Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

p2b_424.001
4. Das Wort Tragödie ist abzuleiten von tragos Bock und ode Gesang.

p2b_424.002
Es bildete ursprünglich die Bezeichnung für jeden mimischen Chorgesang p2b_424.003
oder Dithyrambus, welcher bei den üblichen Bocksopfern gelegentlich der griechischen p2b_424.004
Dionysusfeste angestimmt wurde, indem sich der Chor zur Nachahmung p2b_424.005
der Satyrgestalt in Bocksfelle hüllte. Das Wort tragoedia bedeutete 1. Bocksgesang, p2b_424.006
weil dem Sieger in der Tragödie ein Bock geschenkt wurde (vgl. p2b_424.007
die Jnschrift der zu Marseille 150 n. Chr. gefundenen, jetzt in Oxford befindlichen p2b_424.008
Marmortafel: "und zum Preise wurde der Bock gegeben"); p2b_424.009
2. Gesang der Böcke, d. h. der Satyrn, welche mit den Böcken identifiziert p2b_424.010
werden; 3. Bocksopfergesang, vorgetragen dem Dionys zu Ehren, denn bekanntlich p2b_424.011
ist der tragos das Opfer des Dionysos, weil der Bock die Weinreben p2b_424.012
benagt, was ein deutsch gegebenes Epigramm besagt: "Benage nur, o Bock, p2b_424.013
meine Wurzeln, es wird mir doch noch soviel Wein übrig bleiben, p2b_424.014
um dich dazu zu verspeisen.
" (Näheres s. weiter unten unter Litteratur.)

p2b_424.015
Jn welcher Art aus dem Dithyrambus, den Arion schon (ca. 600 v. Chr.) p2b_424.016
von kunstmäßig einstudierten Chören aufführen ließ, die Tragödie entstand, p2b_424.017
haben wir unter Litteratur dargelegt.

p2b_424.018
Aristoteles nennt bereits die Tragödie die Darstellung (mimesis) einer p2b_424.019
bedeutenden, in sich abgeschlossenen Handlung von gewissem Umfange in angenehmer p2b_424.020
Sprache, ausgeführt von Handelnden und nicht durch Erzählung, p2b_424.021
sondern durch Mitleid und Furcht die Reinigung (Katharsis) solcher Affekte p2b_424.022
vollbringend (katharsis ton pathematon. Vgl. Arist. poet. cap. VI).

p2b_424.023
Gustav Rümelin (Reden, Aufsätze &c. Tübingen 1875 S. 382) interpretiert p2b_424.024
diese Anschauung des großen Denkers von Stagira dahin, daß die p2b_424.025
Tragödie durch Erweckung von Furcht und Mitleid eine Entlastung des Gemüts p2b_424.026
von dem Druck eben dieser Stimmung bewirke. - Bernays, wohl der beste p2b_424.027
Katharsiserklärer, übersetzt: Die Tragödie bewirkt durch (Erregung von) Mitleid p2b_424.028
und Furcht die erleichternde Entladung solcher (mitleidigen und furchtsamen) p2b_424.029
Gemütsaffektionen. - Mitleid und Furcht nennt Klein (Gesch. d. Dramen V p2b_424.030
338) ein tragisches Zwillingspaar, dem sodann Aug. Siebenlist (a. a. O. 55) p2b_424.031
seine Stellung im Sinne Schopenhauers anweist. - Auch Otto Ribbeck (Anfänge p2b_424.032
und Entwickelung des Dionysoskultus 1869 S. 59) erblickt die Aufgabe p2b_424.033
der Tragödie in der Befreiung des belasteten Gemüts, in der Entladung stürmischer p2b_424.034
Affekte.

p2b_424.035
Durch die Musen Melpomene und Thalia stellt die bildende Kunst die p2b_424.036
Tragödie und die Komödie dar; jene hält die tragische Maske in der Hand, p2b_424.037
diese die komische.

