Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_521.001 p1b_521.002 Breve - Breve - Breve | - Breve Breve - Breve p1b_521.014 p1b_521.017 p1b_521.025 Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom, p1b_521.027 Von Jnseln fern her, wenn er geerntet hat; p1b_521.028 So käm' auch ich zur Heimat, hätt' ich p1b_521.029 Güter so viele, wie Leid, geerntet.(Hölderlin.) p1b_521.030 p1b_521.034Du hoher Held, im Geiste des Widukind p1b_521.031 Erhobst du kühn das Banner des Sachsenvolks, p1b_521.032 Mit starkem Arme wehrhaft hütend p1b_521.033 Deutschlands und Sachsens geliebte Gauen. (Br. Hanschmann.) p1b_521.035Wie fass' ich dich, unstetige Truggestalt, p1b_521.036 Mein eignes Jch, du Rätselgebild? So will p1b_521.037 Der echte Kern mir deines Wesens p1b_521.038 Nie sich enthüllen in voller Klarheit?(Paul Schönfeld.) p1b_521.039 p1b_521.043Nicht mehr zu deuten weiß ich der Winde Stand, p1b_521.040 Denn bald von dorther wälzt sich die Wog' heran p1b_521.041 Und bald von dort, und wir inmitten p1b_521.042 Treiben dahin, wie das Schiff uns fortreißt. (Fragmente des Alkäos. Geibels Umbildung a. a. O. S. 40.) p1b_521.044 p1b_521.001 p1b_521.002 ⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓ p1b_521.014 p1b_521.017 p1b_521.025 Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom, p1b_521.027 Von Jnseln fern her, wenn er geerntet hat; p1b_521.028 So käm' auch ich zur Heimat, hätt' ich p1b_521.029 Güter so viele, wie Leid, geerntet.(Hölderlin.) p1b_521.030 p1b_521.034Du hoher Held, im Geiste des Widukind p1b_521.031 Erhobst du kühn das Banner des Sachsenvolks, p1b_521.032 Mit starkem Arme wehrhaft hütend p1b_521.033 Deutschlands und Sachsens geliebte Gauen. (Br. Hanschmann.) p1b_521.035Wie fass' ich dich, unstetige Truggestalt, p1b_521.036 Mein eignes Jch, du Rätselgebild? So will p1b_521.037 Der echte Kern mir deines Wesens p1b_521.038 Nie sich enthüllen in voller Klarheit?(Paul Schönfeld.) p1b_521.039 p1b_521.043Nicht mehr zu deuten weiß ich der Winde Stand, p1b_521.040 Denn bald von dorther wälzt sich die Wog' heran p1b_521.041 Und bald von dort, und wir inmitten p1b_521.042 Treiben dahin, wie das Schiff uns fortreißt. (Fragmente des Alkäos. Geibels Umbildung a. a. O. S. 40.) p1b_521.044 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0555" n="521"/> </div> <div n="5"> <p><lb n="p1b_521.001"/> 2. Die alkäische Strophe.</p> <p><lb n="p1b_521.002"/> Sie hat ihren Namen von dem älteren Zeitgenossen und Landsmann <lb n="p1b_521.003"/> der Sappho, Alkäos aus Mitylene, in welcher Stadt eine von <lb n="p1b_521.004"/> der Sappho gegründete Dichterschule blühte. Man darf diese Strophe <lb n="p1b_521.005"/> wohl zu den schönsten Strophen der alten Lyrik rechnen. Die gleichmäßige, <lb n="p1b_521.006"/> von der Cäsur unterbrochene jambische Bewegung des alkäischen <lb n="p1b_521.007"/> Verses kommt in jedem der beiden ersten Verse einmal durch den Daktylus <lb n="p1b_521.008"/> in's Rollen, um sodann im Jambus des 3. Verses ruhig auszutönen. <lb n="p1b_521.009"/> Das Schema zeigt, daß diese Strophe zwei alkäische Verse, <lb n="p1b_521.010"/> sodann einen überzähligen viertaktigen jambischen Vers, endlich einen <lb n="p1b_521.011"/> rhythmusverändernden daktylisch=trochäischen Vers enthält. Sie ist ein <lb n="p1b_521.012"/> trikolisches Tetrastichon. Schema:</p> <lb n="p1b_521.013"/> <p> <hi rendition="#c">⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓ <lb n="p1b_521.014"/> ⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓ <lb n="p1b_521.015"/> ⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ <lb n="p1b_521.016"/> – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ – ⏑ – ⏑</hi> </p> <p><lb n="p1b_521.017"/> Man kann die alkäische Strophe mit ihrem überwiegenden jambischen <lb n="p1b_521.018"/> Element wie ein donnernd stürmisches Auf- und Abwogen empfinden. Zwei <lb n="p1b_521.019"/> Jamben mit einer Nachschlagesilbe steigen empor, zwei Daktylen senken den <lb n="p1b_521.020"/> Ton wieder herab. Zum zweitenmal dasselbe Spiel. Sodann Steigerung des <lb n="p1b_521.021"/> Anstrebens im dritten rein jambischen Vers. Höher und höher schwillt die <lb n="p1b_521.022"/> Welle der Bewegung, um im vierten einem ebenfalls gesteigerten, erst daktylisch <lb n="p1b_521.023"/> raschen, dann trochäisch verlangsamenden Abschwung Raum zu geben. „Tosend <lb n="p1b_521.024"/> schäumend“, sagt M. Carriere (Ästhet. <hi rendition="#aq">II</hi>. 