p2b_277.001 Jllustration des Helden eingeschalteten Episoden (Zwischen- oder Nebenhandlungen), p2b_277.002 wenn auch an und für sich nicht unbedeutend, müssen allezeit der p2b_277.003 Haupthandlung untergeordnet sein. Sie dürfen nicht außerhalb des Kreises p2b_277.004 liegen, den die Jdee beherrscht. Die Episoden im Epos sind wenig empfehlenswert p2b_277.005 am Ende, wo der Fluß nicht mehr gehemmt werden sollte. Es ist gestattet, p2b_277.006 in den Episoden Sagen aus verschiedenen Zeiträumen zu vereinen und p2b_277.007 daher Personen verschiedener Zeiten zusammenzustellen (z. B. im Nibelungenepos p2b_277.008 den Bischof von Passau mit den Nibelungen), wenn sie nur in kausalem Zusammenhang p2b_277.009 stehen; ferner darf sogar Wunderbares, oft menschliche Verhältnisse p2b_277.010 Übersteigendes herbeigezogen werden, um den oder die Helden groß und erhaben p2b_277.011 darzustellen. Freilich muß der Dichter in der Wahl und Anwendung p2b_277.012 solcher Mittel behutsam verfahren. Er darf sich wohl auf dem Gebiet einer p2b_277.013 neuen und ungewohnten Darstellung bewegen, aber die Mittel, die er zur Vollendung p2b_277.014 des Ganzen selbst zu erfinden oder wegen ihrer inneren Erheblichkeit p2b_277.015 anzuwenden berechtigt ist, müssen natürlich gehandhabt werden.
p2b_277.016 5. Da die Darstellungsweise des Epos in Handlung und Gestalt eine p2b_277.017 plastische zu sein hat, so muß sein Stil epische Ruhe und Würde beweisen. p2b_277.018 (Homer hat diese unter Vermeidung der Jnterpunktion in den letzten Takten p2b_277.019 des Hexameters dadurch erzielt, daß er das praesens historicum vermied p2b_277.020 und die Reden mittelst stehender Wendungen abschloß und durch ausführliche p2b_277.021 Gleichnisse und wiederkehrende Epitheta, wie endlich durch versus iteratip2b_277.022 ausstattete.) Der Ton im Epos kann übrigens sehr verschieden sein (vgl. z. B. p2b_277.023 Jlias I. 528. 599. XV. 15 ff. VI. 429 f. 476. - I. 325 und X. 15.), p2b_277.024 sowie Laune und Spott in der Rede des Thersites. (B. II. 211-244.)
p2b_277.025 6. Die Wahl der Form im Epos steht dem Dichter frei, und es handelt p2b_277.026 sich nur darum, daß diese Form im Einklang mit dem Jnhalt und den p2b_277.027 Forderungen an die mündliche Mitteilbarkeit stehe. Das Metrum muß sich zum p2b_277.028 poetischen Stoff verhalten, wie Einheit zur Mannigfaltigkeit. Es darf nicht zu p2b_277.029 kunstlos sein, wenn es nicht den idealen Gehalt der Anschauung in zu große p2b_277.030 Nähe zur prosaischen Wirklichkeit bringen will; andernteils sollte es nie zu p2b_277.031 prätentiös künstlich sein, um nicht die Aufmerksamkeit des Hörers oder Sängers p2b_277.032 von dem Wesen der Dichtung abzulenken.
p2b_277.033 Die alten Jnder bedienten sich für ihr Epos des Sloka (Bd. I. 596); p2b_277.034 das antike Versmaß der Griechen war der Hexameter. Die Römer wandten p2b_277.035 erst den sogenannten saturnischen Vers an, einen ursprünglich durch eine Cäsur p2b_277.036 geteilten aus 6 Arsen bestehenden Vers, dessen erstes Hemistichium 3 1/2 p2b_277.037 Jamben, das zweite 3 Trochäen hatte, z. B. Dabunt malum Metelli || Naevio p2b_277.038 poetae; sie vertauschten diesen Vers später gegen das Nationalmetrum der p2b_277.039 Griechen, als an Stelle ihrer nationalen Poesie die gräcisierende trat.
p2b_277.040 Die ruhige Würde des klassischen Epos gestattete keinen Wechsel des p2b_277.041 Verses, weshalb die Komposition eine monostichische ist, indem sich immer derselbe p2b_277.042 Vers wiederholt, dem freilich durch Cäsuren, Diäresen und den Wechsel p2b_277.043 von Daktylen, Spondeen &c. die Gleichförmigkeit und Monotonie genommen ist.
