Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

p1b_315.001
6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter).

p1b_315.002
Der jambische Sechstakter kommt vor

p1b_315.003
A. als Alexandriner (Breve - Breve - Breve - | Breve - Breve - Breve -);

p1b_315.004
B. als der neue Nibelungenvers (Breve - Breve - Breve - Breve | Breve - Breve - Breve -);

p1b_315.005

C. als der dem antiken jambischen Trimeter nachgebildete neue Senarius p1b_315.006
(wie ihn die Römer nannten: Breve - Breve - Breve | - Breve - Breve - Breve -) bei dem p1b_315.007
die Cäsur den 3. oder auch den 4. Fuß durchschneidet;

p1b_315.008
D. als hinkender Jambus oder Choliambus (Breve - Breve - Breve - Breve - - Breve).

p1b_315.009
A. Der Alexandriner. Breve - Breve - Breve - | Breve - Breve Breve -.

p1b_315.010
Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß p1b_315.011
und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche p1b_315.012
Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen p1b_315.013
hätte er seinen Namen von einer Reimchronik ("Alexander le grand") p1b_315.014
aus dem 12. Jahrh., welche in diesem Versmaß geschrieben ist.

p1b_315.015
Er ist der Nationalvers der Franzosen, die ihn als den heroischen bezeichnen p1b_315.016
und namentlich seit Malesherbes im Epos wie im Drama ausschließlich p1b_315.017
zur Anwendung bringen. Martin Opitz (1597-1639), der ihn von den p1b_315.018
Jtalienern herstammen läßt (vgl. seine Poeterei S. 41), hat ihn bei uns p1b_315.019
zuerst eingeführt; Uz hat ihn in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts p1b_315.020
nicht ohne Glück angewandt, ebenso die Gottschedsche Schule im vor. Jahrh. p1b_315.021
Wegen des häufigen Gebrauchs des Alexandriners von der schlesischen Dichterschule p1b_315.022
bis zu Lessing nannte man besonders das 17. Jahrh. das Jahrhundert p1b_315.023
des Alexandriners. Der Alexandriner jener Zeit hatte etwas Eintöniges, p1b_315.024
Klapperndes, was beim französischen Alexandriner nicht auffällt, da man denselben p1b_315.025
nicht nach Betonung liest, sondern nach Quantität.

p1b_315.026
Rückert war es, der den Alexandriner in seiner "Weisheit des Brahmanen", p1b_315.027
ferner in "Rostem und Suhrab", sowie im "Leben Jesu" zur Bedeutung p1b_315.028
brachte. Kaum daß man den Alexandriner der Uzschen Periode wieder erkennt, p1b_315.029
so wesentlich unterscheidet sich der Rückertsche von ihm!

p1b_315.030
Rückert bildet seinen Alexandriner häufig durch Umkehrung des Nibelungenverses p1b_315.031
(Brevea - Breve - Breve - Breve | Breveb - Breve - Breve - in Breveb - Breve - Breve - | Brevea - Breve - Breve - Breve). p1b_315.032
(Siehe Beispiel weiter unten S. 317.) Ebenso häufig fügt er zwei rhythmische p1b_315.033
Reihen von je drei Takten aneinander, so daß zuweilen in der Mitte eine p1b_315.034
Taktpause und eine solche am Schlusse der Verszeile zu stehen kommt, wodurch p1b_315.035
sein Alexandriner wie ein Oktonar sich darstellt und liest. Jn der Regel p1b_315.036
fällt aber doch die Pause in der Mitte weg, und er wechselt dann mit den p1b_315.037
Einschnitten an anderen Stellen, z. B.:

p1b_315.038

a.

Woher ich kam, | wohin || ich gehe, | weiß ich nicht. p1b_315.039
Doch dies: | von Gott zu Gott! || ist meine Zuversicht.
p1b_315.040

b.

Wie oft geschiehts, | daß ich || ein Dunkles | mir erkläre p1b_315.041
Durch etwas Andres, | das || an sich | noch dunkler wäre.
p1b_315.042

c.

