Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Neuntes Kapitel. und begnüge sich mit den Genüssen, welche das materielleWohlergehen auch dem Sklaven gewähren kann. Denn die Freiheit ist nicht für ein erschlafftes und egoistisches Geschlecht; sie ist in jeder Hinsicht ein theures Gut, und will mit harter Arbeit und schwerem Dienst errungen und erhalten seyn. -- Als die Schöffen von Magdeburg zur Zeit, da die städtische Bürgerfreiheit noch in Blüthe stand, gefragt wurden: Ab dy scheppin icht vorteyls alzo an geschosse (Abga- ben) habin mogin durch erbit wille eris amechtis (von wegen der Mühe ihres Amtes)? Da antworteten sie: Lybin frunde. Ir habit uns in ewern brifen lassin vorstehin, das Ir wenig nutzes von ewrim amecht des scheppin stulis. Darczu künnen wir nicht (nichts) czu sagin; wenne (denn) wer sich yn stetin (Städten) erli- chir amecht undirwyndet und annympt, wenne (wenn) her (er) darczu gekorn und geheyssen wirt, der muß erbit unde sorge habin, umb das, das her das amecht wol unde getrewlich vorstehe. Wen (Sonst) wir weldin euch wohl gonnen, das Ir vil fromen und nutcz davon hettit. Fasse ich nun das Resultat der obigen Erörterung kurz Neuntes Kapitel. und begnuͤge ſich mit den Genuͤſſen, welche das materielleWohlergehen auch dem Sklaven gewaͤhren kann. Denn die Freiheit iſt nicht fuͤr ein erſchlafftes und egoiſtiſches Geſchlecht; ſie iſt in jeder Hinſicht ein theures Gut, und will mit harter Arbeit und ſchwerem Dienſt errungen und erhalten ſeyn. — Als die Schoͤffen von Magdeburg zur Zeit, da die ſtaͤdtiſche Buͤrgerfreiheit noch in Bluͤthe ſtand, gefragt wurden: Ab dy ſcheppin icht vorteyls alzo an geſchoſſe (Abga- ben) habin mogin durch erbit wille eris amechtis (von wegen der Muͤhe ihres Amtes)? Da antworteten ſie: Lybin frunde. Ir habit uns in ewern brifen laſſin vorſtehin, das Ir wenig nutzes von ewrim amecht des ſcheppin ſtulis. Darczu kuͤnnen wir nicht (nichts) czu ſagin; wenne (denn) wer ſich yn ſtetin (Staͤdten) erli- chir amecht undirwyndet und annympt, wenne (wenn) her (er) darczu gekorn und geheyſſen wirt, der muß erbit unde ſorge habin, umb das, das her das amecht wol unde getrewlich vorſtehe. Wen (Sonſt) wir weldin euch wohl gonnen, das Ir vil fromen und nutcz davon hettit. Faſſe ich nun das Reſultat der obigen Eroͤrterung kurz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0292" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Kapitel</hi>.</fw><lb/> und begnuͤge ſich mit den Genuͤſſen, welche das materielle<lb/> Wohlergehen auch dem Sklaven gewaͤhren kann. Denn die<lb/> Freiheit iſt nicht fuͤr ein erſchlafftes und egoiſtiſches Geſchlecht;<lb/> ſie iſt in jeder Hinſicht ein theures Gut, und will mit harter<lb/> Arbeit und ſchwerem Dienſt errungen und erhalten ſeyn. —<lb/> Als die Schoͤffen von Magdeburg zur Zeit, da die ſtaͤdtiſche<lb/> Buͤrgerfreiheit noch in Bluͤthe ſtand, gefragt wurden:<lb/><hi rendition="#et">Ab dy ſcheppin icht vorteyls alzo an geſchoſſe (Abga-<lb/> ben) habin mogin durch erbit wille eris amechtis (von<lb/> wegen der Muͤhe ihres Amtes)?