I. Der Thatbestand des Vergehens liegt vor, wenn eine fremde Sache vorsätzlich und rechtswidrig zerstört worden ist, mag es nun aus Bosheit oder Muthwillen geschehen sein. Im Staatsrath kam es zur Erwägung, ob nicht unter Umständen auch die Beschädigung aus Fahr- lässigkeit bestraft werden müsse; allein es wurde davon abgestanden, weil in allen Fällen, wo eine solche Handlung einen gemeingefährlichen Charakter an sich trage, in dem folgenden Titel eine angemessene Strafe angedroht sei. Darüber hinaus könne man nicht gehen, ohne dem rich- terlichen Ermessen einen unbeschränkten Spielraum zu eröffnen; auch hätten die civilrechtlichen Folgen, welche das bestehende Recht bei der- gleichen Beschädigungen eintreten lasse, sich bisher als vollkommen aus- reichend bewiesen. i
II. Nach dem Entwurfe von 1847. §. 341. sollte die Strafe der einfachen Vermögensbeschädigung nur auf Antrag des Beschädigten, oder der die Aufsicht über die beschädigte Sache führenden öffentlichen Be- hörde eintreten. In der Kommission der ersten Kammer wurde die Ab- änderung dieser Bestimmung getadelt; man beruhigte sich aber dabei, indem man annahm, daß nach der Natur der Sache und bei dem jetzt auch in den älteren Provinzen geltenden Verfahren die Bestrafung in der That nur auf einen solchen Antrag gewöhnlich eintreten werde. k
III. Die Strafe der einfachen Vermögensbeschädigung ist Gefäng- niß bis zu zwei Jahren; im Fall mildernder Umstände, zu denen na- mentlich auch die Geringfügigkeit des Schadens zu rechnen ist, l soll auf Geldbuße bis zu funfzig Thalern erkannt werden (§. 281.). Das Vergehen wird dann also nur wie eine Uebertretung, mit Ausschluß der Freiheitsstrafe, geahndet.
IV. Ist die Beschädigung an einer der in §. 282. bezeichneten Sachen verübt worden, so ist die Strafe Gefängniß von vierzehn Ta- gen bis zu fünf Jahren; auch kann auf zeitige Untersagung der bürger- lichen Ehrenrechte erkannt werden. Die Hinzufügung der Ehrenstrafe erfolgte auf den Beschluß der Kommission der zweiten Kammer, welche auch das höchste Maaß der Freiheitsstrafe von drei Jahren auf fünf Jahre steigerte, indem sie von der Ansicht ausging, daß bei denjenigen Vermögensbeschädigungen, um die es sich hier handle, eine große Ge- meinheit und Niederträchtigkeit der Gesinnung sich offenbaren könne. Auch hielt sie dafür, daß Gegenstände der Verehrung einer Religions-
iProtokolle des Staatsraths, Sitzung vom 14. Mai 1842.
kBericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 281.
lEntwurf von 1847. §. 341. Abs. 2.
§§. 281-284. Vermögensbeſchädigung.
I. Der Thatbeſtand des Vergehens liegt vor, wenn eine fremde Sache vorſätzlich und rechtswidrig zerſtört worden iſt, mag es nun aus Bosheit oder Muthwillen geſchehen ſein. Im Staatsrath kam es zur Erwägung, ob nicht unter Umſtänden auch die Beſchädigung aus Fahr- läſſigkeit beſtraft werden müſſe; allein es wurde davon abgeſtanden, weil in allen Fällen, wo eine ſolche Handlung einen gemeingefährlichen Charakter an ſich trage, in dem folgenden Titel eine angemeſſene Strafe angedroht ſei. Darüber hinaus könne man nicht gehen, ohne dem rich- terlichen Ermeſſen einen unbeſchränkten Spielraum zu eröffnen; auch hätten die civilrechtlichen Folgen, welche das beſtehende Recht bei der- gleichen Beſchädigungen eintreten laſſe, ſich bisher als vollkommen aus- reichend bewieſen. i
II. Nach dem Entwurfe von 1847. §. 341. ſollte die Strafe der einfachen Vermögensbeſchädigung nur auf Antrag des Beſchädigten, oder der die Aufſicht über die beſchädigte Sache führenden öffentlichen Be- hörde eintreten. In der Kommiſſion der erſten Kammer wurde die Ab- änderung dieſer Beſtimmung getadelt; man beruhigte ſich aber dabei, indem man annahm, daß nach der Natur der Sache und bei dem jetzt auch in den älteren Provinzen geltenden Verfahren die Beſtrafung in der That nur auf einen ſolchen Antrag gewöhnlich eintreten werde. k
III. Die Strafe der einfachen Vermögensbeſchädigung iſt Gefäng- niß bis zu zwei Jahren; im Fall mildernder Umſtände, zu denen na- mentlich auch die Geringfügigkeit des Schadens zu rechnen iſt, l ſoll auf Geldbuße bis zu funfzig Thalern erkannt werden (§. 281.). Das Vergehen wird dann alſo nur wie eine Uebertretung, mit Ausſchluß der Freiheitsſtrafe, geahndet.