Das ist mein Wunsch, | daß gut || und glücklich mögen werden p1b_315.043
Und all mit ihnen ich || die Menschen all' auf Erden.

p1b_315.001
6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter).

p1b_315.002
Der jambische Sechstakter kommt vor

p1b_315.003
A. als Alexandriner (⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –);

p1b_315.004
B. als der neue Nibelungenvers (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –);

p1b_315.005

C. als der dem antiken jambischen Trimeter nachgebildete neue Senarius p1b_315.006
(wie ihn die Römer nannten: ⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ – ⏑ – ⏑ –) bei dem p1b_315.007
die Cäsur den 3. oder auch den 4. Fuß durchschneidet;

p1b_315.008
D. als hinkender Jambus oder Choliambus (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ – – ⏑).

p1b_315.009
A. Der Alexandriner. ⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ ⏑ –.

p1b_315.010
Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß p1b_315.011
und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche p1b_315.012
Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen p1b_315.013
hätte er seinen Namen von einer Reimchronik („Alexander le grand“) p1b_315.014
aus dem 12. Jahrh., welche in diesem Versmaß geschrieben ist.

p1b_315.015
Er ist der Nationalvers der Franzosen, die ihn als den heroischen bezeichnen p1b_315.016
und namentlich seit Malesherbes im Epos wie im Drama ausschließlich p1b_315.017
zur Anwendung bringen. Martin Opitz (1597─1639), der ihn von den p1b_315.018
Jtalienern herstammen läßt (vgl. seine Poeterei S. 41), hat ihn bei uns p1b_315.019
zuerst eingeführt; Uz hat ihn in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts p1b_315.020
nicht ohne Glück angewandt, ebenso die Gottschedsche Schule im vor. Jahrh. p1b_315.021
Wegen des häufigen Gebrauchs des Alexandriners von der schlesischen Dichterschule p1b_315.022
bis zu Lessing nannte man besonders das 17. Jahrh. das Jahrhundert p1b_315.023
des Alexandriners. Der Alexandriner jener Zeit hatte etwas Eintöniges, p1b_315.024
Klapperndes, was beim französischen Alexandriner nicht auffällt, da man denselben p1b_315.025
nicht nach Betonung liest, sondern nach Quantität.

p1b_315.026
Rückert war es, der den Alexandriner in seiner „Weisheit des Brahmanen“, p1b_315.027
ferner in „Rostem und Suhrab“, sowie im „Leben Jesu“ zur Bedeutung p1b_315.028
brachte. Kaum daß man den Alexandriner der Uzschen Periode wieder erkennt, p1b_315.029
so wesentlich unterscheidet sich der Rückertsche von ihm!

p1b_315.030
Rückert bildet seinen Alexandriner häufig durch Umkehrung des Nibelungenverses p1b_315.031
(⏑a – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑b – ⏑ – ⏑ – in ⏑b – ⏑ – ⏑ – │ ⏑a – ⏑ – ⏑ – ⏑). p1b_315.032
(Siehe Beispiel weiter unten S. 317.) Ebenso häufig fügt er zwei rhythmische p1b_315.033
Reihen von je drei Takten aneinander, so daß zuweilen in der Mitte eine p1b_315.034
Taktpause und eine solche am Schlusse der Verszeile zu stehen kommt, wodurch p1b_315.035
sein Alexandriner wie ein Oktonar sich darstellt und liest. Jn der Regel p1b_315.036
fällt aber doch die Pause in der Mitte weg, und er wechselt dann mit den p1b_315.037
Einschnitten an anderen Stellen, z. B.:

p1b_315.038

a.

Woher ich kam, │ wohin ‖ ich gehe, │ weiß ich nicht. p1b_315.039
Doch dies: │ von Gott zu Gott! ‖ ist meine Zuversicht.
p1b_315.040

b.

Wie oft geschiehts, │ daß ich ‖ ein Dunkles │ mir erkläre p1b_315.041
Durch etwas Andres, │ das ‖ an sich │ noch dunkler wäre.
p1b_315.042

c.

