Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite
p2b_159.001
Drittes Hauptstück. p2b_159.002
Die didaktischen Dichtungen. ------
p2b_159.003
§ 78. Einteilung der didaktischen Dichtungen.

p2b_159.004
Wir unterscheiden 1. symbolische Didaktik, 2. Didaktik mit besonderer p2b_159.005
Tendenz, 3. eigentliche Didaktik.

p2b_159.006
Das belehrende (instruktive), zugleich aber auch das erhebende, erbauende, p2b_159.007
belebende Element der didaktischen Dichtungen kann vom Dichter auf eine dreifache p2b_159.008
Weise eingeführt werden:

p2b_159.009
1. Er kann einen Gedanken, eine Jdee in einem Bilde versinnlichen. p2b_159.010
Diese Art einer Jnstruktion im höheren Sinne dieses Wortes, in welchem wir p2b_159.011
es nicht mit bloßem "Unterrichten" verwechseln dürfen, kann man füglich als p2b_159.012
symbolische Didaktik bezeichnen.

p2b_159.013
2. Jn einer anderen Art wirkt der didaktische Dichter dadurch, daß er p2b_159.014
der Verkehrtheit oder Einfalt gegenüber Jronie, Spott, Satire, Humor u. s. w. p2b_159.015
anwendet, indem er je nach seiner Gemütsart nicht offen bessern oder belehren, p2b_159.016
vielmehr durch Feinheit des Witzes und Humors auf die rechte Bahn leiten will.

p2b_159.017
Dieses charakteristische Verfahren bedingt das Lehrgedicht mit besonderer p2b_159.018
Tendenz.

p2b_159.019
3. Jn einem dritten Fall spricht der Dichter seine Gedanken, Jdeen, p2b_159.020
Belehrungen als solche unverblümt aus, die, weil er Dichter ist, immerhin p2b_159.021
poetisch=künstlerisch sein werden. Es entstehen auf diese Weise die eigentlichen p2b_159.022
didaktischen Gedichte.

p2b_159.023
Somit haben wir drei Arten Lehrgedichte, welche (je nachdem sie einen p2b_159.024
einzelnen Gedanken oder eine Reihe von belehrenden Jdeen aussprechen) entweder p2b_159.025
kurze Sinngedichte, oder einfache didaktische Gedichte, p2b_159.026
oder große Lehrgedichte
sein können. Nach diesen Gesichtspunkten ergiebt p2b_159.027
sich die folgende Einteilung:

p2b_159.001
Drittes Hauptstück. p2b_159.002
Die didaktischen Dichtungen. ──────
p2b_159.003
§ 78. Einteilung der didaktischen Dichtungen.

p2b_159.004
Wir unterscheiden 1. symbolische Didaktik, 2. Didaktik mit besonderer p2b_159.005
Tendenz, 3. eigentliche Didaktik.

p2b_159.006
Das belehrende (instruktive), zugleich aber auch das erhebende, erbauende, p2b_159.007
belebende Element der didaktischen Dichtungen kann vom Dichter auf eine dreifache p2b_159.008
Weise eingeführt werden:

p2b_159.009
1. Er kann einen Gedanken, eine Jdee in einem Bilde versinnlichen. p2b_159.010
Diese Art einer Jnstruktion im höheren Sinne dieses Wortes, in welchem wir p2b_159.011
es nicht mit bloßem „Unterrichten“ verwechseln dürfen, kann man füglich als p2b_159.012
symbolische Didaktik bezeichnen.

p2b_159.013
2. Jn einer anderen Art wirkt der didaktische Dichter dadurch, daß er p2b_159.014
der Verkehrtheit oder Einfalt gegenüber Jronie, Spott, Satire, Humor u. s. w. p2b_159.015
anwendet, indem er je nach seiner Gemütsart nicht offen bessern oder belehren, p2b_159.016
vielmehr durch Feinheit des Witzes und Humors auf die rechte Bahn leiten will.

p2b_159.017
Dieses charakteristische Verfahren bedingt das Lehrgedicht mit besonderer p2b_159.018
Tendenz.

p2b_159.019
3. Jn einem dritten Fall spricht der Dichter seine Gedanken, Jdeen, p2b_159.020
Belehrungen als solche unverblümt aus, die, weil er Dichter ist, immerhin p2b_159.021
poetisch=künstlerisch sein werden. Es entstehen auf diese Weise die eigentlichen p2b_159.022
didaktischen Gedichte.