p2b_424.038
5. Vergleichen wir die Tragödie mit dem Epos und dem Roman, so p2b_424.039
finden wir, daß es sich in diesen drei Dichtungsgattungen um eine hervorragende, p2b_424.040
das Jnteresse in Anspruch nehmende Persönlichkeit handelt. Alle drei p2b_424.041
zeigen das Eingreifen von Verhältnissen, die oft nicht vorauszusehen und p2b_424.042
zu beherrschen sind. Alle drei bedingen endlich das Eintreten von Nebenpersonen, p2b_424.043
welche das Schicksal des Helden verzögern oder auch rascher herbeiführen p2b_424.044
helfen.

p2b_424.001
4. Das Wort Tragödie ist abzuleiten von τράγος Bock und ᾠδή Gesang.

p2b_424.002
Es bildete ursprünglich die Bezeichnung für jeden mimischen Chorgesang p2b_424.003
oder Dithyrambus, welcher bei den üblichen Bocksopfern gelegentlich der griechischen p2b_424.004
Dionysusfeste angestimmt wurde, indem sich der Chor zur Nachahmung p2b_424.005
der Satyrgestalt in Bocksfelle hüllte. Das Wort tragoedia bedeutete 1. Bocksgesang, p2b_424.006
weil dem Sieger in der Tragödie ein Bock geschenkt wurde (vgl. p2b_424.007
die Jnschrift der zu Marseille 150 n. Chr. gefundenen, jetzt in Oxford befindlichen p2b_424.008
Marmortafel: „und zum Preise wurde der Bock gegeben“); p2b_424.009
2. Gesang der Böcke, d. h. der Satyrn, welche mit den Böcken identifiziert p2b_424.010
werden; 3. Bocksopfergesang, vorgetragen dem Dionys zu Ehren, denn bekanntlich p2b_424.011
ist der τράγος das Opfer des Dionysos, weil der Bock die Weinreben p2b_424.012
benagt, was ein deutsch gegebenes Epigramm besagt: „Benage nur, o Bock, p2b_424.013
meine Wurzeln, es wird mir doch noch soviel Wein übrig bleiben, p2b_424.014
um dich dazu zu verspeisen.
“ (Näheres s. weiter unten unter Litteratur.)

p2b_424.015
Jn welcher Art aus dem Dithyrambus, den Arion schon (ca. 600 v. Chr.) p2b_424.016
von kunstmäßig einstudierten Chören aufführen ließ, die Tragödie entstand, p2b_424.017
haben wir unter Litteratur dargelegt.

p2b_424.018
Aristoteles nennt bereits die Tragödie die Darstellung (μίμησις) einer p2b_424.019
bedeutenden, in sich abgeschlossenen Handlung von gewissem Umfange in angenehmer p2b_424.020
Sprache, ausgeführt von Handelnden und nicht durch Erzählung, p2b_424.021
sondern durch Mitleid und Furcht die Reinigung (Katharsis) solcher Affekte p2b_424.022
vollbringend (κάθαρσις τῶν παθημάτων. Vgl. Arist. poet. cap. VI).

p2b_424.023
Gustav Rümelin (Reden, Aufsätze &c. Tübingen 1875 S. 382) interpretiert p2b_424.024
diese Anschauung des großen Denkers von Stagira dahin, daß die p2b_424.025
Tragödie durch Erweckung von Furcht und Mitleid eine Entlastung des Gemüts p2b_424.026
von dem Druck eben dieser Stimmung bewirke. ─ Bernays, wohl der beste p2b_424.027
Katharsiserklärer, übersetzt: Die Tragödie bewirkt durch (Erregung von) Mitleid p2b_424.028
und Furcht die erleichternde Entladung solcher (mitleidigen und furchtsamen) p2b_424.029
Gemütsaffektionen. ─ Mitleid und Furcht nennt Klein (Gesch. d. Dramen V p2b_424.030
338) ein tragisches Zwillingspaar, dem sodann Aug. Siebenlist (a. a. O. 55) p2b_424.031
seine Stellung im Sinne Schopenhauers anweist. ─ Auch Otto Ribbeck (Anfänge p2b_424.032
und Entwickelung des Dionysoskultus 1869 S. 59) erblickt die Aufgabe p2b_424.033
der Tragödie in der Befreiung des belasteten Gemüts, in der Entladung stürmischer p2b_424.034
Affekte.

