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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Sie vermeidet den pretiösen Stil (von pretium, vgl. Molieres p1b_109.002
Lustspiel "Les precieuses ridicules", welches das Pretiöse und Affektierte geißelt), p1b_109.003
der besonderen Wert aufs Affektierte legt.

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Beispiel von Natürlichkeit.

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Gedichte sind gemalte Fensterscheiben! p1b_109.006
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein, p1b_109.007
Da ist alles dunkel und düster; p1b_109.008
Und so sieht's auch der Herr Philister: p1b_109.009
Der mag denn wohl verdrießlich sein p1b_109.010
Und lebenslang verdrießlich bleiben.
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Kommt aber nur einmal herein! p1b_109.012
Begrüßt die heilige Kapelle; p1b_109.013
Da ist's auf einmal farbig helle, p1b_109.014
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle, p1b_109.015
Bedeutend wirkt ein edler Schein; p1b_109.016
Dies wird euch Kindern Gottes taugen, p1b_109.017
Erbaut euch und ergötzt die Augen!
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(Goethe.)

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4. Mannigfaltigkeit und Einheit. Symmetrie.

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Die Mannigfaltigkeit verlangt, daß alle Teile einer Dichtung p1b_109.021
an sich einen vollendeten Eindruck machen, also beim strophischen Gedicht p1b_109.022
jede Strophe, im weiteren Sinne jeder Vers.

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Die Einheit fordert die Beziehung und Verbindung der Teile zu p1b_109.024
einem geschlossenen, organischen, harmonischen Ganzen.

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Die Symmetrie erheischt freie Regelmäßigkeit.

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Probe der Einheit und der Mannigfaltigkeit:

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Der Tanz von Schiller.

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Vers 1Siehe, wie schwebenden Schritts im Wellenschwung sich die Paare p1b_109.029
Drehen! Den Boden berührt kaum der geflügelte Fuß. p1b_109.030
Seh' ich flüchtige Schatten, befreit von der Schwere des Leibes? p1b_109.031
Schlingen im Mondlicht dort Elfen den luftigen Reih'n? p1b_109.032
Wie, vom Zephyr gewiegt, der leichte Rauch in die Luft fließt,
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Vers 5 Wie sich leise der Kahn schaukelt auf silberner Flut, p1b_109.034
Hüpft der gelehrige Fuß auf des Takts melodischer Woge; p1b_109.035
Säuselndes Saitengetön hebt den ätherischen Leib. p1b_109.036
Jetzt, als wollt es mit Macht durchreißen die Kette des Tanzes, p1b_109.037
Schwingt sich ein mutiges Paar dort in den dichtesten Reihn.
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Vers 10Schnell vor ihm her entsteht ihm die Bahn, die hinter ihm schwindet, p1b_109.039
Wie durch magische Hand öffnet und schließt sich der Weg. p1b_109.040
Sieh! jetzt schwand es dem Blick; in wildem Gewirr durcheinander p1b_109.041
Stürzt der zierliche Bau dieser beweglichen Welt. p1b_109.042
Nein, dort schwebt es frohlockend herauf, der Knoten entwirrt sich;
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Vers 15 Nur mit verändertem Reiz stellet die Regel sich her. p1b_109.044
Ewig zerstört, es erzeugt sich ewig die drehende Schöpfung, p1b_109.045
Und ein stilles Gesetz lenkt der Verwandlungen Spiel.

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(Goethe.)

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4. Mannigfaltigkeit und Einheit. Symmetrie.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/143>, abgerufen am 22.11.2024.