Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_617.001 Chor. p1b_617.002 Seid umschlungen, Millionen! p1b_617.003 Diesen Kuß der ganzen Welt! p1b_617.004 Brüder - überm Sternenzelt p1b_617.005 Muß ein lieber Vater wohnen. p1b_617.006 p1b_617.010 p1b_617.013 p1b_617.015 Jmmer ruf' ich, wenn mich weckt des Morgens Schimmer: p1b_617.018 O der Nacht, die ohne dich entfloh! p1b_617.019 Wieder sprech' ich, wann sich senkt der Abend nieder: p1b_617.020 Ach des Tags, da mir mein Licht gebrach! p1b_617.021 Ach und O! p1b_617.022 O und Ach! p1b_617.023 Nach und nach entflieht mein Leben so. p1b_617.024 Wollt ihr kosten p1b_617.027 Reinen Osten, p1b_617.028 Müßt ihr gehn von hier zum selben Manne, p1b_617.029 Der vom Westen p1b_617.030 Auch den besten p1b_617.031 Wein von jeher schenkt' aus voller Kanne. p1b_617.032 Als der West war durchgekostet, p1b_617.033 Hat er nun den Ost entmostet; p1b_617.034 Seht, dort schwelgt er auf der Ottomanne. p1b_617.035 Das Bild. p1b_617.041Gott sprach: Es werde Licht! Da ward es Licht; p1b_617.042
Und aus der Zeiten Urgrund strahlte Morgen. p1b_617.043 Die schöne Erde, von Bewundrung stumm, p1b_617.044 Nahm hochbeglückt des Schöpfers Wunder wahr: p1b_617.045 Der Freuden Thrännen schmünckten ihre frischen Wangen. p1b_617.001 Chor. p1b_617.002 Seid umschlungen, Millionen! p1b_617.003 Diesen Kuß der ganzen Welt! p1b_617.004 Brüder ─ überm Sternenzelt p1b_617.005 Muß ein lieber Vater wohnen. p1b_617.006 p1b_617.010 p1b_617.013 p1b_617.015 Jmmer ruf' ich, wenn mich weckt des Morgens Schimmer: p1b_617.018 O der Nacht, die ohne dich entfloh! p1b_617.019 Wieder sprech' ich, wann sich senkt der Abend nieder: p1b_617.020 Ach des Tags, da mir mein Licht gebrach! p1b_617.021 Ach und O! p1b_617.022 O und Ach! p1b_617.023 Nach und nach entflieht mein Leben so. p1b_617.024 Wollt ihr kosten p1b_617.027 Reinen Osten, p1b_617.028 Müßt ihr gehn von hier zum selben Manne, p1b_617.029 Der vom Westen p1b_617.030 Auch den besten p1b_617.031 Wein von jeher schenkt' aus voller Kanne. p1b_617.032 Als der West war durchgekostet, p1b_617.033 Hat er nun den Ost entmostet; p1b_617.034 Seht, dort schwelgt er auf der Ottomanne. p1b_617.035 Das Bild. p1b_617.041Gott sprach: Es werde Licht! Da ward es Licht; p1b_617.042
Und aus der Zeiten Urgrund strahlte Morgen. p1b_617.043 Die schöne Erde, von Bewundrung stumm, p1b_617.044 Nahm hochbeglückt des Schöpfers Wunder wahr: p1b_617.045 Der Frēuden Thrǟnen schmǖckten īhre frīschen Wāngen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0651" n="617"/> <lb n="p1b_617.001"/> <lg> <l> Chor.</l> <lb n="p1b_617.002"/> <l>Seid umschlungen, Millionen!</l> <lb n="p1b_617.003"/> <l>Diesen Kuß der ganzen Welt!</l> <lb n="p1b_617.004"/> <l>Brüder ─ überm Sternenzelt</l> <lb n="p1b_617.005"/> <l>Muß ein lieber Vater wohnen.</l> </lg> <p><lb n="p1b_617.006"/> Jn der 5zeiligen Strophe von Des Mädchens Klage folgt auf den <lb n="p1b_617.007"/> 4zeiligen Aufgesang ein 1zeiliger Abgesang. Jn den ersten Strophen der <lb n="p1b_617.008"/> Klage der Ceres findet sich ein (wahrscheinlich nicht beabsichtigter) 4zeiliger <lb n="p1b_617.009"/> Aufgesang mit einem 8zeiligen Abgesang.