479), „bricht die Welle und verflutet.“</p> <p> <lb n="p1b_521.025"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_521.026"/> <lg> <l>Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom,</l> <lb n="p1b_521.027"/> <l>Von Jnseln fern her, wenn er geerntet hat;</l> <lb n="p1b_521.028"/> <l> So käm' auch ich zur Heimat, hätt' ich</l> <lb n="p1b_521.029"/> <l> Güter so viele, wie Leid, geerntet.<hi rendition="#right">(Hölderlin.)</hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_521.030"/> <l>Du hoher Held, im Geiste des Widukind</l> <lb n="p1b_521.031"/> <l>Erhobst du kühn das Banner des Sachsenvolks,</l> <lb n="p1b_521.032"/> <l> Mit starkem Arme wehrhaft hütend</l> <lb n="p1b_521.033"/> <l> Deutschlands und Sachsens geliebte Gauen.</l> </lg> <lb n="p1b_521.034"/> <p> <hi rendition="#right">(Br. Hanschmann.)</hi> </p> <lb n="p1b_521.035"/> <lg> <l>Wie fass' ich dich, unstetige Truggestalt,</l> <lb n="p1b_521.036"/> <l>Mein eignes Jch, du Rätselgebild? 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2. Die alkäische Strophe.
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Sie hat ihren Namen von dem älteren Zeitgenossen und Landsmann p1b_521.003
der Sappho, Alkäos aus Mitylene, in welcher Stadt eine von p1b_521.004
der Sappho gegründete Dichterschule blühte. Man darf diese Strophe p1b_521.005
wohl zu den schönsten Strophen der alten Lyrik rechnen. Die gleichmäßige, p1b_521.006
von der Cäsur unterbrochene jambische Bewegung des alkäischen p1b_521.007
Verses kommt in jedem der beiden ersten Verse einmal durch den Daktylus p1b_521.008
in's Rollen, um sodann im Jambus des 3. Verses ruhig auszutönen. p1b_521.009
Das Schema zeigt, daß diese Strophe zwei alkäische Verse, p1b_521.010
sodann einen überzähligen viertaktigen jambischen Vers, endlich einen p1b_521.011
rhythmusverändernden daktylisch=trochäischen Vers enthält. Sie ist ein p1b_521.012
trikolisches Tetrastichon. Schema:
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⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓ p1b_521.014
⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓ p1b_521.015
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Man kann die alkäische Strophe mit ihrem überwiegenden jambischen p1b_521.018
Element wie ein donnernd stürmisches Auf- und Abwogen empfinden. Zwei p1b_521.019
Jamben mit einer Nachschlagesilbe steigen empor, zwei Daktylen senken den p1b_521.020
Ton wieder herab. Zum zweitenmal dasselbe Spiel. Sodann Steigerung des p1b_521.021
Anstrebens im dritten rein jambischen Vers. Höher und höher schwillt die p1b_521.022
Welle der Bewegung, um im vierten einem ebenfalls gesteigerten, erst daktylisch p1b_521.023
raschen, dann trochäisch verlangsamenden Abschwung Raum zu geben. „Tosend p1b_521.024
schäumend“, sagt M. Carriere (Ästhet. II. 479), „bricht die Welle und verflutet.“
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Beispiele:
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Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom, p1b_521.027
Von Jnseln fern her, wenn er geerntet hat; p1b_521.028
So käm' auch ich zur Heimat, hätt' ich p1b_521.029
Güter so viele, wie Leid, geerntet.(Hölderlin.)
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Du hoher Held, im Geiste des Widukind p1b_521.031
Erhobst du kühn das Banner des Sachsenvolks, p1b_521.032
Mit starkem Arme wehrhaft hütend p1b_521.033
Deutschlands und Sachsens geliebte Gauen.
p1b_521.034
(Br. Hanschmann.)
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Wie fass' ich dich, unstetige Truggestalt, p1b_521.036
Mein eignes Jch, du Rätselgebild? So will p1b_521.037
Der echte Kern mir deines Wesens p1b_521.038
Nie sich enthüllen in voller Klarheit?(Paul Schönfeld.)
p1b_521.039
Nicht mehr zu deuten weiß ich der Winde Stand, p1b_521.040
Denn bald von dorther wälzt sich die Wog' heran p1b_521.041
Und bald von dort, und wir inmitten p1b_521.042
Treiben dahin, wie das Schiff uns fortreißt.
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(Fragmente des Alkäos. Geibels Umbildung a. a. O. S. 40.)
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Als Muster gereimter alkäischer Strophen geben wir die nachstehende von p1b_521.045
Gottschall:
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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