IV. Iſt die Beſchädigung an einer der in §. 282. bezeichneten Sachen verübt worden, ſo iſt die Strafe Gefängniß von vierzehn Ta- gen bis zu fünf Jahren; auch kann auf zeitige Unterſagung der bürger- lichen Ehrenrechte erkannt werden. Die Hinzufügung der Ehrenſtrafe erfolgte auf den Beſchluß der Kommiſſion der zweiten Kammer, welche auch das höchſte Maaß der Freiheitsſtrafe von drei Jahren auf fünf Jahre ſteigerte, indem ſie von der Anſicht ausging, daß bei denjenigen Vermögensbeſchädigungen, um die es ſich hier handle, eine große Ge- meinheit und Niederträchtigkeit der Geſinnung ſich offenbaren könne. Auch hielt ſie dafür, daß Gegenſtände der Verehrung einer Religions-
iProtokolle des Staatsraths, Sitzung vom 14. Mai 1842.
kBericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 281.
lEntwurf von 1847. §. 341. Abſ. 2.
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§§. 281-284. Vermögensbeſchädigung.
I. Der Thatbeſtand des Vergehens liegt vor, wenn eine fremde
Sache vorſätzlich und rechtswidrig zerſtört worden iſt, mag es nun aus
Bosheit oder Muthwillen geſchehen ſein. Im Staatsrath kam es zur
Erwägung, ob nicht unter Umſtänden auch die Beſchädigung aus Fahr-
läſſigkeit beſtraft werden müſſe; allein es wurde davon abgeſtanden,
weil in allen Fällen, wo eine ſolche Handlung einen gemeingefährlichen
Charakter an ſich trage, in dem folgenden Titel eine angemeſſene Strafe
angedroht ſei. Darüber hinaus könne man nicht gehen, ohne dem rich-
terlichen Ermeſſen einen unbeſchränkten Spielraum zu eröffnen; auch
hätten die civilrechtlichen Folgen, welche das beſtehende Recht bei der-
gleichen Beſchädigungen eintreten laſſe, ſich bisher als vollkommen aus-
reichend bewieſen. i
II. Nach dem Entwurfe von 1847. §. 341. ſollte die Strafe der
einfachen Vermögensbeſchädigung nur auf Antrag des Beſchädigten, oder
der die Aufſicht über die beſchädigte Sache führenden öffentlichen Be-
hörde eintreten. In der Kommiſſion der erſten Kammer wurde die Ab-
änderung dieſer Beſtimmung getadelt; man beruhigte ſich aber dabei,
indem man annahm, daß nach der Natur der Sache und bei dem jetzt
auch in den älteren Provinzen geltenden Verfahren die Beſtrafung in
der That nur auf einen ſolchen Antrag gewöhnlich eintreten werde. k
III. Die Strafe der einfachen Vermögensbeſchädigung iſt Gefäng-
niß bis zu zwei Jahren; im Fall mildernder Umſtände, zu denen na-
mentlich auch die Geringfügigkeit des Schadens zu rechnen iſt, l ſoll
auf Geldbuße bis zu funfzig Thalern erkannt werden (§. 281.). Das
Vergehen wird dann alſo nur wie eine Uebertretung, mit Ausſchluß der
Freiheitsſtrafe, geahndet.
IV. Iſt die Beſchädigung an einer der in §. 282. bezeichneten
Sachen verübt worden, ſo iſt die Strafe Gefängniß von vierzehn Ta-
gen bis zu fünf Jahren; auch kann auf zeitige Unterſagung der bürger-
lichen Ehrenrechte erkannt werden. Die Hinzufügung der Ehrenſtrafe
erfolgte auf den Beſchluß der Kommiſſion der zweiten Kammer, welche
auch das höchſte Maaß der Freiheitsſtrafe von drei Jahren auf fünf
Jahre ſteigerte, indem ſie von der Anſicht ausging, daß bei denjenigen
Vermögensbeſchädigungen, um die es ſich hier handle, eine große Ge-
meinheit und Niederträchtigkeit der Geſinnung ſich offenbaren könne.
Auch hielt ſie dafür, daß Gegenſtände der Verehrung einer Religions-
i Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 14. Mai 1842.
k Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 281.
l Entwurf von 1847. §. 341. Abſ. 2.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/529>, abgerufen am 31.01.2025.
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