</p> <p><lb n="p1b_617.010"/><hi rendition="#g">Goethe</hi> hat im Rattenfänger Auf- und Abgesang charakteristisch durch <lb n="p1b_617.011"/> den Sinn getrennt. Jm Hochzeitlied läßt er dem 4zeiligen Aufgesang einen <lb n="p1b_617.012"/> 5zeiligen Abgesang folgen &c.</p> <p><lb n="p1b_617.013"/><hi rendition="#g">Bürger</hi> hat im bekannten Wilden Jäger einem 4zeiligen Aufgesang <lb n="p1b_617.014"/> einen 2zeiligen Abgesang angefügt.</p> <p><lb n="p1b_617.015"/><hi rendition="#g">Rückert</hi> giebt in folgender künstlichen Minneweise jedem Stollen zwei, <lb n="p1b_617.016"/> dem Abgesang aber 3 Zeilen:</p> <lb n="p1b_617.017"/> <lg> <l>Jmmer ruf' ich, wenn mich weckt des Morgens Schimmer:</l> <lb n="p1b_617.018"/> <l>O der Nacht, die ohne dich entfloh!</l> <lb n="p1b_617.019"/> <l>Wieder sprech' ich, wann sich senkt der Abend nieder:</l> <lb n="p1b_617.020"/> <l>Ach des Tags, da mir mein Licht gebrach!</l> <lb n="p1b_617.021"/> <l> Ach und O!</l> <lb n="p1b_617.022"/> <l> O und Ach!</l> <lb n="p1b_617.023"/> <l>Nach und nach entflieht mein Leben so.</l> </lg> <p><lb n="p1b_617.024"/> Jm Einleitungsgedicht zu den Östlichen Rosen Rückerts entsprechen sich die <lb n="p1b_617.025"/> 3 Teile in der Zeilenzahl:</p> <lb n="p1b_617.026"/> <lg> <l>Wollt ihr kosten</l> <lb n="p1b_617.027"/> <l>Reinen Osten,</l> <lb n="p1b_617.028"/> <l>Müßt ihr gehn von hier zum selben Manne,</l> <lb n="p1b_617.029"/> <l>Der vom Westen</l> <lb n="p1b_617.030"/> <l>Auch den besten</l> <lb n="p1b_617.031"/> <l>Wein von jeher schenkt' aus voller Kanne.</l> <lb n="p1b_617.032"/> <l>Als der West war durchgekostet,</l> <lb n="p1b_617.033"/> <l>Hat er nun den Ost entmostet;</l> <lb n="p1b_617.034"/> <l>Seht, dort schwelgt er auf der Ottomanne.</l> </lg> <p><lb n="p1b_617.035"/> Der tönereiche fürstliche Dichter <hi rendition="#g">Oskar</hi> <hi rendition="#aq">II</hi>. von Schweden hat das Gesetz <lb n="p1b_617.036"/> der Dreiteiligkeit mit hohem Verständnis in vielen seiner Dichtungen zum Ausdruck <lb n="p1b_617.037"/> gebracht ─ und zwar im Hinblick auf dreigeteilte schwedische Volkslieder. <lb n="p1b_617.038"/> Daß es ihm hierin wenig Dichter der Neuzeit nachgethan haben, werden wenige <lb n="p1b_617.039"/> Proben (vgl. die Übersetzung von Emil J. Jonas. Berlin 1877) darthun:</p> <lb n="p1b_617.040"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Das Bild.</hi> </hi> </p> <lb n="p1b_617.041"/> <lg> <l>Gott sprach: Es werde Licht! Da ward es Licht;</l> <lb n="p1b_617.042"/> <l>Und aus der Zeiten Urgrund strahlte Morgen.</l> <lb n="p1b_617.043"/> <l>Die schöne Erde, von Bewundrung stumm,</l> <lb n="p1b_617.044"/> <l>Nahm hochbeglückt des Schöpfers Wunder wahr:</l> <lb n="p1b_617.045"/> <l>Der Frēuden Thrǟnen schmǖckten īhre frīschen Wāngen.</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [617/0651]
p1b_617.001
Chor. p1b_617.002
Seid umschlungen, Millionen! p1b_617.003
Diesen Kuß der ganzen Welt! p1b_617.004
Brüder ─ überm Sternenzelt p1b_617.005
Muß ein lieber Vater wohnen.