p2b_159.023
Somit haben wir drei Arten Lehrgedichte, welche (je nachdem sie einen p2b_159.024
einzelnen Gedanken oder eine Reihe von belehrenden Jdeen aussprechen) entweder p2b_159.025
kurze Sinngedichte, oder einfache didaktische Gedichte, p2b_159.026
oder große Lehrgedichte
sein können. Nach diesen Gesichtspunkten ergiebt p2b_159.027
sich die folgende Einteilung:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0181" n="E159"/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
        <div n="2">
          <lb n="p2b_159.001"/>
          <head> <hi rendition="#c">Drittes Hauptstück. <lb n="p2b_159.002"/> <hi rendition="#g">Die didaktischen Dichtungen</hi>. &#x2500;&#x2500;&#x2500;&#x2500;&#x2500;&#x2500;</hi> </head>
          <lb n="p2b_159.003"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">§ 78. Einteilung der didaktischen Dichtungen.</hi> </head>
            <p><lb n="p2b_159.004"/>
Wir unterscheiden 1. symbolische Didaktik, 2. Didaktik mit besonderer <lb n="p2b_159.005"/>
Tendenz, 3. eigentliche Didaktik.</p>
            <p><lb n="p2b_159.006"/>
Das belehrende (instruktive), zugleich aber auch das erhebende, erbauende, <lb n="p2b_159.007"/>
belebende Element der didaktischen Dichtungen kann vom Dichter auf eine dreifache <lb n="p2b_159.008"/>
Weise eingeführt werden:</p>
            <p><lb n="p2b_159.009"/>
1. Er kann einen Gedanken, eine Jdee in einem Bilde versinnlichen. <lb n="p2b_159.010"/>
Diese Art einer Jnstruktion im höheren Sinne dieses Wortes, in welchem wir <lb n="p2b_159.011"/>
es nicht mit bloßem &#x201E;Unterrichten&#x201C; verwechseln dürfen, kann man füglich als <lb n="p2b_159.012"/> <hi rendition="#g">symbolische</hi> Didaktik bezeichnen.</p>
            <p><lb n="p2b_159.013"/>
2. Jn einer anderen Art wirkt der didaktische Dichter dadurch, daß er <lb n="p2b_159.014"/>
der Verkehrtheit oder Einfalt gegenüber Jronie, Spott, Satire, Humor u. s. w. <lb n="p2b_159.015"/>
anwendet, indem er je nach seiner Gemütsart nicht offen bessern oder belehren, <lb n="p2b_159.016"/>
vielmehr durch Feinheit des Witzes und Humors auf die rechte Bahn leiten will.</p>
            <p><lb n="p2b_159.017"/>
Dieses charakteristische Verfahren bedingt das <hi rendition="#g">Lehrgedicht mit besonderer <lb n="p2b_159.018"/>
Tendenz.</hi></p>
            <p><lb n="p2b_159.019"/>
3. Jn einem dritten Fall spricht der Dichter seine Gedanken, Jdeen, <lb n="p2b_159.020"/>
Belehrungen als solche unverblümt aus, die, weil er Dichter ist, immerhin <lb n="p2b_159.021"/>
poetisch=künstlerisch sein werden. Es entstehen auf diese Weise die <hi rendition="#g">eigentlichen <lb n="p2b_159.022"/>
didaktischen Gedichte.</hi></p>
            <p><lb n="p2b_159.023"/>
Somit haben wir drei Arten Lehrgedichte, welche (je nachdem sie einen <lb n="p2b_159.024"/>
einzelnen Gedanken oder eine Reihe von belehrenden Jdeen aussprechen) entweder <lb n="p2b_159.025"/>
kurze <hi rendition="#g">Sinngedichte, oder einfache didaktische Gedichte, <lb n="p2b_159.026"/>
oder große Lehrgedichte</hi> sein können. Nach diesen Gesichtspunkten ergiebt <lb n="p2b_159.027"/>
sich die folgende Einteilung:</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[E159/0181] p2b_159.001 Drittes Hauptstück. p2b_159.002 Die didaktischen Dichtungen. ────── p2b_159.003 § 78. Einteilung der didaktischen Dichtungen. p2b_159.004 Wir unterscheiden 1. symbolische Didaktik, 2. Didaktik mit besonderer p2b_159.005 Tendenz, 3. eigentliche Didaktik. p2b_159.006 Das belehrende (instruktive), zugleich aber auch das erhebende, erbauende, p2b_159.007 belebende Element der didaktischen Dichtungen kann vom Dichter auf eine dreifache p2b_159.008 Weise eingeführt werden: p2b_159.009 1. Er kann einen Gedanken, eine Jdee in einem Bilde versinnlichen. p2b_159.010 Diese Art einer Jnstruktion im höheren Sinne dieses Wortes, in welchem wir p2b_159.011 es nicht mit bloßem „Unterrichten“ verwechseln dürfen, kann man füglich als p2b_159.012 symbolische Didaktik bezeichnen. p2b_159.013 2. Jn einer anderen Art wirkt der didaktische Dichter dadurch, daß er p2b_159.014 der Verkehrtheit oder Einfalt gegenüber Jronie, Spott, Satire, Humor u. s. w. p2b_159.015 anwendet, indem er je nach seiner Gemütsart nicht offen bessern oder belehren, p2b_159.016 vielmehr durch Feinheit des Witzes und Humors auf die rechte Bahn leiten will. p2b_159.017 Dieses charakteristische Verfahren bedingt das Lehrgedicht mit besonderer p2b_159.018 Tendenz. p2b_159.019 3. Jn einem dritten Fall spricht der Dichter seine Gedanken, Jdeen, p2b_159.020 Belehrungen als solche unverblümt aus, die, weil er Dichter ist, immerhin p2b_159.021 poetisch=künstlerisch sein werden. Es entstehen auf diese Weise die eigentlichen p2b_159.022 didaktischen Gedichte. p2b_159.023 Somit haben wir drei Arten Lehrgedichte, welche (je nachdem sie einen p2b_159.024 einzelnen Gedanken oder eine Reihe von belehrenden Jdeen aussprechen) entweder p2b_159.025 kurze Sinngedichte, oder einfache didaktische Gedichte, p2b_159.026 oder große Lehrgedichte sein können. Nach diesen Gesichtspunkten ergiebt p2b_159.027 sich die folgende Einteilung:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/181
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. E159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/181>, abgerufen am 23.11.2024.