Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

p2b_522.001
geschichtlichen Maler gehabt haben. Jch muß nun von meinem Stoff reden ... p2b_522.002
Dieser Stoff ist national, das ist das Erste, was von ihm zu rühmen ist .... p2b_522.003
Die Nibelungenhelden sind echt deutsche Charaktertypen, wie sich solche ein p2b_522.004
Volk in der vorgeschichtlichen Zeit auf der Grundlage nicht weiter erkennbarer p2b_522.005
historischer Züge als Spiegelbild seiner besten sittlichen Kräfte dichtet. Die p2b_522.006
deutsche Milde und der gefürchtete, anhaltende deutsche Zorn, die deutsche Gutmütigkeit p2b_522.007
und Treue, die sich am stärksten in der eisernen Folge der tragischen p2b_522.008
Bestrafung einer Untreue ausspricht, der Frühlingsduft der Minne und der p2b_522.009
Schwertklang deutscher Tapferkeit, die zarte Schüchternheit und der zähe Eigensinn, p2b_522.010
der finstere Trotz, endlich das tiefe Menschheits- und Schicksals-Gefühl, p2b_522.011
worin alle diese bestimmten Töne sich wie in ihren Elementen bewegen: dies p2b_522.012
ist die weite und volle Brust unserer eigensten Volksnatur, die in diesem ewigen p2b_522.013
Gedichte voll und gesund atmet. (S. 410.) Das Nibelungenlied ist für die p2b_522.014
Oper wie gemacht, quillt und sprudelt von herrlichen musikalischen Motiven, p2b_522.015
wartet schon lange auf seinen Komponisten, fordert ihn gebieterisch: dies ist p2b_522.016
meine Behauptung, und diese Behauptung ist bewiesen, wenn ich nur den Jnhalt p2b_522.017
des Liedes in einer ungefähren scenischen Ordnung aufführe &c." (Vischer hat sodann p2b_522.018
den Entwurf eines Libretto in Prosa gegeben, der - wenn wir die p2b_522.019
späteren Nibelungentragödien recht beurteilen - den meisten derselben als Vorlage p2b_522.020
diente, für eine Oper jedoch viel zu reich ist, überhaupt den Fehler der p2b_522.021
Einteilung in 5 Akte hat. (Vgl. S. 526 3 d. Bds.) Richard Wagner war p2b_522.022
der von Vischer ersehnte Dichterkomponist, der sich der Riesenaufgabe unterzog, p2b_522.023
nicht nur den von den Urgermanen erdichteten Mythus in eine kunstgerechte p2b_522.024
dramatische Form zu gießen, sondern auch die gleichsam zur vollen Entwickelung p2b_522.025
gelangte Melodie für die im germanischen Mythos enthaltenen deutschen Empfindungen p2b_522.026
und Empfindungsgegensätze in charakteristischer, echt deutscher Weise zu p2b_522.027
schaffen. Früher, ehe unsere eigene Kunst und unser eigenes Leben in Deutschland p2b_522.028
sich gestaltete, nötigten alle Bestrebungen den Künstler, sich in ein Verhältnis p2b_522.029
zum Jdeale der griechischen Kunst zu setzen. Als dem deutschen p2b_522.030
Geist in seinem rastlos nach dem Jdeale ringenden Streben das Wesen der p2b_522.031
griechischen Kunst - die höchste Harmonie aller Seelenkräfte - sich erschloß p2b_522.032
und er dasjenige in ihr in plastisch schöner Gestalt verwirklicht fand, was er p2b_522.033
eben in seinem Jnnern herzustellen bemüht war, da vollzog sich gleichsam eine p2b_522.034
geistige Ehe zwischen zwei, bei aller Verwandtschaft verschieden gearteten Nationen. p2b_522.035
Die innere Unendlichkeit des deutschen Geistes fand Maß und Form, zur Tiefe p2b_522.036
gesellte sich die Klarheit, und die Jnnigkeit seines Gemütlebens umkleidete sich p2b_522.037