p1b_617.006
Jn der 5zeiligen Strophe von Des Mädchens Klage folgt auf den p1b_617.007
4zeiligen Aufgesang ein 1zeiliger Abgesang. Jn den ersten Strophen der p1b_617.008
Klage der Ceres findet sich ein (wahrscheinlich nicht beabsichtigter) 4zeiliger p1b_617.009
Aufgesang mit einem 8zeiligen Abgesang.
p1b_617.010
Goethe hat im Rattenfänger Auf- und Abgesang charakteristisch durch p1b_617.011
den Sinn getrennt. Jm Hochzeitlied läßt er dem 4zeiligen Aufgesang einen p1b_617.012
5zeiligen Abgesang folgen &c.
p1b_617.013
Bürger hat im bekannten Wilden Jäger einem 4zeiligen Aufgesang p1b_617.014
einen 2zeiligen Abgesang angefügt.
p1b_617.015
Rückert giebt in folgender künstlichen Minneweise jedem Stollen zwei, p1b_617.016
dem Abgesang aber 3 Zeilen:
p1b_617.017
Jmmer ruf' ich, wenn mich weckt des Morgens Schimmer: p1b_617.018
O der Nacht, die ohne dich entfloh! p1b_617.019
Wieder sprech' ich, wann sich senkt der Abend nieder: p1b_617.020
Ach des Tags, da mir mein Licht gebrach! p1b_617.021
Ach und O! p1b_617.022
O und Ach! p1b_617.023
Nach und nach entflieht mein Leben so.
p1b_617.024
Jm Einleitungsgedicht zu den Östlichen Rosen Rückerts entsprechen sich die p1b_617.025
3 Teile in der Zeilenzahl:
p1b_617.026
Wollt ihr kosten p1b_617.027
Reinen Osten, p1b_617.028
Müßt ihr gehn von hier zum selben Manne, p1b_617.029
Der vom Westen p1b_617.030
Auch den besten p1b_617.031
Wein von jeher schenkt' aus voller Kanne. p1b_617.032
Als der West war durchgekostet, p1b_617.033
Hat er nun den Ost entmostet; p1b_617.034
Seht, dort schwelgt er auf der Ottomanne.
p1b_617.035
Der tönereiche fürstliche Dichter Oskar II. von Schweden hat das Gesetz p1b_617.036
der Dreiteiligkeit mit hohem Verständnis in vielen seiner Dichtungen zum Ausdruck p1b_617.037
gebracht ─ und zwar im Hinblick auf dreigeteilte schwedische Volkslieder. p1b_617.038
Daß es ihm hierin wenig Dichter der Neuzeit nachgethan haben, werden wenige p1b_617.039
Proben (vgl. die Übersetzung von Emil J. Jonas. Berlin 1877) darthun:
p1b_617.040
Das Bild.
p1b_617.041
Gott sprach: Es werde Licht! Da ward es Licht; p1b_617.042
Und aus der Zeiten Urgrund strahlte Morgen. p1b_617.043
Die schöne Erde, von Bewundrung stumm, p1b_617.044
Nahm hochbeglückt des Schöpfers Wunder wahr: p1b_617.045
Der Frēuden Thrǟnen schmǖckten īhre frīschen Wāngen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |