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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Form ist, und da es bei ihm (wie bei allen Figuren) auf den Verstand, nicht p1b_192.002
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es zu den Figuren, und zwar zu den Wiederholungen. Mehrere der unter p1b_192.004
Polyptoton gegebenen Beispiele sind zugleich Wortspiele.

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Wir finden geistreiche Wortspiele bei allen bedeutenden Schriftstellern aller p1b_192.006
Nationen, vorzugsweise aber bei Aristophanes, Plautus, Shakespeare, Rabelais, p1b_192.007
Fischart, Jean Paul und in der Prosa besonders bei Abraham a Sancta Clara.

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Paul Gerhard und Benjamin Schmolk haben nicht gut gethan, Wortspiele p1b_192.009
in geistlichen Liedern anzuwenden. Hier schädigen sie die Würde, während p1b_192.010
sie in der weltlichen Poesie am Platz sind. Von den neuern Dichtern liebten p1b_192.011
das Wortspiel Rückert und Reuter. - Bei Rückert tritt die Vorliebe für das p1b_192.012
Wortspiel schon in seiner ersten Periode zu Tage, z. B. in seinem Napoleon, p1b_192.013
wo wir Wortspielen begegnen, wie:

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Amme.   Sagt Herr, wollt Jhr ein Pulver,

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Ein niederschlagendes vielleicht?

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Napoleon:   Frau Politik, wozu das?

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Niedergeschlagen bin ich schon. - O Ruhm, mein Ruhm!

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Wie Rückert mit Absicht das Wortspiel anwendet, sagt er in folgenden p1b_192.019
Alexandrinern:

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Das Wortspiel schelten sie, doch scheint es angemessen p1b_192.021
Der Sprache, welche ganz hat ihre Bahn gemessen, p1b_192.022
Daß sie vom Anbeginn, eh' es ihr war bewußt, p1b_192.023
Ein dunkles Wortspiel war, wird ihr nun klar bewußt. p1b_192.024
Womit unwissentlich sie allerorten spielen, p1b_192.025
Komm, und geflissentlich laß uns mit Worten spielen.

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Freilich wird Rückerts Wortspiel zuweilen Tändelei und Spielerei. Z. B.:

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Jch lehre dich, mein Sohn: Nie übe das, was über p1b_192.028
Das Maß ist! Überall vom Übel ist das Über.
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Mit keinerlei Gerät wird ihm die Fahrt geraten.
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Stets unterm Thore fällt mir meine Thorheit ein.

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Jnteressant ist, daß Rückert die von ihm mehrfach überschrittene Grenze p1b_192.032
so genau gekannt hat. Er sagt:

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Das Wortspiel will ich wohl auch deiner Sprach' erlauben, p1b_192.034
Wenn es nur Schmuck ihr leiht, ohn' ihr den Kern zu rauben. p1b_192.035
Der Prüfstein ist, wenn sie fremdländisch übersetzt, p1b_192.036
Den eignen Schmuck verliert und auch noch nackt ergetzt.

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Die obigen Proben Rückerts würden sich freilich in ein fremdes Jdiom p1b_192.038
kaum übertragen lassen. Er bietet hunderte von geistvollen Wortspielen, die man p1b_192.039
geradezu klassisch nennen könnte, namentlich in den Makamen des Hariri, in der p1b_192.040
Weisheit des Brahmanen, in den Kindertotenliedern S. 217 u. 229 u. s. w.

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Beispiele des Wortspiels:

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a. Gerungen hab ich lange, bis ich das errang, vor dem das Ringen nur mir p1b_192.043
scheint geringe. (Dies Beispiel kann auch als Polyptoton aufgefaßt werden.)

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Form ist, und da es bei ihm (wie bei allen Figuren) auf den Verstand, nicht p1b_192.002
aber (wie bei allen Tropen) auf die Einbildung abgesehen ist, so rechnen wir p1b_192.003
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Polyptoton gegebenen Beispiele sind zugleich Wortspiele.

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Wir finden geistreiche Wortspiele bei allen bedeutenden Schriftstellern aller p1b_192.006
Nationen, vorzugsweise aber bei Aristophanes, Plautus, Shakespeare, Rabelais, p1b_192.007
Fischart, Jean Paul und in der Prosa besonders bei Abraham a Sancta Clara.

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Paul Gerhard und Benjamin Schmolk haben nicht gut gethan, Wortspiele p1b_192.009
in geistlichen Liedern anzuwenden. Hier schädigen sie die Würde, während p1b_192.010
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das Wortspiel Rückert und Reuter. ─ Bei Rückert tritt die Vorliebe für das p1b_192.012
Wortspiel schon in seiner ersten Periode zu Tage, z. B. in seinem Napoleon, p1b_192.013
wo wir Wortspielen begegnen, wie:

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Amme.   Sagt Herr, wollt Jhr ein Pulver,

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Ein niederschlagendes vielleicht?

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Napoleon:   Frau Politik, wozu das?

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Niedergeschlagen bin ich schon. ─ O Ruhm, mein Ruhm!

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Wie Rückert mit Absicht das Wortspiel anwendet, sagt er in folgenden p1b_192.019
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/226>, abgerufen am 22.11.2024.