mit allem Zauber der Anmut. Dem deutschen Volke war es nunmehr vorbehalten, p2b_522.038
eine Wiedergeburt jener großen Vergangenheit herbeizuführen, wo der p2b_522.039
Mensch zum wahrhaftigsten Erfassen seines Wesens und zur harmonischen Darstellung p2b_522.040
desselben gelangt ist. Denn unsere Nation ist berufen, den andern p2b_522.041
Nationen gegenüber eine ähnliche Stellung einzunehmen, wie dies bei den Griechen p2b_522.042
in der alten Welt der Fall war. Unserem Volke fällt die Aufgabe zu, auf p2b_522.043
geistigem Gebiete den Lebensgehalt der fremden Völker in sich aufzunehmen p2b_522.044
und von allem Nichtigen und allen Schranken nationaler Einseitigkeit befreit,

p2b_522.001
geschichtlichen Maler gehabt haben. Jch muß nun von meinem Stoff reden ... p2b_522.002
Dieser Stoff ist national, das ist das Erste, was von ihm zu rühmen ist .... p2b_522.003
Die Nibelungenhelden sind echt deutsche Charaktertypen, wie sich solche ein p2b_522.004
Volk in der vorgeschichtlichen Zeit auf der Grundlage nicht weiter erkennbarer p2b_522.005
historischer Züge als Spiegelbild seiner besten sittlichen Kräfte dichtet. Die p2b_522.006
deutsche Milde und der gefürchtete, anhaltende deutsche Zorn, die deutsche Gutmütigkeit p2b_522.007
und Treue, die sich am stärksten in der eisernen Folge der tragischen p2b_522.008
Bestrafung einer Untreue ausspricht, der Frühlingsduft der Minne und der p2b_522.009
Schwertklang deutscher Tapferkeit, die zarte Schüchternheit und der zähe Eigensinn, p2b_522.010
der finstere Trotz, endlich das tiefe Menschheits- und Schicksals-Gefühl, p2b_522.011
worin alle diese bestimmten Töne sich wie in ihren Elementen bewegen: dies p2b_522.012
ist die weite und volle Brust unserer eigensten Volksnatur, die in diesem ewigen p2b_522.013
Gedichte voll und gesund atmet. (S. 410.) Das Nibelungenlied ist für die p2b_522.014
Oper wie gemacht, quillt und sprudelt von herrlichen musikalischen Motiven, p2b_522.015
wartet schon lange auf seinen Komponisten, fordert ihn gebieterisch: dies ist p2b_522.016
meine Behauptung, und diese Behauptung ist bewiesen, wenn ich nur den Jnhalt p2b_522.017
des Liedes in einer ungefähren scenischen Ordnung aufführe &c.“ (Vischer hat sodann p2b_522.018
den Entwurf eines Libretto in Prosa gegeben, der ─ wenn wir die p2b_522.019
späteren Nibelungentragödien recht beurteilen ─ den meisten derselben als Vorlage p2b_522.020
diente, für eine Oper jedoch viel zu reich ist, überhaupt den Fehler der p2b_522.021
Einteilung in 5 Akte hat. (Vgl. S. 526 3 d. Bds.) Richard Wagner war p2b_522.022
der von Vischer ersehnte Dichterkomponist, der sich der Riesenaufgabe unterzog, p2b_522.023
nicht nur den von den Urgermanen erdichteten Mythus in eine kunstgerechte p2b_522.024
dramatische Form zu gießen, sondern auch die gleichsam zur vollen Entwickelung p2b_522.025
gelangte Melodie für die im germanischen Mythos enthaltenen deutschen Empfindungen p2b_522.026
und Empfindungsgegensätze in charakteristischer, echt deutscher Weise zu p2b_522.027
schaffen. Früher, ehe unsere eigene Kunst und unser eigenes Leben in Deutschland p2b_522.028
sich gestaltete, nötigten alle Bestrebungen den Künstler, sich in ein Verhältnis p2b_522.029
zum Jdeale der griechischen Kunst zu setzen. Als dem deutschen p2b_522.030
Geist in seinem rastlos nach dem Jdeale ringenden Streben das Wesen der p2b_522.031
