p1b_347.003 Die Zahl dieser gemischten Anapäste ist außerordentlich groß. p1b_347.004 Man kann sagen, daß dieselben von jedem besseren Dichter mit Vorliebe p1b_347.005 zur rhythmischen Malerei verwendet werden. Entweder der Jambus p1b_347.006 wird benützt, um die rasche Bewegung des munteren Anapästes p1b_347.007 zu zügeln, oder der Anapäst wird angewendet, um die langsame Bewegung p1b_347.008 des aufstrebenden Jambus in's Rollen zu bringen. Schillers p1b_347.009 Anapäste fügen viel öfter den Jambus ein, als die Goetheschen. Sie p1b_347.010 sind fast sämmtlich gemischt (logaödisch).
p1b_347.011 Bei den deutschen gemischten Anapästen ist die Stellung des p1b_347.012 Jambus eine durchaus willkürliche, also keineswegs schematisch feststehend p1b_347.013 wie im alcäischen Verse.
p1b_347.014 A. Deutsche jambisch-anapästische Verse.
p1b_347.015 Beispiele:
p1b_347.016
Zu Aachen in seiner Kaiserpracht,p1b_347.017 Jm altertümlichen Saale,p1b_347.018 Saß König Rudolfs heilige Machtp1b_347.019 Beim festlichen Kronungsmahle.p1b_347.020 Die Speisen trug der Pfalzgraf des Rheins,p1b_347.021 Es schenkte der Bohme des perlenden Weins,p1b_347.022 Und alle die Wänhler, die sieben,p1b_347.023 Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,p1b_347.024 Umstanden geschäftig den Herrscher der Welt,p1b_347.025 Die Würde des Amtes zu üben.
p1b_347.026
(Schiller, Graf von Habsburg.)
p1b_347.027
Wohl auf, Kameraden, auf's Pferd, auf's Pferd!p1b_347.028 Jn's Feld, in die Freiheit gezogen!p1b_347.029 Jm Felde, da ist der Mann noch was wert,p1b_347.030 Da wird das Herz noch gewogen.p1b_347.031 Da tritt kein anderer für ihn ein,p1b_347.032 Auf sich selber steht er da ganz allein.
p1b_347.033
(Schillers Reiterlied.)
p1b_347.034
Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer,p1b_347.035 Sie gehen von Munde zu Munde.
p1b_347.036
(Schiller, Die Worte des Glaubens.)
p1b_347.037
Es bricht sich die Welle mit Macht, mit Macht;p1b_347.038 Und sie seufzt hinaus in die finstre Nacht,p1b_347.039 Das Auge von Weinen getrübet u. s. w.
p1b_347.003 Die Zahl dieser gemischten Anapäste ist außerordentlich groß. p1b_347.004 Man kann sagen, daß dieselben von jedem besseren Dichter mit Vorliebe p1b_347.005 zur rhythmischen Malerei verwendet werden. Entweder der Jambus p1b_347.006 wird benützt, um die rasche Bewegung des munteren Anapästes p1b_347.007 zu zügeln, oder der Anapäst wird angewendet, um die langsame Bewegung p1b_347.008 des aufstrebenden Jambus in's Rollen zu bringen. Schillers p1b_347.009 Anapäste fügen viel öfter den Jambus ein, als die Goetheschen. Sie p1b_347.010 sind fast sämmtlich gemischt (logaödisch).
p1b_347.011 Bei den deutschen gemischten Anapästen ist die Stellung des p1b_347.012 Jambus eine durchaus willkürliche, also keineswegs schematisch feststehend p1b_347.013 wie im alcäischen Verse.
p1b_347.014 A. Deutsche jambisch-anapästische Verse.
p1b_347.015 Beispiele:
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Zu Aachĕn ĭn sēiner Kaiserpracht,p1b_347.017 Jm altertümlĭchĕn Sāale,p1b_347.018 Saß König Rudolfs heilĭgĕ Māchtp1b_347.019 Beim festlĭchĕn Krȫnungsmahle.p1b_347.020 Die Speisen trug der Pfalzgrăf dĕs Rhēins,p1b_347.021 Es schenktĕ dĕr Bȫhmĕ dĕs pērlĕndĕn Wēins,p1b_347.022 Und allĕ dĭe Wǟhlĕr, dĭe sīeben,p1b_347.023 Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,p1b_347.024 Umstanden geschäftig den Herrscher der Welt,p1b_347.025 Die Würde des Amtes zu üben.
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(Schiller, Graf von Habsburg.)
p1b_347.027
Wohl auf, Kameraden, auf's Pferd, auf's Pferd!p1b_347.028 Jn's Feld, in die Freiheit gezogen!p1b_347.029 Jm Felde, da ist der Mann noch was wert,p1b_347.030 Da wird das Herz noch gewogen.p1b_347.031 Da tritt kein anderer für ihn ein,p1b_347.032 Auf sich selber steht er da ganz allein.
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(Schillers Reiterlied.)
p1b_347.034
Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer,p1b_347.035 Sie gehen von Munde zu Munde.
p1b_347.036
(Schiller, Die Worte des Glaubens.)
p1b_347.037
Ĕs brīcht sich die Wēlle mit Mācht, mĭt Mācht;p1b_347.038 Und sie seufzt hinaus in die finstre Nacht,p1b_347.039 Das Auge von Weinen getrübet u. s. w.
p1b_347.040
(Schiller, Des Mädchens Klage.)
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§ 114. Jambisch-anapästische Verse (gemischte Anapäste p1b_347.002
mit steigendem Rhythmus). p1b_347.003
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Man kann sagen, daß dieselben von jedem besseren Dichter mit Vorliebe p1b_347.005
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Anapäste fügen viel öfter den Jambus ein, als die Goetheschen. Sie p1b_347.010
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Bei den deutschen gemischten Anapästen ist die Stellung des p1b_347.012
Jambus eine durchaus willkürliche, also keineswegs schematisch feststehend p1b_347.013
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A. Deutsche jambisch-anapästische Verse.
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Zu Aachĕn ĭn sēiner Kaiserpracht, p1b_347.017
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p1b_347.027
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Da tritt kein anderer für ihn ein, p1b_347.032
Auf sich selber steht er da ganz allein.
p1b_347.033
(Schillers Reiterlied.)
p1b_347.034
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p1b_347.036
(Schiller, Die Worte des Glaubens.)
p1b_347.037
Ĕs brīcht sich die Wēlle mit Mācht, mĭt Mācht; p1b_347.038
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Das Auge von Weinen getrübet u. s. w.
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/381>, abgerufen am 16.02.2025.
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