Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_580.001 p1b_580.002 Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.006 Die sich dereinst geliebt, p1b_580.007 Das ist ein großes Leiden, p1b_580.008 Wie's größres nimmer giebt. p1b_580.009 Es klingt das Wort so traurig gar: p1b_580.010 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.011 Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.012 Die sich dereinst geliebt. p1b_580.013 Als ich zuerst empfunden, p1b_580.014 Daß Liebe brechen mag: p1b_580.015 Mir war's, als sei verschwunden p1b_580.016 Die Sonn' am hellen Tag. p1b_580.017 Mir klang's im Ohre wunderbar: p1b_580.018 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.019 Da ich zuerst empfunden, p1b_580.020 Daß Liebe brechen mag. p1b_580.021 Mein Frühling geht zur Rüste, p1b_580.022 Jch weiß es wohl warum; p1b_580.023 Die Lippe, die mich küßte, p1b_580.024 Jst worden kühl und stumm. p1b_580.025 Das Eine Wort nur sprach sie klar: p1b_580.026 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.027 Mein Frühling ging zur Rüste, p1b_580.028 Jch weiß es wohl warum. (Geibel.) p1b_580.029 p1b_580.030 p1b_580.034 a. Jch bin geboren schöner als es euch deuchtet; p1b_580.036 Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. p1b_580.037 Der Morgenstern hat mir in's Leben geleuchtet, p1b_580.038 Der Abendstern mich in's Grab mit Fackeln gesenket. p1b_580.039 Das Morgenrot hat Perlentau mir gefeuchtet, p1b_580.040 Das Abendrot mir eine Thräne geschenket. p1b_580.041 Jch bin geboren schöner als es euch deuchtet; p1b_580.042 Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. (Rückert.) p1b_580.043 b. Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_580.046
Jene Tage der ersten Liebe, p1b_580.047 Ach, wer bringt nur eine Stunde p1b_580.048 Jener holden Zeit zurück! p1b_580.001 p1b_580.002 Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.006 Die sich dereinst geliebt, p1b_580.007 Das ist ein großes Leiden, p1b_580.008 Wie's größres nimmer giebt. p1b_580.009 Es klingt das Wort so traurig gar: p1b_580.010 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.011 Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.012 Die sich dereinst geliebt. p1b_580.013 Als ich zuerst empfunden, p1b_580.014 Daß Liebe brechen mag: p1b_580.015 Mir war's, als sei verschwunden p1b_580.016 Die Sonn' am hellen Tag. p1b_580.017 Mir klang's im Ohre wunderbar: p1b_580.018 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.019 Da ich zuerst empfunden, p1b_580.020 Daß Liebe brechen mag. p1b_580.021 Mein Frühling geht zur Rüste, p1b_580.022 Jch weiß es wohl warum; p1b_580.023 Die Lippe, die mich küßte, p1b_580.024 Jst worden kühl und stumm. p1b_580.025 Das Eine Wort nur sprach sie klar: p1b_580.026 Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.027 Mein Frühling ging zur Rüste, p1b_580.028 Jch weiß es wohl warum. (Geibel.) p1b_580.029 p1b_580.030 p1b_580.034 a. Jch bin geboren schöner als es euch deuchtet; p1b_580.036 Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. p1b_580.037 Der Morgenstern hat mir in's Leben geleuchtet, p1b_580.038 Der Abendstern mich in's Grab mit Fackeln gesenket. p1b_580.039 Das Morgenrot hat Perlentau mir gefeuchtet, p1b_580.040 Das Abendrot mir eine Thräne geschenket. p1b_580.041 Jch bin geboren schöner als es euch deuchtet; p1b_580.042 Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. (Rückert.) p1b_580.043 b. Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_580.046
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III. Dreistrophige Triolete (Rondel).
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Beispiele: Hagedorns schönes Rondel „Du Schmelz der bunten Wiesen!“ p1b_580.003
sowie Geibels Rondel, bei welchem jedoch die 1. Zeile nach der 3. Zeile nicht p1b_580.004
wiederholt ist.
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Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.006
Die sich dereinst geliebt, p1b_580.007
Das ist ein großes Leiden, p1b_580.008
Wie's größres nimmer giebt. p1b_580.009
Es klingt das Wort so traurig gar: p1b_580.010
Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.011
Wenn sich zwei Herzen scheiden, p1b_580.012
Die sich dereinst geliebt.
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Als ich zuerst empfunden, p1b_580.014
Daß Liebe brechen mag: p1b_580.015
Mir war's, als sei verschwunden p1b_580.016
Die Sonn' am hellen Tag. p1b_580.017
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Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.019
Da ich zuerst empfunden, p1b_580.020
Daß Liebe brechen mag.
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Mein Frühling geht zur Rüste, p1b_580.022
Jch weiß es wohl warum; p1b_580.023
Die Lippe, die mich küßte, p1b_580.024
Jst worden kühl und stumm. p1b_580.025
Das Eine Wort nur sprach sie klar: p1b_580.026
Fahrwohl, fahrwohl auf immerdar! p1b_580.027
Mein Frühling ging zur Rüste, p1b_580.028
Jch weiß es wohl warum.
(Geibel.)
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IV. Abarten einstrophiger Triolete.
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Einzelne Dichter haben sich ─ wie wir es soeben auch bei Geibel sahen p1b_580.031
─ Abweichungen in der Trioletform gestattet. So hat z. B. Rückert die 1. Zeile p1b_580.032
nach der 3. Zeile nicht wiederholt. Goethe hat die 2. Zeile zur 4. gemacht. p1b_580.033
Klamer Schmidt wiederholt die 1. Zeile schon nach der 2. Zeile u. s. w.
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Beispiele der Abweichungen:
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a.
Jch bin geboren schöner als es euch deuchtet; p1b_580.036
Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. p1b_580.037
Der Morgenstern hat mir in's Leben geleuchtet, p1b_580.038
Der Abendstern mich in's Grab mit Fackeln gesenket. p1b_580.039
Das Morgenrot hat Perlentau mir gefeuchtet, p1b_580.040
Das Abendrot mir eine Thräne geschenket. p1b_580.041
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Jch bin gestorben schöner als ihr es denket. (Rückert.)
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Ebenso gebaut ist Platens Triolet: „Und müßtest du verschwinden“ p1b_580.044
(s. Werke I. 38).
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b.
Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_580.046
Jene Tage der ersten Liebe, p1b_580.047
Ach, wer bringt nur eine Stunde p1b_580.048
Jener holden Zeit zurück!
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