Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_529.001 Ach, unselige Grotte, die p1b_529.002 p1b_529.004Rings mein Jammer umtönend füllt, p1b_529.003 Schmacht' ich wieder in Elend Vers 10.Ratlos? Find' ich die Hoffnung auf, p1b_529.005 p1b_529.009Welche zu speisen vermöge den Darbenden, p1b_529.006 Wenn sie gen Himmel fleugt, p1b_529.007 Schwebend erschrocken mit rauschenden Fittigen? p1b_529.008 Jch jag' ihr jetzt umsonst nach. Antistrophe: Ach, wer kann unglücklicher sein, p1b_529.010 p1b_529.013Unglückseliger sein, als ich, p1b_529.011 Der ich immer in Wüstenei p1b_529.012 Fortan jammern und untergehn Vers 5.Soll schmachvoll in der Wildnis p1b_529.014 p1b_529.018Ach voll Elend! p1b_529.015 Nahrung such' ich hinfort umsonst, p1b_529.016 Da nicht mehr die beschwingte Wehr p1b_529.017 Mein starksehniger Arm spannt Vers 10.Siegreich; Worte der Hinterlist, p1b_529.019 Heimlich ersonnen, täuschten den Hoffenden; p1b_529.020 Trüge der Frevler doch, p1b_529.021 Welcher gesponnen das Netz, so verzehrende p1b_529.022 Betrübnis gleichen Zeitraum. p1b_529.023 p1b_529.028 p1b_529.030 p1b_529.035 p1b_529.037 p1b_529.046 p1b_529.001 Ach, unselige Grotte, die p1b_529.002 p1b_529.004Rings mein Jammer umtönend füllt, p1b_529.003 Schmacht' ich wieder in Elend Vers 10.Ratlos? Find' ich die Hoffnung auf, p1b_529.005 p1b_529.009Welche zu speisen vermöge den Darbenden, p1b_529.006 Wenn sie gen Himmel fleugt, p1b_529.007 Schwebend erschrocken mit rauschenden Fittigen? p1b_529.008 Jch jag' ihr jetzt umsonst nach. Antistrophe: Ach, wer kann unglücklicher sein, p1b_529.010 p1b_529.013Unglückseliger sein, als ich, p1b_529.011 Der ich immer in Wüstenei p1b_529.012 Fortan jammern und untergehn Vers 5.Soll schmachvoll in der Wildnis p1b_529.014 p1b_529.018Ach voll Elend! p1b_529.015 Nahrung such' ich hinfort umsonst, p1b_529.016 Da nicht mehr die beschwingte Wehr p1b_529.017 Mein starksehniger Arm spannt Vers 10.Siegreich; Worte der Hinterlist, p1b_529.019 Heimlich ersonnen, täuschten den Hoffenden; p1b_529.020 Trüge der Frevler doch, p1b_529.021 Welcher gesponnen das Netz, so verzehrende p1b_529.022 Betrübnis gleichen Zeitraum. p1b_529.023 p1b_529.028 p1b_529.030 p1b_529.035 p1b_529.037 p1b_529.046 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0563" n="529"/> <lb n="p1b_529.001"/> <lg> <l>Ach, unselige Grotte, die</l> <lb n="p1b_529.002"/> <l>Rings mein Jammer umtönend füllt,</l> <lb n="p1b_529.003"/> <l>Schmacht' ich wieder in Elend</l> </lg> <lb n="p1b_529.004"/> <lg> <l n="10.">Ratlos? Find' ich die Hoffnung auf,</l> <lb n="p1b_529.005"/> <l>Welche zu speisen vermöge den Darbenden,</l> <lb n="p1b_529.006"/> <l>Wenn sie gen Himmel fleugt,</l> <lb n="p1b_529.007"/> <l>Schwebend erschrocken mit rauschenden Fittigen?</l> <lb n="p1b_529.008"/> <l>Jch jag' ihr jetzt umsonst nach. </l> </lg> <lb n="p1b_529.009"/> <p rendition="#left"> <hi rendition="#g">Antistrophe:</hi> </p> <lg> <l>Ach, wer kann unglücklicher sein,</l> <lb n="p1b_529.010"/> <l>Unglückseliger sein, als ich,</l> <lb n="p1b_529.011"/> <l>Der ich immer in Wüstenei</l> <lb n="p1b_529.012"/> <l>Fortan jammern und untergehn</l> </lg> <lb n="p1b_529.013"/> <lg> <l n="5.">Soll schmachvoll in der Wildnis</l> <lb n="p1b_529.014"/> <l>Ach voll Elend!