, wie es Lessing that, der von dem widerwärtigen Dogmenkampf p2b_041.002 mit der Sehnsucht erfüllt wurde, im philosophischen Drama „Nathan“ p2b_041.003 der Toleranz und Gleichberechtigung einen Ausdruck zu geben. Nathan war p2b_041.004 gegenüber einem Göze, Wöllner und Konsorten Tendenzstück, im Hinblick auf p2b_041.005 die Weltidee der Toleranz hat es ewige Bedeutung.
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§ 29. Das Motivieren im Drama.
p2b_041.007 Alle überraschenden Ereignisse in der Handlung des Drama müssen p2b_041.008 so vorbereitet und erklärt sein, daß sie als wahrscheinlich erscheinen; p2b_041.009 sie müssen ihre Begründung erhalten. Man nennt dies motivieren.
p2b_041.010 Durch Motivieren bringt der Dichter die einzelnen Teile der Handlung in p2b_041.011 enge Beziehung, in einheitlichen Guß und Fluß, durch sie bewirkt er das dramatische p2b_041.012 Jdealisieren seines Stoffes (§ 27). Jch erinnere beispielsweise daran, p2b_041.013 wie Shakespeare durch feine Motivierung eine kleine Novelle zur Tragödie p2b_041.014 Romeo und Julia gestaltet. Er führt die übermütigen Genossen des Romeo p2b_041.015 ein, um diesen schwermütig erscheinen zu lassen. Er schafft die Masken= und p2b_041.016 die Balkonscene, um die entstehende Zuneigung der Liebenden glaubhaft zu p2b_041.017 machen und um zu beweisen, wie die süße Liebesleidenschaft das treibende Agens p2b_041.018 edler Liebenden wird. Er schafft die Figur des Lorenzo, um Verwicklung und p2b_041.019 Katastrophe zu motivieren. Er begründet den Haß Tybalts gegen Romeo und p2b_041.020 dessen Genossen schon in der Zwischenscene beim Maskenfest, um später durch p2b_041.021 Entfaltung der stärksten Motive, zu denen der Tot Mercutios gehört, Romeo p2b_041.022 zum Kampfe zu reizen. Die Novelle läßt hier den Romeo ohne weiteres verbannen. p2b_041.023 Shakespeare zeigt jedoch erst durch Motivierung den edlen Charakter p2b_041.024 der Julia, um für deren späteren verzweifelten Entschluß das Substrat zu liefern. p2b_041.025 Der Brautnacht läßt der Dichter das Versprechen des als heftig und hart p2b_041.026 motivierten Vaters vorausgehen, dem Paris die Tochter zu geben. Nun motiviert p2b_041.027 der Dichter auch noch durch Herbeiziehung des Zufalls, der sich p2b_041.028 an Schlaftrunk und Begrabenwerden reiht und dem Zuschauer als wahrscheinlich p2b_041.029 erscheint. Damit das Unglück um so unvermeidlicher erscheine, läßt seine p2b_041.030 Motivierung auch noch den Paris vor der Gruft töten. Alle Hoffnung sinkt: p2b_041.031 ─ Untergang! Das ist eine untadelige Motivierung! So zeigt Shakespeare p2b_041.032 den Unterschied zwischen epischer Darstellung und dramatischer Verbindung. Er p2b_041.033 zeigt aber auch, um die Worte des Aristoteles in § 20 zu gebrauchen, daß p2b_041.034 die Handlung das Erste und Wichtigste, die Charaktere erst das Zweite sind.
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§ 30. Aktion und Reaktion im Drama. Seine Dreiteilung.
p2b_041.036 1. Der Aktion des Helden im Drama (speziell in der Tragödie) p2b_041.037 stellt sich die Reaktion entgegen.
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Alle überraschenden Ereignisse in der Handlung des Drama müssen p2b_041.008
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/63>, abgerufen am 22.11.2024.
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