p2b_424.035
Durch die Musen Melpomene und Thalia stellt die bildende Kunst die p2b_424.036
Tragödie und die Komödie dar; jene hält die tragische Maske in der Hand, p2b_424.037
diese die komische.

p2b_424.038
5. Vergleichen wir die Tragödie mit dem Epos und dem Roman, so p2b_424.039
finden wir, daß es sich in diesen drei Dichtungsgattungen um eine hervorragende, p2b_424.040
das Jnteresse in Anspruch nehmende Persönlichkeit handelt. Alle drei p2b_424.041
zeigen das Eingreifen von Verhältnissen, die oft nicht vorauszusehen und p2b_424.042
zu beherrschen sind. Alle drei bedingen endlich das Eintreten von Nebenpersonen, p2b_424.043
welche das Schicksal des Helden verzögern oder auch rascher herbeiführen p2b_424.044
helfen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0446" n="424"/>
              <p><lb n="p2b_424.001"/>
4. Das Wort Tragödie ist abzuleiten von <foreign xml:lang="grc">&#x03C4;&#x03C1;&#x03AC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> Bock und <foreign xml:lang="grc">&#x1FA0;&#x03B4;&#x03AE;</foreign> Gesang.</p>
              <p><lb n="p2b_424.002"/>
Es bildete ursprünglich die Bezeichnung für jeden mimischen Chorgesang <lb n="p2b_424.003"/>
oder Dithyrambus, welcher bei den üblichen Bocksopfern gelegentlich der griechischen <lb n="p2b_424.004"/>
Dionysusfeste angestimmt wurde, indem sich der Chor zur Nachahmung <lb n="p2b_424.005"/>
der Satyrgestalt in Bocksfelle hüllte. Das Wort <hi rendition="#aq">tragoedia</hi> bedeutete 1. Bocksgesang, <lb n="p2b_424.006"/>
weil dem Sieger in der Tragödie ein Bock geschenkt wurde (vgl. <lb n="p2b_424.007"/>
die Jnschrift der zu Marseille 150 n. Chr. gefundenen, jetzt in Oxford befindlichen <lb n="p2b_424.008"/>
Marmortafel: &#x201E;<hi rendition="#g">und zum Preise wurde der Bock gegeben</hi>&#x201C;); <lb n="p2b_424.009"/>
2. Gesang der Böcke, d. h. der Satyrn, welche mit den Böcken identifiziert <lb n="p2b_424.010"/>
werden; 3. Bocksopfergesang, vorgetragen dem Dionys zu Ehren, denn bekanntlich <lb n="p2b_424.011"/>
ist der <foreign xml:lang="grc">&#x03C4;&#x03C1;&#x03AC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> das Opfer des Dionysos, weil der Bock die Weinreben <lb n="p2b_424.012"/>
benagt, was ein deutsch gegebenes Epigramm besagt: &#x201E;<hi rendition="#g">Benage nur,</hi> o <hi rendition="#g">Bock, <lb n="p2b_424.013"/>
meine Wurzeln, es wird mir doch noch soviel Wein übrig bleiben, <lb n="p2b_424.014"/>
um dich dazu zu verspeisen.</hi>&#x201C; (Näheres s. weiter unten unter Litteratur.)</p>
              <p><lb n="p2b_424.015"/>
Jn welcher Art aus dem Dithyrambus, den Arion schon (ca. 600 v. Chr.) <lb n="p2b_424.016"/>
von kunstmäßig einstudierten Chören aufführen ließ, die Tragödie entstand, <lb n="p2b_424.017"/>
haben wir unter Litteratur dargelegt.</p>
              <p><lb n="p2b_424.018"/>
Aristoteles nennt bereits die Tragödie die Darstellung (<foreign xml:lang="grc">&#x03BC;&#x03AF;&#x03BC;&#x03B7;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2;</foreign>) einer <lb n="p2b_424.019"/>
bedeutenden, in sich abgeschlossenen Handlung von gewissem Umfange in angenehmer <lb n="p2b_424.020"/>