</l> <lb n="p1b_529.015"/> <l>Nahrung such' ich hinfort umsonst,</l> <lb n="p1b_529.016"/> <l>Da nicht mehr die beschwingte Wehr</l> <lb n="p1b_529.017"/> <l>Mein starksehniger Arm spannt</l> </lg> <lb n="p1b_529.018"/> <lg> <l n="10.">Siegreich; Worte der Hinterlist,</l> <lb n="p1b_529.019"/> <l>Heimlich ersonnen, täuschten den Hoffenden;</l> <lb n="p1b_529.020"/> <l>Trüge der Frevler doch,</l> <lb n="p1b_529.021"/> <l>Welcher gesponnen das Netz, so verzehrende</l> <lb n="p1b_529.022"/> <l>Betrübnis gleichen Zeitraum.</l> </lg> <p><lb n="p1b_529.023"/> Wer wird angesichts solcher Strophen, die ─ wie bemerkt ─ zu den <lb n="p1b_529.024"/> leichter auffaßbaren gerechnet werden können, zugeben können, daß auch die <lb n="p1b_529.025"/> Schwierigkeiten des Verständnisses wegfallen bei Strophen, welche alle möglichen <lb n="p1b_529.026"/> Metren vermengen und sich in Accentverschiebungen und sprachlichen Härten und <lb n="p1b_529.027"/> Wortverrenkungen gefallen!</p> <p><lb n="p1b_529.028"/> Dabei fehlt so manchen antikisierenden Strophen der dichterische Wert <lb n="p1b_529.029"/> vollständig. Man drucke z. B. folgende zwei Odenstrophen ohne Verseinteilung:</p> <p> <lb n="p1b_529.030"/> <hi rendition="#et">„Mag altrömische Kraft ruhen im Aschenkrug, seit Germania sich löwenbeherzt <lb n="p1b_529.031"/> erhob; dennoch, siehe, verrät manche behende Form Roms ursprüngliche <lb n="p1b_529.032"/> Seele, Roms Jüngling seh' ich, um den stäubte des Übekampfs Marsfeld <lb n="p1b_529.033"/> oder geteilt schäumte die Tiber, der voll kriegslustigen Sinns, gegen Cherusker <lb n="p1b_529.034"/> selbst, wurfabwehrende Schilde trug u. s. w.“<hi rendition="#right">(Platen.)</hi></hi> </p> <p><lb n="p1b_529.035"/> Wo bleibt hier die Poesie? Man könnte eher von schlechter, schwülstiger <lb n="p1b_529.036"/> Prosa als von Poesie sprechen.</p> <p><lb n="p1b_529.037"/> Rückert, der doch nachweislich antike Strophen zu bilden verstand, hat sich <lb n="p1b_529.038"/> der antiken Strophenbildung wenig zugeneigt, vielmehr lieber eigene, dem deutsch <lb n="p1b_529.039"/> betonenden Sprachgeist entsprechende Strophen gebildet. Er stand auf Seiten <lb n="p1b_529.040"/> eines Goethe, Schiller, Uhland, Tieck, die sich ebenfalls gegen die Strophenmaße <lb n="p1b_529.041"/> der Alten im deutschen Gedichte aussprachen, oder die wenigstens das Bedürfnis <lb n="p1b_529.042"/> derselben leugneten. Jn der That ist unser deutsches Strophenmaterial mehr <lb n="p1b_529.043"/> als ausreichend, die bei uns seit dem Mittelalter etwas erschlaffte Schöpfungskraft <lb n="p1b_529.044"/> in der Strophenbildung aufzufrischen und zu beleben, wie auch den Sinn <lb n="p1b_529.045"/> für Feinheiten im Strophenbau zu beleben.</p> <p><lb n="p1b_529.046"/> 2. Die antiken und namentlich die antikisierenden Strophen empfehlen sich <lb n="p1b_529.047"/> dem Ohre mehr, wo sie den Reim annehmen, wenn sie auch als <hi rendition="#aq">mixtum </hi></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [529/0563]
p1b_529.001
Ach, unselige Grotte, die p1b_529.002
Rings mein Jammer umtönend füllt, p1b_529.003
Schmacht' ich wieder in Elend
p1b_529.004
Ratlos? Find' ich die Hoffnung auf, p1b_529.005
Welche zu speisen vermöge den Darbenden, p1b_529.006
Wenn sie gen Himmel fleugt, p1b_529.007
Schwebend erschrocken mit rauschenden Fittigen? p1b_529.008
Jch jag' ihr jetzt umsonst nach.