p2b_277.044 Die Germanen hatten erst allitterierende Reimpaare, oder eine vierzeilige
p2b_277.001 Jllustration des Helden eingeschalteten Episoden (Zwischen- oder Nebenhandlungen), p2b_277.002 wenn auch an und für sich nicht unbedeutend, müssen allezeit der p2b_277.003 Haupthandlung untergeordnet sein. Sie dürfen nicht außerhalb des Kreises p2b_277.004 liegen, den die Jdee beherrscht. Die Episoden im Epos sind wenig empfehlenswert p2b_277.005 am Ende, wo der Fluß nicht mehr gehemmt werden sollte. Es ist gestattet, p2b_277.006 in den Episoden Sagen aus verschiedenen Zeiträumen zu vereinen und p2b_277.007 daher Personen verschiedener Zeiten zusammenzustellen (z. B. im Nibelungenepos p2b_277.008 den Bischof von Passau mit den Nibelungen), wenn sie nur in kausalem Zusammenhang p2b_277.009 stehen; ferner darf sogar Wunderbares, oft menschliche Verhältnisse p2b_277.010 Übersteigendes herbeigezogen werden, um den oder die Helden groß und erhaben p2b_277.011 darzustellen. Freilich muß der Dichter in der Wahl und Anwendung p2b_277.012 solcher Mittel behutsam verfahren. Er darf sich wohl auf dem Gebiet einer p2b_277.013 neuen und ungewohnten Darstellung bewegen, aber die Mittel, die er zur Vollendung p2b_277.014 des Ganzen selbst zu erfinden oder wegen ihrer inneren Erheblichkeit p2b_277.015 anzuwenden berechtigt ist, müssen natürlich gehandhabt werden.
p2b_277.016 5. Da die Darstellungsweise des Epos in Handlung und Gestalt eine p2b_277.017 plastische zu sein hat, so muß sein Stil epische Ruhe und Würde beweisen. p2b_277.018 (Homer hat diese unter Vermeidung der Jnterpunktion in den letzten Takten p2b_277.019 des Hexameters dadurch erzielt, daß er das praesens historicum vermied p2b_277.020 und die Reden mittelst stehender Wendungen abschloß und durch ausführliche p2b_277.021 Gleichnisse und wiederkehrende Epitheta, wie endlich durch versus iteratip2b_277.022 ausstattete.) Der Ton im Epos kann übrigens sehr verschieden sein (vgl. z. B. p2b_277.023 Jlias I. 528. 599. XV. 15 ff. VI. 429 f. 476. ─ I. 325 und X. 15.), p2b_277.024 sowie Laune und Spott in der Rede des Thersites. (B. II. 211─244.)
p2b_277.025 6. Die Wahl der Form im Epos steht dem Dichter frei, und es handelt p2b_277.026 sich nur darum, daß diese Form im Einklang mit dem Jnhalt und den p2b_277.027 Forderungen an die mündliche Mitteilbarkeit stehe. Das Metrum muß sich zum p2b_277.028 poetischen Stoff verhalten, wie Einheit zur Mannigfaltigkeit. Es darf nicht zu p2b_277.029 kunstlos sein, wenn es nicht den idealen Gehalt der Anschauung in zu große p2b_277.030 Nähe zur prosaischen Wirklichkeit bringen will; andernteils sollte es nie zu p2b_277.031 prätentiös künstlich sein, um nicht die Aufmerksamkeit des Hörers oder Sängers p2b_277.032 von dem Wesen der Dichtung abzulenken.
p2b_277.033 Die alten Jnder bedienten sich für ihr Epos des Sloka (Bd. I. 596); p2b_277.034 das antike Versmaß der Griechen war der Hexameter. Die Römer wandten p2b_277.035 erst den sogenannten saturnischen Vers an, einen ursprünglich durch eine Cäsur p2b_277.036 geteilten aus 6 Arsen bestehenden Vers, dessen erstes Hemistichium 3 ½ p2b_277.037 Jamben, das zweite 3 Trochäen hatte, z. B. Dabúnt malúm Metélli ‖ Nǽvió p2b_277.038 poétae; sie vertauschten diesen Vers später gegen das Nationalmetrum der p2b_277.039 Griechen, als an Stelle ihrer nationalen Poesie die gräcisierende trat.
p2b_277.040 Die ruhige Würde des klassischen Epos gestattete keinen Wechsel des p2b_277.041 Verses, weshalb die Komposition eine monostichische ist, indem sich immer derselbe p2b_277.042 Vers wiederholt, dem freilich durch Cäsuren, Diäresen und den Wechsel p2b_277.043 von Daktylen, Spondeen &c. die Gleichförmigkeit und Monotonie genommen ist.
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Die alten Jnder bedienten sich für ihr Epos des Sloka (Bd. I. 596); p2b_277.034
das antike Versmaß der Griechen war der Hexameter. Die Römer wandten p2b_277.035
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Die ruhige Würde des klassischen Epos gestattete keinen Wechsel des p2b_277.041
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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