griechischen Kunst ─ die höchste Harmonie aller Seelenkräfte ─ sich erschloß p2b_522.032
und er dasjenige in ihr in plastisch schöner Gestalt verwirklicht fand, was er p2b_522.033
eben in seinem Jnnern herzustellen bemüht war, da vollzog sich gleichsam eine p2b_522.034
geistige Ehe zwischen zwei, bei aller Verwandtschaft verschieden gearteten Nationen. p2b_522.035
Die innere Unendlichkeit des deutschen Geistes fand Maß und Form, zur Tiefe p2b_522.036
gesellte sich die Klarheit, und die Jnnigkeit seines Gemütlebens umkleidete sich p2b_522.037
mit allem Zauber der Anmut. Dem deutschen Volke war es nunmehr vorbehalten, p2b_522.038
eine Wiedergeburt jener großen Vergangenheit herbeizuführen, wo der p2b_522.039
Mensch zum wahrhaftigsten Erfassen seines Wesens und zur harmonischen Darstellung p2b_522.040
desselben gelangt ist. Denn unsere Nation ist berufen, den andern p2b_522.041
Nationen gegenüber eine ähnliche Stellung einzunehmen, wie dies bei den Griechen p2b_522.042
in der alten Welt der Fall war. Unserem Volke fällt die Aufgabe zu, auf p2b_522.043
geistigem Gebiete den Lebensgehalt der fremden Völker in sich aufzunehmen p2b_522.044
und von allem Nichtigen und allen Schranken nationaler Einseitigkeit befreit,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0544" n="522"/><lb n="p2b_522.001"/>
geschichtlichen Maler gehabt haben. Jch muß nun von meinem Stoff reden ... <lb n="p2b_522.002"/>
Dieser Stoff ist <hi rendition="#g">national,</hi> das ist das Erste, was von ihm zu rühmen ist .... <lb n="p2b_522.003"/>
Die Nibelungenhelden sind echt deutsche Charaktertypen, wie sich solche ein <lb n="p2b_522.004"/>
Volk in der vorgeschichtlichen Zeit auf der Grundlage nicht weiter erkennbarer <lb n="p2b_522.005"/>
historischer Züge als Spiegelbild seiner besten sittlichen Kräfte dichtet. Die <lb n="p2b_522.006"/>
deutsche Milde und der gefürchtete, anhaltende deutsche Zorn, die deutsche Gutmütigkeit <lb n="p2b_522.007"/>
und Treue, die sich am stärksten in der eisernen Folge der tragischen <lb n="p2b_522.008"/>
Bestrafung einer Untreue ausspricht, der Frühlingsduft der Minne und der <lb n="p2b_522.009"/>
Schwertklang deutscher Tapferkeit, die zarte Schüchternheit und der zähe Eigensinn, <lb n="p2b_522.010"/>
der finstere Trotz, endlich das tiefe Menschheits- und Schicksals-Gefühl, <lb n="p2b_522.011"/>
worin alle diese bestimmten Töne sich wie in ihren Elementen bewegen: dies <lb n="p2b_522.012"/>
ist die weite und volle Brust unserer eigensten Volksnatur, die in diesem ewigen <lb n="p2b_522.013"/>
Gedichte voll und gesund atmet. (S. 410.) Das Nibelungenlied ist für die <lb n="p2b_522.014"/>
Oper wie gemacht, quillt und sprudelt von herrlichen musikalischen Motiven, <lb n="p2b_522.015"/>
wartet schon lange auf seinen Komponisten, fordert ihn gebieterisch: dies ist <lb n="p2b_522.016"/>
meine Behauptung, und diese Behauptung ist bewiesen, wenn ich nur den Jnhalt <lb n="p2b_522.017"/>
des Liedes in einer ungefähren scenischen Ordnung aufführe &amp;c.&#x201C; (Vischer hat sodann <lb n="p2b_522.018"/>
den Entwurf eines Libretto in Prosa gegeben, der &#x2500; wenn wir die <lb n="p2b_522.019"/>
späteren Nibelungentragödien recht beurteilen &#x2500; den meisten derselben als Vorlage <lb n="p2b_522.020"/>
diente, für eine Oper jedoch viel zu reich ist, überhaupt den Fehler der <lb n="p2b_522.021"/>
Einteilung in 5 Akte hat. (Vgl. S. 526 3 d. Bds.) Richard Wagner war <lb n="p2b_522.022"/>
der von Vischer ersehnte Dichterkomponist, der sich der Riesenaufgabe unterzog, <lb n="p2b_522.023"/>
nicht nur den von den Urgermanen erdichteten Mythus in eine kunstgerechte <lb n="p2b_522.024"/>
dramatische Form zu gießen, sondern auch die gleichsam zur vollen Entwickelung <lb n="p2b_522.025"/>
gelangte Melodie für die im germanischen Mythos enthaltenen deutschen Empfindungen <lb n="p2b_522.026"/>
und Empfindungsgegensätze in charakteristischer, <hi rendition="#g">echt deutscher</hi> Weise zu <lb n="p2b_522.027"/>
schaffen. Früher, ehe unsere eigene Kunst und unser eigenes Leben in Deutschland <lb n="p2b_522.028"/>
sich gestaltete, nötigten alle Bestrebungen den Künstler, sich in ein Verhältnis <lb n="p2b_522.029"/>
zum Jdeale der <hi rendition="#g">griechischen</hi> Kunst zu setzen. Als dem deutschen <lb n="p2b_522.030"/>
Geist in seinem rastlos nach dem Jdeale ringenden Streben das Wesen der <lb n="p2b_522.031"/>
griechischen Kunst &#x2500; die höchste Harmonie aller Seelenkräfte &#x2500; sich erschloß <lb n="p2b_522.032"/>
und er dasjenige in ihr in plastisch schöner Gestalt verwirklicht fand, was er <lb n="p2b_522.033"/>
eben in seinem Jnnern herzustellen bemüht war, da vollzog sich gleichsam eine <lb n="p2b_522.034"/>
geistige Ehe zwischen zwei, bei aller Verwandtschaft verschieden gearteten Nationen. <lb n="p2b_522.035"/>
Die innere Unendlichkeit des deutschen Geistes fand Maß und Form, zur Tiefe <lb n="p2b_522.036"/>
gesellte sich die Klarheit, und die Jnnigkeit seines Gemütlebens umkleidete sich <lb n="p2b_522.037"/>
mit allem Zauber der Anmut. Dem deutschen Volke war es nunmehr vorbehalten, <lb n="p2b_522.038"/>
eine Wiedergeburt jener großen Vergangenheit herbeizuführen, wo der <lb n="p2b_522.039"/>
Mensch zum wahrhaftigsten Erfassen seines Wesens und zur harmonischen Darstellung <lb n="p2b_522.040"/>
desselben gelangt ist. Denn unsere Nation ist berufen, den andern <lb n="p2b_522.041"/>
Nationen gegenüber eine ähnliche Stellung einzunehmen, wie dies bei den Griechen <lb n="p2b_522.042"/>
in der alten Welt der Fall war. Unserem Volke fällt die Aufgabe zu, auf <lb n="p2b_522.043"/>
geistigem Gebiete den Lebensgehalt der fremden Völker in sich aufzunehmen <lb n="p2b_522.044"/>
und von allem Nichtigen und allen Schranken nationaler Einseitigkeit befreit,
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[522/0544] p2b_522.001 geschichtlichen Maler gehabt haben. Jch muß nun von meinem Stoff reden ... p2b_522.002 Dieser Stoff ist national, das ist das Erste, was von ihm zu rühmen ist .... p2b_522.003 Die Nibelungenhelden sind echt deutsche Charaktertypen, wie sich solche ein p2b_522.004 Volk in der vorgeschichtlichen Zeit auf der Grundlage nicht weiter erkennbarer p2b_522.005 historischer Züge als Spiegelbild seiner besten sittlichen Kräfte dichtet. Die p2b_522.006 deutsche Milde und der gefürchtete, anhaltende deutsche Zorn, die deutsche Gutmütigkeit p2b_522.007 und Treue, die sich am stärksten in der eisernen Folge der tragischen p2b_522.008 Bestrafung einer Untreue ausspricht, der Frühlingsduft der Minne und der p2b_522.009 Schwertklang deutscher Tapferkeit, die zarte Schüchternheit und der zähe Eigensinn, p2b_522.010 der finstere Trotz, endlich das tiefe Menschheits- und Schicksals-Gefühl, p2b_522.011 worin alle diese bestimmten Töne sich wie in ihren Elementen bewegen: dies p2b_522.012 ist die weite und volle Brust unserer eigensten Volksnatur, die in diesem ewigen p2b_522.013 Gedichte voll und gesund atmet. (S. 410.) Das Nibelungenlied ist für die p2b_522.014 Oper wie gemacht, quillt und sprudelt von herrlichen musikalischen Motiven, p2b_522.015 wartet schon lange auf seinen Komponisten, fordert ihn gebieterisch: dies ist p2b_522.016 meine Behauptung, und diese Behauptung ist bewiesen, wenn ich nur den Jnhalt p2b_522.017 des Liedes in einer ungefähren scenischen Ordnung aufführe &c.“ (Vischer hat sodann p2b_522.018 den Entwurf eines Libretto in Prosa gegeben, der ─ wenn wir die p2b_522.019 späteren Nibelungentragödien recht beurteilen ─ den meisten derselben als Vorlage p2b_522.020 diente, für eine Oper jedoch viel zu reich ist, überhaupt den Fehler der p2b_522.021 Einteilung in 5 Akte hat. (Vgl. S. 526 3 d. Bds.) Richard Wagner war p2b_522.022 der von Vischer ersehnte Dichterkomponist, der sich der Riesenaufgabe unterzog, p2b_522.023 nicht nur den von den Urgermanen erdichteten Mythus in eine kunstgerechte p2b_522.024 dramatische Form zu gießen, sondern auch die gleichsam zur vollen Entwickelung p2b_522.025 gelangte Melodie für die im germanischen Mythos enthaltenen deutschen Empfindungen p2b_522.026 und Empfindungsgegensätze in charakteristischer, echt deutscher Weise zu p2b_522.027 schaffen. Früher, ehe unsere eigene Kunst und unser eigenes Leben in Deutschland p2b_522.028 sich gestaltete, nötigten alle Bestrebungen den Künstler, sich in ein Verhältnis p2b_522.029 zum Jdeale der griechischen Kunst zu setzen. Als dem deutschen p2b_522.030 Geist in seinem rastlos nach dem Jdeale ringenden Streben das Wesen der p2b_522.031 griechischen Kunst ─ die höchste Harmonie aller Seelenkräfte ─ sich erschloß p2b_522.032 und er dasjenige in ihr in plastisch schöner Gestalt verwirklicht fand, was er p2b_522.033 eben in seinem Jnnern herzustellen bemüht war, da vollzog sich gleichsam eine p2b_522.034 geistige Ehe zwischen zwei, bei aller Verwandtschaft verschieden gearteten Nationen. p2b_522.035 Die innere Unendlichkeit des deutschen Geistes fand Maß und Form, zur Tiefe p2b_522.036 gesellte sich die Klarheit, und die Jnnigkeit seines Gemütlebens umkleidete sich p2b_522.037 mit allem Zauber der Anmut. Dem deutschen Volke war es nunmehr vorbehalten, p2b_522.038 eine Wiedergeburt jener großen Vergangenheit herbeizuführen, wo der p2b_522.039 Mensch zum wahrhaftigsten Erfassen seines Wesens und zur harmonischen Darstellung p2b_522.040 desselben gelangt ist. Denn unsere Nation ist berufen, den andern p2b_522.041 Nationen gegenüber eine ähnliche Stellung einzunehmen, wie dies bei den Griechen p2b_522.042 in der alten Welt der Fall war. Unserem Volke fällt die Aufgabe zu, auf p2b_522.043 geistigem Gebiete den Lebensgehalt der fremden Völker in sich aufzunehmen p2b_522.044 und von allem Nichtigen und allen Schranken nationaler Einseitigkeit befreit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/544
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/544>, abgerufen am 17.07.2024.