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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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6. Wie die Allitteration als versregelndes Kunstmittel mit Bewußtsein p1b_402.002
schon bei den ältesten deutschen Litteraturwerken benützt wurde, ist leicht nachweislich. p1b_402.003
Man bediente sich dabei der meist aus 8 Hebungen bestehenden p1b_402.004
Langzeile (Otfriedsche Strophe vgl. § 68), z. B.

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Sie sint so sama chuani   selb so thie romani p1b_402.006
ni tharf man thaz, ouh redinon, thaz kriachi in thes giwidaron
. p1b_402.007
(Sie sind eben so kühn, selbst wie die Römer, p1b_402.008
nicht darf man dazu reden, daß Griechen sie darin übertreffen.)

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(Aus Otfrieds Krist I, 59 u. 60.)

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Diese Strophe war durch Jncisionen geteilt, und nur die Allitteration p1b_402.011
hielt sie zusammen, indem sie meist im ersten Bruchstück zweimal, im zweiten p1b_402.012
einmal den gleichen Anfangsbuchstaben brachte. Ausnahmen von dieser Regel p1b_402.013
gab es genug.

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Wir wählen noch ein anderes Beispiel aus dem ältesten deutschen Gedichte, p1b_402.015
dem Hildebrandsliede, in welchem der Kampf des Sohnes mit seinem p1b_402.016
unbekannten Vater - ähnlich wie in Rückerts Rostem und Suhrab - erzählt p1b_402.017
wird.

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Sunufatarungos iro saro rihtun p1b_402.019
Sohn und Vater zusammen ihre Panzer richteten p1b_402.020
garutun se iro gaudhamun, gurtun ih siro suert ana p1b_402.021
Bereiteten sich ihre Schlachtkleider, gürteten sich ihre Schwerter an. p1b_402.022
Helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltju ritun p1b_402.023
Die Helden über die Ringe (Panzerhemden), da sie zum Kampfe ritten. p1b_402.024
Hiltibraht gimahalta, her was heroro man, p1b_402.025
Hiltibracht sprach, er war der hehrere Mann p1b_402.026
ferahes frotoro; her fragen gistuont p1b_402.027
lebensverständiger; er zu fragen begann p1b_402.028
fohem wortum p1b_402.029
mit wenigen Worten p1b_402.030
hwer sin fater wari fireo in folche. p1b_402.031
wer sein Vater wäre, der Führer im Volke.

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Man ersieht hieraus, wie durch die Allitteration die Versgrenze bemerklich p1b_402.033
gemacht wurde und wie es schon die Alten verstanden, gewisse - selbstredend p1b_402.034
durch den Sinn verbundene - Worte durch das gemeinsame Anfangszeichen p1b_402.035
als zusammengehörig zu charakterisieren, wozu ihnen 3, 4, zuweilen nur 2 p1b_402.036
Hauptvorstellungen - durch gleiche Anlaute hervorgehoben - genügten. Vgl. p1b_402.037
hierfür noch den aus dem Hildebrandslied entlehnten Vers:

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mit gerau scal man geba infahan. p1b_402.039
Mit dem Gere soll der Mann die Gabe empfangen.

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schon bei den ältesten deutschen Litteraturwerken benützt wurde, ist leicht nachweislich. p1b_402.003
Man bediente sich dabei der meist aus 8 Hebungen bestehenden p1b_402.004
Langzeile (Otfriedsche Strophe vgl. § 68), z. B.

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Siè sint so sáma chuani   sélb so thie románi p1b_402.006
ni thárf man thaz, ouh rédinon, thaz kríachi in thes giwídaron
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(Sie sind eben so kühn, selbst wie die Römer, p1b_402.008
nicht darf man dazu reden, daß Griechen sie darin übertreffen.)

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(Aus Otfrieds Krist I, 59 u. 60.)

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Diese Strophe war durch Jncisionen geteilt, und nur die Allitteration p1b_402.011
hielt sie zusammen, indem sie meist im ersten Bruchstück zweimal, im zweiten p1b_402.012
einmal den gleichen Anfangsbuchstaben brachte. Ausnahmen von dieser Regel p1b_402.013
gab es genug.

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Wir wählen noch ein anderes Beispiel aus dem ältesten deutschen Gedichte, p1b_402.015
dem Hildebrandsliede, in welchem der Kampf des Sohnes mit seinem p1b_402.016
unbekannten Vater ─ ähnlich wie in Rückerts Rostem und Suhrab ─ erzählt p1b_402.017
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Sunufatarungôs irô saro rihtun p1b_402.019
Sohn und Vater zusammen ihre Panzer richteten p1b_402.020
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Helidôs, ubar hringâ, dô siê to derô hiltju ritun p1b_402.023
Die Helden über die Ringe (Panzerhemden), da sie zum Kampfe ritten. p1b_402.024
Hiltibraht gimahalta, her was hêrôro man, p1b_402.025
Hiltibracht sprach, er war der hehrere Mann p1b_402.026
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wer sein Vater wäre, der Führer im Volke.

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Man ersieht hieraus, wie durch die Allitteration die Versgrenze bemerklich p1b_402.033
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durch den Sinn verbundene ─ Worte durch das gemeinsame Anfangszeichen p1b_402.035
als zusammengehörig zu charakterisieren, wozu ihnen 3, 4, zuweilen nur 2 p1b_402.036
Hauptvorstellungen ─ durch gleiche Anlaute hervorgehoben ─ genügten. Vgl. p1b_402.037
hierfür noch den aus dem Hildebrandslied entlehnten Vers:

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/436>, abgerufen am 22.11.2024.