</hi><lb/> Da antworteten ſie:<lb/><hi rendition="#et">Lybin frunde. Ir habit uns in ewern brifen laſſin<lb/> vorſtehin, das Ir wenig nutzes von ewrim amecht des<lb/> ſcheppin ſtulis. Darczu kuͤnnen wir nicht (nichts) czu<lb/> ſagin; wenne (denn) wer ſich yn ſtetin (Staͤdten) erli-<lb/> chir amecht undirwyndet und annympt, wenne (wenn)<lb/> her (er) darczu gekorn und geheyſſen wirt, der muß erbit<lb/> unde ſorge habin, umb das, das her das amecht wol<lb/> unde getrewlich vorſtehe. Wen (Sonſt) wir weldin euch<lb/> wohl gonnen, das Ir vil fromen und nutcz davon<lb/> hettit.</hi></p><lb/> <p>Faſſe ich nun das Reſultat der obigen Eroͤrterung kurz<lb/> zuſammen, ſo iſt es dieſes: das Schwurgericht, wenn auch dem<lb/> reinen Juriſtengericht vorzuziehen, ſteht doch dem Schoͤffen-<lb/> thume nach, und da wir in Deutſchland noch zu waͤhlen ha-<lb/> ben, ſo iſt fuͤr die Einfuͤhrung des Letzteren zu ſtimmen. Da-<lb/> bei zeigt ſich aber allerdings eine Schwierigkeit, welche nicht<lb/> unberuͤckſichtigt bleiben darf. In den Provinzen des linken<lb/> Rheinufers beſteht ſchon das Schwurgericht, und iſt bei der<lb/> dortigen Bevoͤlkerung in einem ſolchen Grade populaͤr, daß<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [280/0292]
Neuntes Kapitel.
und begnuͤge ſich mit den Genuͤſſen, welche das materielle
Wohlergehen auch dem Sklaven gewaͤhren kann. Denn die
Freiheit iſt nicht fuͤr ein erſchlafftes und egoiſtiſches Geſchlecht;
ſie iſt in jeder Hinſicht ein theures Gut, und will mit harter
Arbeit und ſchwerem Dienſt errungen und erhalten ſeyn. —
Als die Schoͤffen von Magdeburg zur Zeit, da die ſtaͤdtiſche
Buͤrgerfreiheit noch in Bluͤthe ſtand, gefragt wurden:
Ab dy ſcheppin icht vorteyls alzo an geſchoſſe (Abga-
ben) habin mogin durch erbit wille eris amechtis (von
wegen der Muͤhe ihres Amtes)?
Da antworteten ſie:
Lybin frunde. Ir habit uns in ewern brifen laſſin
vorſtehin, das Ir wenig nutzes von ewrim amecht des
ſcheppin ſtulis. Darczu kuͤnnen wir nicht (nichts) czu
ſagin; wenne (denn) wer ſich yn ſtetin (Staͤdten) erli-
chir amecht undirwyndet und annympt, wenne (wenn)
her (er) darczu gekorn und geheyſſen wirt, der muß erbit
unde ſorge habin, umb das, das her das amecht wol
unde getrewlich vorſtehe. Wen (Sonſt) wir weldin euch
wohl gonnen, das Ir vil fromen und nutcz davon
hettit.
Faſſe ich nun das Reſultat der obigen Eroͤrterung kurz
zuſammen, ſo iſt es dieſes: das Schwurgericht, wenn auch dem
reinen Juriſtengericht vorzuziehen, ſteht doch dem Schoͤffen-
thume nach, und da wir in Deutſchland noch zu waͤhlen ha-
ben, ſo iſt fuͤr die Einfuͤhrung des Letzteren zu ſtimmen. Da-
bei zeigt ſich aber allerdings eine Schwierigkeit, welche nicht
unberuͤckſichtigt bleiben darf. In den Provinzen des linken
Rheinufers beſteht ſchon das Schwurgericht, und iſt bei der
dortigen Bevoͤlkerung in einem ſolchen Grade populaͤr, daß
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