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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Das Volksrecht als gemeines Ständerecht.
man aber auch nur diejenigen, welche ein bestimmtes Landei-
genthum in der Feldmark haben, zur politischen Berechtigung
in der Gemeinde zulassen, so muß doch, wenn das alte Maaß
verloren gegangen ist, ein neues, den bestehenden Verhältnissen
entsprechendes aufgefunden, oder das alte muß, wenn es nicht
mehr genügt, auf eine zeitgemäße Weise umgeändert werden.
Aber gerade hierin liegt zum großen Theil die Schwierigkeit,
welche einer Regeneration des ländlichen Communalwesens ent-
gegensteht. Es ist nicht bloß zu bestimmen, welche Rechte die
Landgemeinde ausüben soll, sondern auch, wie sie zu organisi-
ren ist, und namentlich, aus welchen Elementen man sie zu-
sammensetzen will. Dabei steht sich denn das Interesse der
Gutsherrn und der Bauern oft schroff entgegen, wenigstens
insofern jene eine Exemtion von der Gemeinde und vielleicht
gar eine Bevormundung derselben in Anspruch nehmen; und
überhaupt ist die große Umwandlung der agrarischen Verhält-
nisse, die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutsch-
land begonnen hat, in den meisten Ländern noch gar nicht
zum Abschluß gekommen.

Wir stehen noch mitten in der Bewegung, deren welt-
historische Bedeutung oft auf eine merkwürdige Weise ver-
kannt wird.

Fassen wir das Gesagte nun noch einmal kurz zusammen,
so läßt sich im Allgemeinen behaupten: daß auch der Bauern-
stand mit seinem besonderen Rechte in neuerer Zeit Vieles von
seiner Eigenthümlichkeit verloren hat, ja daß er in den wich-
tigsten Beziehungen den übrigen gemeinfreien Staatsbürgern
gleichgestellt worden ist. Dieser Entwicklungsproceß wird denn
in seinem weiteren Verlaufe dahin führen, daß auch die noch

Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht.
man aber auch nur diejenigen, welche ein beſtimmtes Landei-
genthum in der Feldmark haben, zur politiſchen Berechtigung
in der Gemeinde zulaſſen, ſo muß doch, wenn das alte Maaß
verloren gegangen iſt, ein neues, den beſtehenden Verhaͤltniſſen
entſprechendes aufgefunden, oder das alte muß, wenn es nicht
mehr genuͤgt, auf eine zeitgemaͤße Weiſe umgeaͤndert werden.
Aber gerade hierin liegt zum großen Theil die Schwierigkeit,
welche einer Regeneration des laͤndlichen Communalweſens ent-
gegenſteht. Es iſt nicht bloß zu beſtimmen, welche Rechte die
Landgemeinde ausuͤben ſoll, ſondern auch, wie ſie zu organiſi-
ren iſt, und namentlich, aus welchen Elementen man ſie zu-
ſammenſetzen will. Dabei ſteht ſich denn das Intereſſe der
Gutsherrn und der Bauern oft ſchroff entgegen, wenigſtens
inſofern jene eine Exemtion von der Gemeinde und vielleicht
gar eine Bevormundung derſelben in Anſpruch nehmen; und
uͤberhaupt iſt die große Umwandlung der agrariſchen Verhaͤlt-
niſſe, die ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutſch-
land begonnen hat, in den meiſten Laͤndern noch gar nicht
zum Abſchluß gekommen.

Wir ſtehen noch mitten in der Bewegung, deren welt-
hiſtoriſche Bedeutung oft auf eine merkwuͤrdige Weiſe ver-
kannt wird.

Faſſen wir das Geſagte nun noch einmal kurz zuſammen,
ſo laͤßt ſich im Allgemeinen behaupten: daß auch der Bauern-
ſtand mit ſeinem beſonderen Rechte in neuerer Zeit Vieles von
ſeiner Eigenthuͤmlichkeit verloren hat, ja daß er in den wich-
tigſten Beziehungen den uͤbrigen gemeinfreien Staatsbuͤrgern
gleichgeſtellt worden iſt. Dieſer Entwicklungsproceß wird denn
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[217/0229] Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht. man aber auch nur diejenigen, welche ein beſtimmtes Landei- genthum in der Feldmark haben, zur politiſchen Berechtigung in der Gemeinde zulaſſen, ſo muß doch, wenn das alte Maaß verloren gegangen iſt, ein neues, den beſtehenden Verhaͤltniſſen entſprechendes aufgefunden, oder das alte muß, wenn es nicht mehr genuͤgt, auf eine zeitgemaͤße Weiſe umgeaͤndert werden. Aber gerade hierin liegt zum großen Theil die Schwierigkeit, welche einer Regeneration des laͤndlichen Communalweſens ent- gegenſteht. Es iſt nicht bloß zu beſtimmen, welche Rechte die Landgemeinde ausuͤben ſoll, ſondern auch, wie ſie zu organiſi- ren iſt, und namentlich, aus welchen Elementen man ſie zu- ſammenſetzen will. Dabei ſteht ſich denn das Intereſſe der Gutsherrn und der Bauern oft ſchroff entgegen, wenigſtens inſofern jene eine Exemtion von der Gemeinde und vielleicht gar eine Bevormundung derſelben in Anſpruch nehmen; und uͤberhaupt iſt die große Umwandlung der agrariſchen Verhaͤlt- niſſe, die ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutſch- land begonnen hat, in den meiſten Laͤndern noch gar nicht zum Abſchluß gekommen. Wir ſtehen noch mitten in der Bewegung, deren welt- hiſtoriſche Bedeutung oft auf eine merkwuͤrdige Weiſe ver- kannt wird. Faſſen wir das Geſagte nun noch einmal kurz zuſammen, ſo laͤßt ſich im Allgemeinen behaupten: daß auch der Bauern- ſtand mit ſeinem beſonderen Rechte in neuerer Zeit Vieles von ſeiner Eigenthuͤmlichkeit verloren hat, ja daß er in den wich- tigſten Beziehungen den uͤbrigen gemeinfreien Staatsbuͤrgern gleichgeſtellt worden iſt. Dieſer Entwicklungsproceß wird denn in ſeinem weiteren Verlaufe dahin fuͤhren, daß auch die noch

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/229>, abgerufen am 24.11.2024.