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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Aber ungebeugt fühlt er sich im Glauben an die glückverheißenden Gestirne; p2b_447.002
hoffnungsvoll zieht er in Eger ein, das sein Grab werden soll. Ergreifend p2b_447.003
wirkt das menschlich innige Fühlen Wallensteins. Angesichts der schlimmen p2b_447.004
Konstellation drängt sich ihm der Gedanke an die Vergänglichkeit auf. Er p2b_447.005
stellt Betrachtungen über den Tod des Max an. Diese Milde im Unglück p2b_447.006
ergreift uns tief. Wir erkennen: Wallenstein ist ein Held, der ein menschliches p2b_447.007
Herz hat, das wie das unserige empfindet, das des Lebens Lust und Leid zu p2b_447.008
erfassen vermag. Dies zeigt der Schluß der Tragödie, und dies sichert dem p2b_447.009
Helden unsere herzlichste Anteilnahme an seinem Unglücke zu.

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Trotz aller Warnungen geht er ruhig zu Bette. Wehmütig fühlen wir p2b_447.011
die rührende Katastrophe, und es ergreift uns die Doppeldeutigkeit der so absichtslos p2b_447.012
gesprochenen letzten Worte mit tragischer Gewalt: "Jch denke einen p2b_447.013
langen Schlaf zu thun."

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2. Die Gräfin Terzky. Sie ist eine hochverständige, klug berechnende, p2b_447.015
weltgewandte Frau. Sie redet sich ein, daß es ihrem Bruder um die Krone p2b_447.016
Böhmens zu thun sei, und weiß ihn durch alle Künste der Überredung dahin p2b_447.017
zu bringen, gegen den Kaiser in Aufwallung zu geraten und ihre Gedanken für p2b_447.018
die seinigen zu halten. Unermüdet ist sie den Plänen des Bruders zugethan; p2b_447.019
sie ist überall thätig und hat einen wesentlichen Anteil am Verhältnis des p2b_447.020
Max zu Thekla. Sie kann das tragische Ende des Bruders nicht überleben p2b_447.021
und zeigt sich als eine wirkliche Heldin, die durch den Tod sühnt, was sie p2b_447.022
durch ihren Anteil an der Katastrophe verschuldete.

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3. Max. Ein herrlicher, großangelegter Charakter voll Kraft, Unschuld und p2b_447.024
Reinheit der Gesinnung, voll Milde, Freundschaft und Treue. Er erscheint p2b_447.025
wie ein guter Genius unter all den finstern Gestalten in Wallensteins unheilbringender p2b_447.026
Umgebung. Ohne Falsch steht er den Machinationen seiner Umgebung p2b_447.027
gegenüber da. Nicht einen Augenblick strauchelt er auf den Pfaden p2b_447.028
der Wahrheit und des Rechts. Offenen Blicks tritt er an Wallenstein hinan p2b_447.029
und bietet alles auf, diesen zur Pflicht zurückzuführen. Wallenstein läßt ihn p2b_447.030
in sein Herz sehen und gesteht, daß es für ihn leider keine Wahl mehr gebe. p2b_447.031
Da trennt sich Max blutenden Herzens.

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Es zeugt von der tiefsten Kenntnis des menschlichen Herzens, wie der p2b_447.033
Dichter den Abschied des Max von der Thekla darstellt.

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Diese Scene ist von einer wunderbaren Schönheit und Gewalt. Aus p2b_447.035
allen Versuchungen geht Max rein und siegreich hervor. Er läßt Thekla entscheiden p2b_447.036
und diese bestärkt ihn in der Treue gegen den Kaiser. Liebe und p2b_447.037
Pflichtgefühl kämpfen den schwersten Kampf. Aber er folgt der Pflicht und p2b_447.038
geht - in den Tod, den er im Kampf mit den Schweden findet.

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4. Thekla. Eine ebenso bedeutende, ja, in vielen Stücken noch wunderbarere p2b_447.040
Figur ist Thekla. Sie ist unschuldig und wahr - wie Max. Dazu p2b_447.041
hat ihr die Natur die sanften Saiten des Herzens ihrer Mutter gegeben. p2b_447.042
Unverbildet aus der klösterlichen Erziehung hervorgegangen, ist sie tief empfänglich p2b_447.043
für die Liebe zu Max, der ihr ganzes Herz erfüllt. Sie gelobt Treue p2b_447.044
und übt sie; ja, sie beweist die Treue durch Aufopferung in Beantwortung

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Trotz aller Warnungen geht er ruhig zu Bette. Wehmütig fühlen wir p2b_447.011
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Es zeugt von der tiefsten Kenntnis des menschlichen Herzens, wie der p2b_447.033
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/469>, abgerufen am 23.11.2024.