Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_201.001 Wie fein zerbrichst du den Tempel Gottes und bauest ihn! &c. p1b_201.003 p1b_201.004 (Shakespeare, Richard III.) p1b_201.006 p1b_201.007 p1b_201.008 p1b_201.012 1. K. Karl: Uns bleiben noch viel reiche, schöne Länder. p1b_201.014 (Schiller, Jungfrau von Orleans.) p1b_201.024Vers 2.Der weise Vater schlägt nun wohl p1b_201.025 p1b_201.032Mich platterdings nicht aus. Der weise Vater p1b_201.026 Muß aber doch sich erst erkunden, erst p1b_201.027 Besinnen. Allerdings! That ich denn das p1b_201.028 Nicht auch? Erkundete, besann ich denn p1b_201.029 Mich erst nicht auch, als sie im Feuer schrie? - p1b_201.030 Fürwahr! bei Gott! Es ist doch gar was schönes, p1b_201.031 So weise, so bedächtig sein. (Lessing, Nathan d. Weise, IV. Akt 4. Sc.) p1b_201.033 p1b_201.034 p1b_201.037 Leicester: Jhr überlegt nicht, hört nicht, werdet Alles p1b_201.039 Marinelli: Aus Zerstreuung weiß ich. - Nicht aus Verachtung. p1b_201.044 p1b_201.001 Wie fein zerbrichst du den Tempel Gottes und bauest ihn! &c. p1b_201.003 p1b_201.004 (Shakespeare, Richard III.) p1b_201.006 p1b_201.007 p1b_201.008 p1b_201.012 1. K. Karl: Uns bleiben noch viel reiche, schöne Länder. p1b_201.014 (Schiller, Jungfrau von Orleans.) p1b_201.024Vers 2.Der weise Vater schlägt nun wohl p1b_201.025 p1b_201.032Mich platterdings nicht aus. Der weise Vater p1b_201.026 Muß aber doch sich erst erkunden, erst p1b_201.027 Besinnen. Allerdings! That ich denn das p1b_201.028 Nicht auch? Erkundete, besann ich denn p1b_201.029 Mich erst nicht auch, als sie im Feuer schrie? ─ p1b_201.030 Fürwahr! bei Gott! Es ist doch gar was schönes, p1b_201.031 So weise, so bedächtig sein. (Lessing, Nathan d. Weise, IV. Akt 4. Sc.) p1b_201.033 p1b_201.034 p1b_201.037 Leicester: Jhr überlegt nicht, hört nicht, werdet Alles p1b_201.039 Marinelli: Aus Zerstreuung weiß ich. ─ Nicht aus Verachtung. p1b_201.044 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0235" n="201"/> <p><lb n="p1b_201.001"/> 2. Die Juden sprachen zu Jesus:</p> <lb n="p1b_201.002"/> <lg> <l>Wie fein zerbrichst du den Tempel Gottes und bauest ihn! &c.</l> </lg> <p><lb n="p1b_201.003"/> 3. Arzt, hilf dir selber. (Matth.)</p> <p><lb n="p1b_201.004"/> 4. Deine beste Entschuldigung wäre der Galgen.</p> <lb n="p1b_201.005"/> <p> <hi rendition="#right">(Shakespeare, Richard <hi rendition="#aq">III</hi>.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_201.006"/> Vgl. auch <hi rendition="#aq">Quint. VI. 3. 85. VIII</hi>. 6. 54.</p> </div> <div n="5"> <p><lb n="p1b_201.007"/> 3. Diasyrmus.</p> <p><lb n="p1b_201.008"/> Diasyrmus (von <foreign xml:lang="grc">δια-</foreign><foreign xml:lang="grc">συρμός</foreign> == durchhecheln, durchziehen) ist das <lb n="p1b_201.009"/> Verspotten eines Lebenden, also eine spöttelnde, direkte Rede. Sie wird <lb n="p1b_201.010"/> zuweilen der Hyperbel entgegengesetzt und bedeutet dann die höhnende <lb n="p1b_201.011"/> Übertreibung in der verkleinernden Darstellung.