Sprache, ausgeführt von Handelnden und nicht durch Erzählung, <lb n="p2b_424.021"/>
sondern durch Mitleid und Furcht die Reinigung (Katharsis) solcher Affekte <lb n="p2b_424.022"/>
vollbringend (<foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03AC;&#x03B8;&#x03B1;&#x03C1;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03B7;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD;</foreign>. Vgl. Arist. <hi rendition="#aq">poet. cap. VI</hi>).</p>
              <p><lb n="p2b_424.023"/>
Gustav Rümelin (Reden, Aufsätze &amp;c. Tübingen 1875 S. 382) interpretiert <lb n="p2b_424.024"/>
diese Anschauung des großen Denkers von Stagira dahin, daß die <lb n="p2b_424.025"/>
Tragödie durch Erweckung von Furcht und Mitleid eine Entlastung des Gemüts <lb n="p2b_424.026"/>
von dem Druck eben dieser Stimmung bewirke. &#x2500; Bernays, wohl der beste <lb n="p2b_424.027"/>
Katharsiserklärer, übersetzt: Die Tragödie bewirkt durch (Erregung von) Mitleid <lb n="p2b_424.028"/>
und Furcht die erleichternde Entladung solcher (mitleidigen und furchtsamen) <lb n="p2b_424.029"/>
Gemütsaffektionen. &#x2500; Mitleid und Furcht nennt Klein (Gesch. d. Dramen <hi rendition="#aq">V</hi> <lb n="p2b_424.030"/>
338) ein tragisches Zwillingspaar, dem sodann Aug. Siebenlist (a. a. O. 55) <lb n="p2b_424.031"/>
seine Stellung im Sinne Schopenhauers anweist. &#x2500; Auch Otto Ribbeck (Anfänge <lb n="p2b_424.032"/>
und Entwickelung des Dionysoskultus 1869 S. 59) erblickt die Aufgabe <lb n="p2b_424.033"/>
der Tragödie in der Befreiung des belasteten Gemüts, in der Entladung stürmischer <lb n="p2b_424.034"/>
Affekte.</p>
              <p><lb n="p2b_424.035"/>
Durch die Musen Melpomene und Thalia stellt die bildende Kunst die <lb n="p2b_424.036"/>
Tragödie und die Komödie dar; jene hält die tragische Maske in der Hand, <lb n="p2b_424.037"/>
diese die komische.</p>
              <p><lb n="p2b_424.038"/>
5. Vergleichen wir die Tragödie mit dem Epos und dem Roman, so <lb n="p2b_424.039"/>
finden wir, daß es sich in diesen drei Dichtungsgattungen um eine hervorragende, <lb n="p2b_424.040"/>
das Jnteresse in Anspruch nehmende Persönlichkeit handelt. Alle drei <lb n="p2b_424.041"/> <hi rendition="#g">zeigen</hi> das Eingreifen von Verhältnissen, die oft nicht vorauszusehen und <lb n="p2b_424.042"/>
zu beherrschen sind. Alle drei bedingen endlich das Eintreten von Nebenpersonen, <lb n="p2b_424.043"/>
welche das Schicksal des Helden verzögern oder auch rascher herbeiführen <lb n="p2b_424.044"/>
helfen.</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0446] p2b_424.001 4. Das Wort Tragödie ist abzuleiten von τράγος Bock und ᾠδή Gesang. p2b_424.002 Es bildete ursprünglich die Bezeichnung für jeden mimischen Chorgesang p2b_424.003 oder Dithyrambus, welcher bei den üblichen Bocksopfern gelegentlich der griechischen p2b_424.004 Dionysusfeste angestimmt wurde, indem sich der Chor zur Nachahmung p2b_424.005 der Satyrgestalt in Bocksfelle hüllte. Das Wort tragoedia bedeutete 1. Bocksgesang, p2b_424.006 weil dem Sieger in der Tragödie ein Bock geschenkt wurde (vgl. p2b_424.007 die Jnschrift der zu Marseille 150 n. Chr. gefundenen, jetzt in Oxford befindlichen p2b_424.008 Marmortafel: „und zum Preise wurde der Bock gegeben“); p2b_424.009 2. Gesang der Böcke, d. h. der Satyrn, welche mit den Böcken identifiziert p2b_424.010 werden; 3. Bocksopfergesang, vorgetragen dem Dionys zu Ehren, denn bekanntlich p2b_424.011 ist der τράγος das Opfer des Dionysos, weil der Bock die Weinreben p2b_424.012 benagt, was ein deutsch gegebenes Epigramm besagt: „Benage nur, o Bock, p2b_424.013 meine Wurzeln, es wird mir doch noch soviel Wein übrig bleiben, p2b_424.014 um dich dazu zu verspeisen.“ (Näheres s. weiter unten unter Litteratur.) p2b_424.015 Jn welcher Art aus dem Dithyrambus, den Arion schon (ca. 600 v. Chr.) p2b_424.016 von kunstmäßig einstudierten Chören aufführen ließ, die Tragödie entstand, p2b_424.017 haben wir unter Litteratur dargelegt. p2b_424.018 Aristoteles nennt bereits die Tragödie die Darstellung (μίμησις) einer p2b_424.019 bedeutenden, in sich abgeschlossenen Handlung von gewissem Umfange in angenehmer p2b_424.020 Sprache, ausgeführt von Handelnden und nicht durch Erzählung, p2b_424.021 sondern durch Mitleid und Furcht die Reinigung (Katharsis) solcher Affekte p2b_424.022 vollbringend (κάθαρσις τῶν παθημάτων. Vgl. Arist. poet. cap. VI). p2b_424.023 Gustav Rümelin (Reden, Aufsätze &c. Tübingen 1875 S. 382) interpretiert p2b_424.024 diese Anschauung des großen Denkers von Stagira dahin, daß die p2b_424.025 Tragödie durch Erweckung von Furcht und Mitleid eine Entlastung des Gemüts p2b_424.026 von dem Druck eben dieser Stimmung bewirke. ─ Bernays, wohl der beste p2b_424.027 Katharsiserklärer, übersetzt: Die Tragödie bewirkt durch (Erregung von) Mitleid p2b_424.028 und Furcht die erleichternde Entladung solcher (mitleidigen und furchtsamen) p2b_424.029 Gemütsaffektionen. ─ Mitleid und Furcht nennt Klein (Gesch. d. Dramen V p2b_424.030 338) ein tragisches Zwillingspaar, dem sodann Aug. Siebenlist (a. a. O. 55) p2b_424.031 seine Stellung im Sinne Schopenhauers anweist. ─ Auch Otto Ribbeck (Anfänge p2b_424.032 und Entwickelung des Dionysoskultus 1869 S. 59) erblickt die Aufgabe p2b_424.033 der Tragödie in der Befreiung des belasteten Gemüts, in der Entladung stürmischer p2b_424.034 Affekte. p2b_424.035 Durch die Musen Melpomene und Thalia stellt die bildende Kunst die p2b_424.036 Tragödie und die Komödie dar; jene hält die tragische Maske in der Hand, p2b_424.037 diese die komische. p2b_424.038 5. Vergleichen wir die Tragödie mit dem Epos und dem Roman, so p2b_424.039 finden wir, daß es sich in diesen drei Dichtungsgattungen um eine hervorragende, p2b_424.040 das Jnteresse in Anspruch nehmende Persönlichkeit handelt. Alle drei p2b_424.041 zeigen das Eingreifen von Verhältnissen, die oft nicht vorauszusehen und p2b_424.042 zu beherrschen sind. Alle drei bedingen endlich das Eintreten von Nebenpersonen, p2b_424.043 welche das Schicksal des Helden verzögern oder auch rascher herbeiführen p2b_424.044 helfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/446
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/446>, abgerufen am 23.11.2024.