Das ist mein Wunsch, │ daß gut ‖ und glücklich mögen werden p1b_315.043
Und all mit ihnen ich ‖ die Menschen all' auf Erden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0349" n="315"/>
              </div>
            </div>
            <div n="4">
              <p><lb n="p1b_315.001"/>
6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter).</p>
              <p><lb n="p1b_315.002"/>
Der jambische Sechstakter kommt vor</p>
              <p><lb n="p1b_315.003"/><hi rendition="#aq">A</hi>. als Alexandriner (&#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x2502; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013;);</p>
              <p><lb n="p1b_315.004"/><hi rendition="#aq">B</hi>. als der neue Nibelungenvers (&#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2502; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013;);</p>
              <lb n="p1b_315.005"/>
              <p><hi rendition="#aq">C</hi>. als der dem antiken jambischen Trimeter nachgebildete neue Senarius <lb n="p1b_315.006"/>
(wie ihn die Römer nannten: &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2502; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013;) bei dem <lb n="p1b_315.007"/>
die Cäsur den 3. oder auch den 4. Fuß durchschneidet;</p>
              <p><lb n="p1b_315.008"/><hi rendition="#aq">D</hi>. als hinkender Jambus oder Choliambus (&#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x2013; &#x23D1;).</p>
              <lb n="p1b_315.009"/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">A</hi>. <hi rendition="#g">Der Alexandriner</hi>. &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x2502; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x23D1; &#x2013;.</hi> </head>
                <p><lb n="p1b_315.010"/>
Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß <lb n="p1b_315.011"/>
und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche <lb n="p1b_315.012"/>
Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen <lb n="p1b_315.013"/>
hätte er seinen Namen von einer Reimchronik (&#x201E;<hi rendition="#aq">Alexander le grand</hi>&#x201C;) <lb n="p1b_315.014"/>
aus dem 12. Jahrh., welche in diesem Versmaß geschrieben ist.</p>
                <p><lb n="p1b_315.015"/>
Er ist der Nationalvers der Franzosen, die ihn als den heroischen bezeichnen <lb n="p1b_315.016"/>
und namentlich seit <hi rendition="#aq">Malesherbes</hi> im Epos wie im Drama ausschließlich <lb n="p1b_315.017"/>
zur Anwendung bringen. Martin Opitz (1597&#x2500;1639), der ihn von den <lb n="p1b_315.018"/>
Jtalienern herstammen läßt (vgl. seine Poeterei S. 41), hat ihn bei uns <lb n="p1b_315.019"/>
zuerst eingeführt; Uz hat ihn in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts <lb n="p1b_315.020"/>
nicht ohne Glück angewandt, ebenso die <hi rendition="#g">Gottschedsche</hi> Schule im vor. Jahrh. <lb n="p1b_315.021"/>
Wegen des häufigen Gebrauchs des Alexandriners von der schlesischen Dichterschule <lb n="p1b_315.022"/>
bis zu Lessing nannte man besonders das 17. Jahrh. das Jahrhundert <lb n="p1b_315.023"/>
des <hi rendition="#g">Alexandriners.</hi> Der Alexandriner jener Zeit hatte etwas Eintöniges, <lb n="p1b_315.024"/>
Klapperndes, was beim französischen Alexandriner nicht auffällt, da man denselben <lb n="p1b_315.025"/>
nicht nach Betonung liest, sondern nach <hi rendition="#g">Quantität.</hi></p>
                <p><lb n="p1b_315.026"/>
Rückert war es, der den Alexandriner in seiner &#x201E;Weisheit des Brahmanen&#x201C;, <lb n="p1b_315.027"/>
ferner in &#x201E;Rostem und Suhrab&#x201C;, sowie im &#x201E;Leben Jesu&#x201C; zur Bedeutung <lb n="p1b_315.028"/>
brachte. Kaum daß man den Alexandriner der Uzschen Periode wieder erkennt, <lb n="p1b_315.029"/>
so wesentlich unterscheidet sich der Rückertsche von ihm!</p>
                <p><lb n="p1b_315.030"/>
Rückert bildet seinen Alexandriner häufig durch Umkehrung des Nibelungenverses     <lb n="p1b_315.031"/>
(&#x23D1;<metamark function="metEmph" place="superlinear">a</metamark> &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2502; &#x23D1;<metamark function="metEmph" place="superlinear">b</metamark> &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; in &#x23D1;<metamark function="metEmph" place="superlinear">b</metamark> &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x2502; &#x23D1;<metamark function="metEmph" place="superlinear">a</metamark> &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1; &#x2013; &#x23D1;). <lb n="p1b_315.032"/>
(Siehe Beispiel weiter unten S. 317.) Ebenso häufig fügt er zwei rhythmische <lb n="p1b_315.033"/>
Reihen von je drei Takten aneinander, so daß zuweilen in der Mitte eine <lb n="p1b_315.034"/>
Taktpause und eine solche am Schlusse der Verszeile zu stehen kommt, wodurch <lb n="p1b_315.035"/>
sein Alexandriner wie ein <hi rendition="#g">Oktonar</hi> sich darstellt und liest. Jn der Regel <lb n="p1b_315.036"/>
fällt aber doch die Pause in der Mitte weg, und er wechselt dann mit den <lb n="p1b_315.037"/>
Einschnitten an anderen Stellen, z. B.:</p>
                <lb n="p1b_315.038"/>
                <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p>
                <lg>
                  <l>Woher ich kam, &#x2502; wohin &#x2016; ich gehe, &#x2502; weiß ich nicht.</l>
                  <lb n="p1b_315.039"/>
                  <l>Doch dies: &#x2502; von Gott zu Gott! &#x2016; ist meine Zuversicht.</l>
                </lg>
                <lb n="p1b_315.040"/>
                <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">b</hi>.</p>
                <lg>
                  <l>Wie oft geschiehts, &#x2502; daß ich &#x2016; ein Dunkles &#x2502; mir erkläre</l>
                  <lb n="p1b_315.041"/>
                  <l>Durch etwas Andres, &#x2502; das &#x2016; an sich &#x2502; noch dunkler wäre.</l>
                </lg>
                <lb n="p1b_315.042"/>
                <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">c</hi>.</p>
                <lg>
                  <l>Das ist mein Wunsch, &#x2502; daß gut &#x2016; und glücklich mögen werden</l>
                  <lb n="p1b_315.043"/>
                  <l>Und all mit ihnen ich &#x2016; die Menschen all' auf Erden.</l>
                </lg>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0349] p1b_315.001 6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter). p1b_315.002 Der jambische Sechstakter kommt vor p1b_315.003 A. als Alexandriner (⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –); p1b_315.004 B. als der neue Nibelungenvers (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –); p1b_315.005 C. als der dem antiken jambischen Trimeter nachgebildete neue Senarius p1b_315.006 (wie ihn die Römer nannten: ⏑ – ⏑ – ⏑ │ – ⏑ – ⏑ – ⏑ –) bei dem p1b_315.007 die Cäsur den 3. oder auch den 4. Fuß durchschneidet; p1b_315.008 D. als hinkender Jambus oder Choliambus (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ – – ⏑). p1b_315.009 A. Der Alexandriner. ⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ ⏑ –. p1b_315.010 Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß p1b_315.011 und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche p1b_315.012 Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen p1b_315.013 hätte er seinen Namen von einer Reimchronik („Alexander le grand“) p1b_315.014 aus dem 12. Jahrh., welche in diesem Versmaß geschrieben ist. p1b_315.015 Er ist der Nationalvers der Franzosen, die ihn als den heroischen bezeichnen p1b_315.016 und namentlich seit Malesherbes im Epos wie im Drama ausschließlich p1b_315.017 zur Anwendung bringen. Martin Opitz (1597─1639), der ihn von den p1b_315.018 Jtalienern herstammen läßt (vgl. seine Poeterei S. 41), hat ihn bei uns p1b_315.019 zuerst eingeführt; Uz hat ihn in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts p1b_315.020 nicht ohne Glück angewandt, ebenso die Gottschedsche Schule im vor. Jahrh. p1b_315.021 Wegen des häufigen Gebrauchs des Alexandriners von der schlesischen Dichterschule p1b_315.022 bis zu Lessing nannte man besonders das 17. Jahrh. das Jahrhundert p1b_315.023 des Alexandriners. Der Alexandriner jener Zeit hatte etwas Eintöniges, p1b_315.024 Klapperndes, was beim französischen Alexandriner nicht auffällt, da man denselben p1b_315.025 nicht nach Betonung liest, sondern nach Quantität. p1b_315.026 Rückert war es, der den Alexandriner in seiner „Weisheit des Brahmanen“, p1b_315.027 ferner in „Rostem und Suhrab“, sowie im „Leben Jesu“ zur Bedeutung p1b_315.028 brachte. Kaum daß man den Alexandriner der Uzschen Periode wieder erkennt, p1b_315.029 so wesentlich unterscheidet sich der Rückertsche von ihm! p1b_315.030 Rückert bildet seinen Alexandriner häufig durch Umkehrung des Nibelungenverses p1b_315.031 (⏑a – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑b – ⏑ – ⏑ – in ⏑b – ⏑ – ⏑ – │ ⏑a – ⏑ – ⏑ – ⏑). p1b_315.032 (Siehe Beispiel weiter unten S. 317.) Ebenso häufig fügt er zwei rhythmische p1b_315.033 Reihen von je drei Takten aneinander, so daß zuweilen in der Mitte eine p1b_315.034 Taktpause und eine solche am Schlusse der Verszeile zu stehen kommt, wodurch p1b_315.035 sein Alexandriner wie ein Oktonar sich darstellt und liest. Jn der Regel p1b_315.036 fällt aber doch die Pause in der Mitte weg, und er wechselt dann mit den p1b_315.037 Einschnitten an anderen Stellen, z. B.: p1b_315.038 a. Woher ich kam, │ wohin ‖ ich gehe, │ weiß ich nicht. p1b_315.039 Doch dies: │ von Gott zu Gott! ‖ ist meine Zuversicht. p1b_315.040 b. Wie oft geschiehts, │ daß ich ‖ ein Dunkles │ mir erkläre p1b_315.041 Durch etwas Andres, │ das ‖ an sich │ noch dunkler wäre. p1b_315.042 c. Das ist mein Wunsch, │ daß gut ‖ und glücklich mögen werden p1b_315.043 Und all mit ihnen ich ‖ die Menschen all' auf Erden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/349
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/349>, abgerufen am 25.11.2024.