Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_139.001 Mit schimmernden Segeln die Helgoländer, p1b_139.002 Die kecken Nomaden der Nordsee. p1b_139.003 Über mir, in dem ewigen Blau, p1b_139.004 Flatterte weißes Gewölk p1b_139.005 Und prangte die ewige Sonne, p1b_139.006 Die Rose des Himmels, die feuerblühende. p1b_139.007 p1b_139.010 Vers 1.Vom Norden der Wind - er klopft an die Scheiben, p1b_139.012 p1b_139.016Er klopft mit den starren Fingern an, p1b_139.013 Er will an das weinende Fenster schreiben, p1b_139.014 Was die böse Welt uns angethan. p1b_139.015 Kein rettender Tau wird dir erscheinen, o Rose. (Gottschall: Die letzte Rose.) p1b_139.0172. a. Dir nickte in blauender Luft die rankende Rose &c. Ferner: p1b_139.018 p1b_139.021 p1b_139.023 1. Das traumumrankte Kindesalter. - p1b_139.025 p1b_139.028 p1b_139.031 p1b_139.036 p1b_139.038 p1b_139.001 Mit schimmernden Segeln die Helgoländer, p1b_139.002 Die kecken Nomaden der Nordsee. p1b_139.003 Über mir, in dem ewigen Blau, p1b_139.004 Flatterte weißes Gewölk p1b_139.005 Und prangte die ewige Sonne, p1b_139.006 Die Rose des Himmels, die feuerblühende. p1b_139.007 p1b_139.010 Vers 1.Vom Norden der Wind ─ er klopft an die Scheiben, p1b_139.012 p1b_139.016Er klopft mit den starren Fingern an, p1b_139.013 Er will an das weinende Fenster schreiben, p1b_139.014 Was die böse Welt uns angethan. p1b_139.015 Kein rettender Tau wird dir erscheinen, o Rose. (Gottschall: Die letzte Rose.) p1b_139.0172. a. Dir nickte in blauender Luft die rankende Rose &c. Ferner: p1b_139.018 p1b_139.021 p1b_139.023 1. Das traumumrankte Kindesalter. ─ p1b_139.025 p1b_139.028 p1b_139.031 p1b_139.036 p1b_139.038 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0173" n="139"/> <lb n="p1b_139.001"/> <lg> <l>Mit <hi rendition="#g">schimmernden</hi> Segeln die Helgoländer,</l> <lb n="p1b_139.002"/> <l>Die kecken Nomaden der Nordsee.</l> <lb n="p1b_139.003"/> <l>Über mir, in dem <hi rendition="#g">ewigen</hi> Blau,</l> <lb n="p1b_139.004"/> <l>Flatterte <hi rendition="#g">weißes</hi> Gewölk</l> <lb n="p1b_139.005"/> <l>Und prangte die <hi rendition="#g">ewige</hi> Sonne,</l> <lb n="p1b_139.006"/> <l>Die Rose des Himmels, die <hi rendition="#g">feuerblühende.</hi></l> </lg> <p><lb n="p1b_139.007"/> Rud. Gottschall (wie Wilh. Hertz) versteht es, durch belebende Beiwörter <lb n="p1b_139.008"/> die Personifikation des Begriffs fertig zu gestalten und dramatisch zu <lb n="p1b_139.009"/> wirken:</p> <p> <lb n="p1b_139.010"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_139.011"/> <lg> <l n="1.">Vom Norden der Wind ─ er klopft an die Scheiben,</l> <lb n="p1b_139.012"/> <l>Er klopft mit den <hi rendition="#g">starren</hi> Fingern an,</l> <lb n="p1b_139.013"/> <l>Er will an das <hi rendition="#g">weinende</hi> Fenster schreiben,</l> <lb n="p1b_139.014"/> <l>Was die <hi rendition="#g">böse</hi> Welt uns angethan.</l> <lb n="p1b_139.015"/> <l>Kein <hi rendition="#g">rettender</hi> Tau wird dir erscheinen, o Rose.</l> </lg> <lb n="p1b_139.016"/> <p> <hi rendition="#right">(Gottschall: Die letzte Rose.)</hi> </p> <lb n="p1b_139.017"/> <p>2. <hi rendition="#aq">a</hi>. Dir nickte in <hi rendition="#g">blauender</hi> Luft die <hi rendition="#g">rankende</hi> Rose &c. 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Auf <hi rendition="#g">frühlingsduftumzittertem</hi> Altar.</hi> </p> <p><lb n="p1b_139.028"/> Von prachtvollen Epitheten aus der älteren Zeit, die sich getrost neben <lb n="p1b_139.029"/> die Homerischen stellen können, und die von unseren Dichtern studiert werden <lb n="p1b_139.030"/> sollten, wähle ich nur wenige Proben aus:</p> <p> <lb n="p1b_139.031"/> <hi rendition="#et">1. Der <hi rendition="#g">schlanke</hi> Wolf folgt dem Heere und singt sein <hi rendition="#g">grimmiges</hi> <lb n="p1b_139.032"/> Abendlied. ─ 2. Der <hi rendition="#g">taubefiederte</hi> Rabe. ─ 3. Des Beiles <hi rendition="#g">bittrer</hi> <lb n="p1b_139.033"/> Biß schlägt <hi rendition="#g">schwertgrimmige</hi> Lebenswunden dem Kampfbleichen. ─ <lb n="p1b_139.034"/> 4. Die <hi rendition="#g">lichte</hi> Waffe wird <hi rendition="#g">blutgezeichnet</hi> vom Lebensquell. ─ 5. <hi rendition="#g">Dunkelrote</hi> <lb n="p1b_139.035"/> Kampfestropfen. &c.</hi> </p> <p><lb n="p1b_139.036"/> Martin Greif spricht von <hi rendition="#g">regenmüden</hi> Wolken, von <hi rendition="#g">morgenstillen</hi> <lb n="p1b_139.037"/> Thoren, von <hi rendition="#g">weitgetragenen</hi> Stimmen.</p> <p><lb n="p1b_139.038"/> Nicht jeder Dichter vermag in solcher Weise durch das attributive Adjektiv <lb n="p1b_139.039"/> dramatisch=charakteristisch zu wirken. Die meisten schreiben deskriptiv; ihr Beiwort <lb n="p1b_139.040"/> ist ein <hi rendition="#aq">Epitheton ornans</hi>, welches in der Regel nur die zunächst liegende <lb n="p1b_139.041"/> Eigenschaft des Substantivs ausdrückt. Als einziges Beispiel wähle ich den <lb n="p1b_139.042"/> kerngesunden, gemütstiefen Wupperthaler Emil Rittershaus, der in seinen <lb n="p1b_139.043"/> deskriptiven, meisterlich gewählten Adjektiven besser als viele andere die Anforderungen <lb n="p1b_139.044"/> sinnlicher Anschaulichkeit berücksichtigt, und so eine eigentümlich <lb n="p1b_139.045"/> sympathische, zündende Wirkung erreicht.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0173]
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Mit schimmernden Segeln die Helgoländer, p1b_139.002
Die kecken Nomaden der Nordsee. p1b_139.003
Über mir, in dem ewigen Blau, p1b_139.004
Flatterte weißes Gewölk p1b_139.005
Und prangte die ewige Sonne, p1b_139.006
Die Rose des Himmels, die feuerblühende.
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Rud. Gottschall (wie Wilh. Hertz) versteht es, durch belebende Beiwörter p1b_139.008
die Personifikation des Begriffs fertig zu gestalten und dramatisch zu p1b_139.009
wirken:
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Beispiele:
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Vom Norden der Wind ─ er klopft an die Scheiben, p1b_139.012
Er klopft mit den starren Fingern an, p1b_139.013
Er will an das weinende Fenster schreiben, p1b_139.014
Was die böse Welt uns angethan. p1b_139.015
Kein rettender Tau wird dir erscheinen, o Rose.
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(Gottschall: Die letzte Rose.)
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2. a. Dir nickte in blauender Luft die rankende Rose &c. Ferner: p1b_139.018
b. Vom atmenden Schoß schaut trunkenen Sinnes ich auf &c. Ferner: p1b_139.019
c. Deines Nackens schmiegsame Beugung &c. &c. p1b_139.020
(Hertz: Jn ihrem Schoße.)
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Plastisch anschaulich malt der wenig bekannte, 1880 verstorbene Dichter p1b_139.022
Carl Otto in „Verwehte Blätter“.
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Beispiele:
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1. Das traumumrankte Kindesalter. ─ p1b_139.025
2. Hoch auf dem weltentrückten Glockenstuhl. p1b_139.026
3. Auf taubenetzten Schwingen. p1b_139.027
4. Auf frühlingsduftumzittertem Altar.
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Von prachtvollen Epitheten aus der älteren Zeit, die sich getrost neben p1b_139.029
die Homerischen stellen können, und die von unseren Dichtern studiert werden p1b_139.030
sollten, wähle ich nur wenige Proben aus:
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1. Der schlanke Wolf folgt dem Heere und singt sein grimmiges p1b_139.032
Abendlied. ─ 2. Der taubefiederte Rabe. ─ 3. Des Beiles bittrer p1b_139.033
Biß schlägt schwertgrimmige Lebenswunden dem Kampfbleichen. ─ p1b_139.034
4. Die lichte Waffe wird blutgezeichnet vom Lebensquell. ─ 5. Dunkelrote p1b_139.035
Kampfestropfen. &c.
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Martin Greif spricht von regenmüden Wolken, von morgenstillen p1b_139.037
Thoren, von weitgetragenen Stimmen.
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Nicht jeder Dichter vermag in solcher Weise durch das attributive Adjektiv p1b_139.039
dramatisch=charakteristisch zu wirken. Die meisten schreiben deskriptiv; ihr Beiwort p1b_139.040
ist ein Epitheton ornans, welches in der Regel nur die zunächst liegende p1b_139.041
Eigenschaft des Substantivs ausdrückt. Als einziges Beispiel wähle ich den p1b_139.042
kerngesunden, gemütstiefen Wupperthaler Emil Rittershaus, der in seinen p1b_139.043
deskriptiven, meisterlich gewählten Adjektiven besser als viele andere die Anforderungen p1b_139.044
sinnlicher Anschaulichkeit berücksichtigt, und so eine eigentümlich p1b_139.045
sympathische, zündende Wirkung erreicht.
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