</p> <p> <lb n="p1b_201.012"/> <hi rendition="#g">Beispiele des Diasyrmus:</hi> </p> <lb n="p1b_201.013"/> <p> <hi rendition="#c"> 1. K. Karl: Uns bleiben noch viel reiche, schöne Länder. <lb n="p1b_201.014"/> Dunois: So lang es Gott gefällt und Talbot's Schwert! <lb n="p1b_201.015"/> Wenn Orleans genommen ist, magst du <lb n="p1b_201.016"/> Mit deinem König Ren<hi rendition="#aq">é</hi> Schafe hüten. <lb n="p1b_201.017"/> K. Karl: Stets übst du deinen Witz an diesem König; <lb n="p1b_201.018"/> Doch ist es dieser länderlose Fürst, <lb n="p1b_201.019"/> Der eben jetzt mich königlich beschenkte. <lb n="p1b_201.020"/> Dunois: Nur nicht mit seiner Krone von Neapel; <lb n="p1b_201.021"/> Um Gotteswillen nicht! denn die ist feil, <lb n="p1b_201.022"/> Hab' ich gehört, seitdem er Schafe weidet.</hi> </p> <lb n="p1b_201.023"/> <p> <hi rendition="#right">(Schiller, Jungfrau von Orleans.)</hi> </p> <lb n="p1b_201.024"/> <lg> <l n="2.">Der weise Vater schlägt nun wohl</l> <lb n="p1b_201.025"/> <l>Mich platterdings nicht aus. Der weise Vater</l> <lb n="p1b_201.026"/> <l>Muß aber doch sich erst erkunden, erst</l> <lb n="p1b_201.027"/> <l>Besinnen. Allerdings! That ich denn das</l> <lb n="p1b_201.028"/> <l>Nicht auch? Erkundete, besann ich denn</l> <lb n="p1b_201.029"/> <l>Mich erst nicht auch, als sie im Feuer schrie? ─</l> <lb n="p1b_201.030"/> <l>Fürwahr! bei Gott! Es ist doch gar was schönes,</l> <lb n="p1b_201.031"/> <l>So weise, so bedächtig sein.</l> </lg> <lb n="p1b_201.032"/> <p> <hi rendition="#right">(Lessing, Nathan d. Weise, <hi rendition="#aq">IV</hi>. Akt 4. Sc.)</hi> </p> </div> <div n="5"> <p><lb n="p1b_201.033"/> 4. Mimesis.</p> <p><lb n="p1b_201.034"/> Die Mimesis (<foreign xml:lang="grc">μίμησις</foreign> == Nachahmung: <hi rendition="#aq">imitatio</hi>) ist das höhnende <lb n="p1b_201.035"/> oder spöttische Wiederholen oder Nachsprechen der Worte des zuerst <lb n="p1b_201.036"/> Sprechenden.</p> <p> <lb n="p1b_201.037"/> <hi rendition="#g">Beispiele der Mimesis:</hi> </p> <lb n="p1b_201.038"/> <p> <hi rendition="#c"> Leicester: Jhr überlegt nicht, hört nicht, werdet Alles <lb n="p1b_201.039"/> Mit heftig blindem Ungestüm zerstören, <lb n="p1b_201.040"/> Was auf <hi rendition="#g">so guten</hi> Weg geleitet war. <lb n="p1b_201.041"/> Mortimer: Wohl auf <hi rendition="#g">den guten Weg,</hi> den ihr gebahnt? <lb n="p1b_201.042"/> </hi> <hi rendition="#right">(Schiller, Maria Stuart.)</hi> </p> <lb n="p1b_201.043"/> <p> <hi rendition="#c"> Marinelli: Aus Zerstreuung weiß ich. ─ Nicht aus <hi rendition="#g">Verachtung.</hi> <lb n="p1b_201.044"/> Orsina: <hi rendition="#g">Verachtung?</hi> ─ Wer denkt daran? ─ Es braucht ja eben nur <lb n="p1b_201.045"/> Gleichgiltigkeit zu sein. Nicht wahr Marinelli? <lb n="p1b_201.046"/> Marinelli: Allerdings, <hi rendition="#g">allerdings.</hi> <lb n="p1b_201.047"/> Orsina: <hi rendition="#g">Allerdings?</hi> O des weisen Mannes, den man sagen lassen kann, <lb n="p1b_201.048"/> was man will!(Lessing, Emilia Galotti.)</hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0235]
p1b_201.001
2. Die Juden sprachen zu Jesus:
p1b_201.002
Wie fein zerbrichst du den Tempel Gottes und bauest ihn! &c.
p1b_201.003
3. Arzt, hilf dir selber. (Matth.)
p1b_201.004
4. Deine beste Entschuldigung wäre der Galgen.
p1b_201.005
(Shakespeare, Richard III.)
p1b_201.006
Vgl. auch Quint. VI. 3. 85. VIII. 6. 54.
p1b_201.007
3. Diasyrmus.
p1b_201.008
Diasyrmus (von δια-συρμός == durchhecheln, durchziehen) ist das p1b_201.009
Verspotten eines Lebenden, also eine spöttelnde, direkte Rede. Sie wird p1b_201.010
zuweilen der Hyperbel entgegengesetzt und bedeutet dann die höhnende p1b_201.011
Übertreibung in der verkleinernden Darstellung.
p1b_201.012
Beispiele des Diasyrmus:
p1b_201.013
1. K. Karl: Uns bleiben noch viel reiche, schöne Länder. p1b_201.014
Dunois: So lang es Gott gefällt und Talbot's Schwert! p1b_201.015
Wenn Orleans genommen ist, magst du p1b_201.016
Mit deinem König René Schafe hüten. p1b_201.017
K. Karl: Stets übst du deinen Witz an diesem König; p1b_201.018
Doch ist es dieser länderlose Fürst, p1b_201.019
Der eben jetzt mich königlich beschenkte. p1b_201.020
Dunois: Nur nicht mit seiner Krone von Neapel; p1b_201.021
Um Gotteswillen nicht! denn die ist feil, p1b_201.022
Hab' ich gehört, seitdem er Schafe weidet.
p1b_201.023
(Schiller, Jungfrau von Orleans.)
p1b_201.024
Der weise Vater schlägt nun wohl p1b_201.025
Mich platterdings nicht aus. Der weise Vater p1b_201.026
Muß aber doch sich erst erkunden, erst p1b_201.027
Besinnen. Allerdings! That ich denn das p1b_201.028
Nicht auch? Erkundete, besann ich denn p1b_201.029
Mich erst nicht auch, als sie im Feuer schrie? ─ p1b_201.030
Fürwahr! bei Gott! Es ist doch gar was schönes, p1b_201.031
So weise, so bedächtig sein.
p1b_201.032
(Lessing, Nathan d. Weise, IV. Akt 4. Sc.)
p1b_201.033
4. Mimesis.
p1b_201.034
Die Mimesis (μίμησις == Nachahmung: imitatio) ist das höhnende p1b_201.035
oder spöttische Wiederholen oder Nachsprechen der Worte des zuerst p1b_201.036
Sprechenden.
p1b_201.037
Beispiele der Mimesis:
p1b_201.038
Leicester: Jhr überlegt nicht, hört nicht, werdet Alles p1b_201.039
Mit heftig blindem Ungestüm zerstören, p1b_201.040
Was auf so guten Weg geleitet war. p1b_201.041
Mortimer: Wohl auf den guten Weg, den ihr gebahnt? p1b_201.042
(Schiller, Maria Stuart.)
p1b_201.043
Marinelli: Aus Zerstreuung weiß ich. ─ Nicht aus Verachtung. p1b_201.044
Orsina: Verachtung? ─ Wer denkt daran? ─ Es braucht ja eben nur p1b_201.045
Gleichgiltigkeit zu sein. Nicht wahr Marinelli? p1b_201.046
Marinelli: Allerdings, allerdings. p1b_201.047
Orsina: Allerdings? O des weisen Mannes, den man sagen lassen kann, p1b_201.048
was man will!(Lessing, Emilia Galotti.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |