Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_168.001 Formen der Synekdoche. p1b_168.015 Welch Herz noch etwas liebt (statt: welcher Mensch).(Rückert.) p1b_168.017 p1b_168.018Wir flehen um ein wirtlich Dach (statt: Haus). (Schillers Kraniche des Jbykus.) p1b_168.019Er zählt die Häupter seiner Lieben, p1b_168.020 p1b_168.021Und sieh, ihm fehlt kein teures Haupt (statt: Familienglied oder Person). (Schiller.) p1b_168.022Nie verläßt euch meine Feder, p1b_168.023 p1b_168.024Nie mein Degen und mein Herz (statt: ich). (Herder.) p1b_168.025Jhr weingetränkten Kehlen bleibt mir hold (statt: ihr weinliebenden Freunde). p1b_168.026(Gust. Freytag.) p1b_168.027Schnell ist des Schwertes Schneide bloß (statt: das Schwert). p1b_168.028(Schiller, Kampf mit dem Drachen.) p1b_168.029Schon führt er zu der Heimat Strande, p1b_168.030 p1b_168.031Von Golde schwer, den eignen Mast (statt: das eigne Schiff). (Uhland, Der Leitstern.) p1b_168.032Eine Flotte von dreißig Segeln (statt: Schiffen). p1b_168.033 (Uhlands Waller.) p1b_168.035 p1b_168.036 O eine Circe du in neuer Weise! p1b_168.040 Gab ich dir Schuld, weil du mir Härte ein Geschäft p1b_168.041 Verweigertest, wo deine Alba glänzen.(Schiller, Don Carlos.) p1b_168.042 p1b_168.043O Schmerz, August sein auf dem Thron, wenn kein Horaz ihm singt. (Geibel.) p1b_168.044Jch sag' ein Daniel, ein zweiter Daniel. p1b_168.045(Shakespeare, Kaufm. v. Venedig. IV, 1.) p1b_168.001 Formen der Synekdoche. p1b_168.015 Welch Herz noch etwas liebt (statt: welcher Mensch).(Rückert.) p1b_168.017 p1b_168.018Wir flehen um ein wirtlich Dach (statt: Haus). (Schillers Kraniche des Jbykus.) p1b_168.019Er zählt die Häupter seiner Lieben, p1b_168.020 p1b_168.021Und sieh, ihm fehlt kein teures Haupt (statt: Familienglied oder Person). (Schiller.) p1b_168.022Nie verläßt euch meine Feder, p1b_168.023 p1b_168.024Nie mein Degen und mein Herz (statt: ich). (Herder.) p1b_168.025Jhr weingetränkten Kehlen bleibt mir hold (statt: ihr weinliebenden Freunde). p1b_168.026(Gust. Freytag.) p1b_168.027Schnell ist des Schwertes Schneide bloß (statt: das Schwert). p1b_168.028(Schiller, Kampf mit dem Drachen.) p1b_168.029Schon führt er zu der Heimat Strande, p1b_168.030 p1b_168.031Von Golde schwer, den eignen Mast (statt: das eigne Schiff). (Uhland, Der Leitstern.) p1b_168.032Eine Flotte von dreißig Segeln (statt: Schiffen). p1b_168.033 (Uhlands Waller.) p1b_168.035 p1b_168.036 O eine Circe du in neuer Weise! p1b_168.040 Gab ich dir Schuld, weil du mir Härte ein Geschäft p1b_168.041 Verweigertest, wo deine Alba glänzen.(Schiller, Don Carlos.) p1b_168.042 p1b_168.043O Schmerz, August sein auf dem Thron, wenn kein Horaz ihm singt. (Geibel.) p1b_168.044Jch sag' ein Daniel, ein zweiter Daniel. p1b_168.045(Shakespeare, Kaufm. v. Venedig. 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Die Vertauschung beruht nämlich nicht <lb n="p1b_168.003"/> auf einer Denkoperation wie bei der Metonymie, sondern <hi rendition="#g">auf der <lb n="p1b_168.004"/> sinnlich wahrnehmbaren Anschauung.</hi> Das Verhältnis des Teiles <lb n="p1b_168.005"/> zum Ganzen, <hi rendition="#g">das Umfangsverhältnis ist hier das Maßgebende</hi>! <lb n="p1b_168.006"/> <hi rendition="#aq">Partem pro toto</hi> == den Teil für's Ganze nehmen ist Synekdoche. <lb n="p1b_168.007"/> Bei ihr gilt daher das Jndividuum für die Gattung, die <lb n="p1b_168.008"/> bestimmte Zahl für die unbestimmte, der Singular für den Plural. <lb n="p1b_168.009"/> (<hi rendition="#g">Beispiele: Wellen</hi> für See; <hi rendition="#g">Brot</hi> für Nahrung; <hi rendition="#g">der</hi> Dichter <lb n="p1b_168.010"/> singt der Liebe Lust, für: <hi rendition="#g">die</hi> Dichter singen &c.) Auch wird die Gattung <lb n="p1b_168.011"/> für die Art gesetzt, z. B. Sterbliche für Menschen. 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Teilverhältnisses. Der gebrauchte Begriff findet bei der Synekdoche p1b_168.002
eine eingeschränkte Anwendung. Die Vertauschung beruht nämlich nicht p1b_168.003
auf einer Denkoperation wie bei der Metonymie, sondern auf der p1b_168.004
sinnlich wahrnehmbaren Anschauung. Das Verhältnis des Teiles p1b_168.005
zum Ganzen, das Umfangsverhältnis ist hier das Maßgebende! p1b_168.006
Partem pro toto == den Teil für's Ganze nehmen ist Synekdoche. p1b_168.007
Bei ihr gilt daher das Jndividuum für die Gattung, die p1b_168.008
bestimmte Zahl für die unbestimmte, der Singular für den Plural. p1b_168.009
(Beispiele: Wellen für See; Brot für Nahrung; der Dichter p1b_168.010
singt der Liebe Lust, für: die Dichter singen &c.) Auch wird die Gattung p1b_168.011
für die Art gesetzt, z. B. Sterbliche für Menschen. Ferner die Art p1b_168.012
für die Gattung, z. B. der Geizige strebt nach Thalern, statt: nach Geld. p1b_168.013
(Vgl. Quint. instit. orat. 8. 6. 19.)
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Formen der Synekdoche.
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a. Der Teil wird für das Ganze gesetzt.
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Welch Herz noch etwas liebt (statt: welcher Mensch).(Rückert.) p1b_168.017
Wir flehen um ein wirtlich Dach (statt: Haus).
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(Schillers Kraniche des Jbykus.)
p1b_168.019
Er zählt die Häupter seiner Lieben, p1b_168.020
Und sieh, ihm fehlt kein teures Haupt (statt: Familienglied oder Person).
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(Schiller.)
p1b_168.022
Nie verläßt euch meine Feder, p1b_168.023
Nie mein Degen und mein Herz (statt: ich).
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(Herder.)
p1b_168.025
Jhr weingetränkten Kehlen bleibt mir hold (statt: ihr weinliebenden Freunde).
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(Gust. Freytag.)
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Schnell ist des Schwertes Schneide bloß (statt: das Schwert).
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(Schiller, Kampf mit dem Drachen.)
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Schon führt er zu der Heimat Strande, p1b_168.030
Von Golde schwer, den eignen Mast (statt: das eigne Schiff).
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(Uhland, Der Leitstern.)
p1b_168.032
Eine Flotte von dreißig Segeln (statt: Schiffen).
p1b_168.033
Bunte Kreuzesfahnen ziehen durch die Felder &c. (statt: die Züge der Waller).
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(Uhlands Waller.)
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b. Jndividuum (Spezies) für die Gattung (Genus).
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Dies tritt ein, wenn man z. B. einen großen Redner einen Cicero, p1b_168.037
einen Kunstfreund Mäcen, einen diplomatisch gewandten Menschen Talleyrand, p1b_168.038
einen Schweiger Moltke nennt.
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O eine Circe du in neuer Weise!
p1b_168.040
Gab ich dir Schuld, weil du mir Härte ein Geschäft p1b_168.041
Verweigertest, wo deine Alba glänzen.(Schiller, Don Carlos.)
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O Schmerz, August sein auf dem Thron, wenn kein Horaz ihm singt.
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(Geibel.)
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Jch sag' ein Daniel, ein zweiter Daniel.
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(Shakespeare, Kaufm. v. Venedig. IV, 1.)
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