Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Erstes Kapitel. welche sich noch nicht zu einem vollkommen geordneten Staats-wesen erheben konnte, zum Theil freilich auch in dem Ver- hängniß der größten Kaiser und namentlich der Hohenstaufen, ihre besten Kräfte im Kampfe mit dem Papstthum und in Italien verzehren zu müssen. Wenden wir uns nun nach dieser kurzen Betrachtung des Erſtes Kapitel. welche ſich noch nicht zu einem vollkommen geordneten Staats-weſen erheben konnte, zum Theil freilich auch in dem Ver- haͤngniß der groͤßten Kaiſer und namentlich der Hohenſtaufen, ihre beſten Kraͤfte im Kampfe mit dem Papſtthum und in Italien verzehren zu muͤſſen. Wenden wir uns nun nach dieſer kurzen Betrachtung des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0030" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Kapitel</hi>.</fw><lb/> welche ſich noch nicht zu einem vollkommen geordneten Staats-<lb/> weſen erheben konnte, zum Theil freilich auch in dem Ver-<lb/> haͤngniß der groͤßten Kaiſer und namentlich der Hohenſtaufen,<lb/> ihre beſten Kraͤfte im Kampfe mit dem Papſtthum und in<lb/> Italien verzehren zu muͤſſen.</p><lb/> <p>Wenden wir uns nun nach dieſer kurzen Betrachtung des<lb/> Rechtszuſtandes, welcher ſich in Deutſchland bis zum 13. Jahr-<lb/> hundert findet, zu der weiteren Entwicklung deſſelben in den<lb/> ſpaͤteren Zeiten. Dabei iſt vor Allem der Umſtand hervorzu-<lb/> heben, daß waͤhrend bei faſt allen andern europaͤiſchen Voͤl-<lb/> kern Alles auf die Ausbildung einer beſtimmten Nationalitaͤt<lb/> und einer in der Erbmonarchie dargeſtellten Staatseinheit hin-<lb/> ſtrebte, in Deutſchland die Kraft und Bedeutung der Reichs-<lb/> gewalt immer mehr abnahm, und das Gemeinſame und Na-<lb/> tionale vor dem Particularismus entſchieden zuruͤcktrat. Die<lb/> letzten Hohenſtaufen, durch Parteiungen und fremde Intereſſen,<lb/> die ſich in die Nation eingeſchlichen hatten, ſo vielfach ge-<lb/> hemmt, waren ſchon nicht mehr die Herren dieſer Bewegung;<lb/> aber in ihnen war doch noch das lebendige Bewußtſeyn von<lb/> der Wuͤrde und Macht des alten Kaiſerthums. Ihre Nach-<lb/> folger, ohne hoͤheren Schwung und großartige Begabung, an<lb/> eigener Macht den ſchnell erſtarkten Landesherrn kaum gewach-<lb/> ſen, nur durch Wahl im perſoͤnlichen Beſitz des Thrones, faß-<lb/> ten ihre Stellung unter einem weit beſchraͤnkteren Geſichts-<lb/> puncte auf. Das Kaiſerthum verlor dadurch die Hoͤhe ſeiner<lb/> nationalen Beſtimmung; es ward, ſtatt die Einheit und Ma-<lb/> jeſtaͤt des deutſchen Volkes wuͤrdig zu vertreten, mehr eine<lb/> aͤußere Zierde, eine perſoͤnliche Machtvermehrung, ein Mittel<lb/> fuͤr den Inhaber, ſich egoiſtiſch eine bluͤhende Hausmacht zu<lb/> begruͤnden. Selbſt einzelne bedeutendere Erſcheinungen, wie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0030]
Erſtes Kapitel.
welche ſich noch nicht zu einem vollkommen geordneten Staats-
weſen erheben konnte, zum Theil freilich auch in dem Ver-
haͤngniß der groͤßten Kaiſer und namentlich der Hohenſtaufen,
ihre beſten Kraͤfte im Kampfe mit dem Papſtthum und in
Italien verzehren zu muͤſſen.
Wenden wir uns nun nach dieſer kurzen Betrachtung des
Rechtszuſtandes, welcher ſich in Deutſchland bis zum 13. Jahr-
hundert findet, zu der weiteren Entwicklung deſſelben in den
ſpaͤteren Zeiten. Dabei iſt vor Allem der Umſtand hervorzu-
heben, daß waͤhrend bei faſt allen andern europaͤiſchen Voͤl-
kern Alles auf die Ausbildung einer beſtimmten Nationalitaͤt
und einer in der Erbmonarchie dargeſtellten Staatseinheit hin-
ſtrebte, in Deutſchland die Kraft und Bedeutung der Reichs-
gewalt immer mehr abnahm, und das Gemeinſame und Na-
tionale vor dem Particularismus entſchieden zuruͤcktrat. Die
letzten Hohenſtaufen, durch Parteiungen und fremde Intereſſen,
die ſich in die Nation eingeſchlichen hatten, ſo vielfach ge-
hemmt, waren ſchon nicht mehr die Herren dieſer Bewegung;
aber in ihnen war doch noch das lebendige Bewußtſeyn von
der Wuͤrde und Macht des alten Kaiſerthums. Ihre Nach-
folger, ohne hoͤheren Schwung und großartige Begabung, an
eigener Macht den ſchnell erſtarkten Landesherrn kaum gewach-
ſen, nur durch Wahl im perſoͤnlichen Beſitz des Thrones, faß-
ten ihre Stellung unter einem weit beſchraͤnkteren Geſichts-
puncte auf. Das Kaiſerthum verlor dadurch die Hoͤhe ſeiner
nationalen Beſtimmung; es ward, ſtatt die Einheit und Ma-
jeſtaͤt des deutſchen Volkes wuͤrdig zu vertreten, mehr eine
aͤußere Zierde, eine perſoͤnliche Machtvermehrung, ein Mittel
fuͤr den Inhaber, ſich egoiſtiſch eine bluͤhende Hausmacht zu
begruͤnden. Selbſt einzelne bedeutendere Erſcheinungen, wie
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