p1b_529.009
Antistrophe:
Ach, wer kann unglücklicher sein, p1b_529.010
Unglückseliger sein, als ich, p1b_529.011
Der ich immer in Wüstenei p1b_529.012
Fortan jammern und untergehn
p1b_529.013
Soll schmachvoll in der Wildnis p1b_529.014
Ach voll Elend! p1b_529.015
Nahrung such' ich hinfort umsonst, p1b_529.016
Da nicht mehr die beschwingte Wehr p1b_529.017
Mein starksehniger Arm spannt
p1b_529.018
Siegreich; Worte der Hinterlist, p1b_529.019
Heimlich ersonnen, täuschten den Hoffenden; p1b_529.020
Trüge der Frevler doch, p1b_529.021
Welcher gesponnen das Netz, so verzehrende p1b_529.022
Betrübnis gleichen Zeitraum.
p1b_529.023
Wer wird angesichts solcher Strophen, die ─ wie bemerkt ─ zu den p1b_529.024
leichter auffaßbaren gerechnet werden können, zugeben können, daß auch die p1b_529.025
Schwierigkeiten des Verständnisses wegfallen bei Strophen, welche alle möglichen p1b_529.026
Metren vermengen und sich in Accentverschiebungen und sprachlichen Härten und p1b_529.027
Wortverrenkungen gefallen!
p1b_529.028
Dabei fehlt so manchen antikisierenden Strophen der dichterische Wert p1b_529.029
vollständig. Man drucke z. B. folgende zwei Odenstrophen ohne Verseinteilung:
p1b_529.030
„Mag altrömische Kraft ruhen im Aschenkrug, seit Germania sich löwenbeherzt p1b_529.031
erhob; dennoch, siehe, verrät manche behende Form Roms ursprüngliche p1b_529.032
Seele, Roms Jüngling seh' ich, um den stäubte des Übekampfs Marsfeld p1b_529.033
oder geteilt schäumte die Tiber, der voll kriegslustigen Sinns, gegen Cherusker p1b_529.034
selbst, wurfabwehrende Schilde trug u. s. w.“(Platen.)
p1b_529.035
Wo bleibt hier die Poesie? Man könnte eher von schlechter, schwülstiger p1b_529.036
Prosa als von Poesie sprechen.
p1b_529.037
Rückert, der doch nachweislich antike Strophen zu bilden verstand, hat sich p1b_529.038
der antiken Strophenbildung wenig zugeneigt, vielmehr lieber eigene, dem deutsch p1b_529.039
betonenden Sprachgeist entsprechende Strophen gebildet. Er stand auf Seiten p1b_529.040
eines Goethe, Schiller, Uhland, Tieck, die sich ebenfalls gegen die Strophenmaße p1b_529.041
der Alten im deutschen Gedichte aussprachen, oder die wenigstens das Bedürfnis p1b_529.042
derselben leugneten. Jn der That ist unser deutsches Strophenmaterial mehr p1b_529.043
als ausreichend, die bei uns seit dem Mittelalter etwas erschlaffte Schöpfungskraft p1b_529.044
in der Strophenbildung aufzufrischen und zu beleben, wie auch den Sinn p1b_529.045
für Feinheiten im Strophenbau zu beleben.
p1b_529.046
2. Die antiken und namentlich die antikisierenden Strophen empfehlen sich p1b_529.047
dem Ohre mehr, wo sie den Reim annehmen, wenn sie auch als mixtum
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |